Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
man zehn Prozent Sprit sparen.«
Ist Effizienz Umweltmanagement oder Kostenmanagement?
»Beides. Und ich sehe es auch als Marketinginstrument. Ein Kunde, der ökologisch bewusst ist, fliegt lieber mit einer Airline, die sich für die Umwelt engagiert.«
»Könnte Air Berlin eine Ökoairline werden?«
»Ökoairline? Den Begriff würde ich nicht verwenden«, sagt er. »Eine Ökoairline gibt es nicht. Es gibt auch kein Ökoauto. Ein Flugzeug stößt immer Schadstoffe aus. Aber ich dränge bewusst darauf, dass wir Ausstoßverminderung herbeiführen. Allein schon, damit du mit mir essen gehst.«
Ich nehme das Kompliment lächelnd entgegen.
Ich mag Achim Hunold auch, weil er ein Unternehmer ist, der eben nicht in Floskeln spricht, die er auf einer School of Economics auswendig gelernt hat. Das zeigt sich an seiner ganzen Art, wie er auf Menschen zugeht: offen, neugierig, er neigt zum Duzen, hat aber auch kein Problem damit, selbst geduzt zu werden. Aus meiner Sicht hat er eine faszinierende westdeutsche Aufstiegsgeschichte hingelegt. War Roadie und Kellner, stieg bei Air Berlin ein, als dies noch eine kleine Airline war, und machte daraus mit aufgekrempelten Ärmeln und sicher auch mit Ellbogen ein erfolgreiches, weltweit agierendes Unternehmen.
Wie immer kommt das Gespräch irgendwann unweigerlich auf China und seine Entwicklung und wie man die Chinesen in den Kampf gegen den Klimawandel einbinden kann.
Hunold sagt: »China hat Nachholbedarf in der wirtschaftlichen Entwicklung und interessiert sich im Moment nicht für ökologische Aspekte. Wer soll das regulieren?«
»Die Staatengemeinschaft?«
»Denkst du?«
»Die Chinesen bauen zwar Unmengen von Kohlekraftwerken, andererseits aber wird knallhart reguliert. Das ist undenkbar für eine westliche Demokratie«, sage ich.
Hunold schüttelt den Kopf: »Wieso denn? Wir haben so viele Auflagen. Bei uns wird das doch auch schon alles reguliert.«
»Na ja«, sage ich, »eine Ökodiktatur ist das hier ja nicht gerade.«
»Stimmt, aber das wird es in China auch nicht geben. Dafür sind die wirtschaftlichen Interessen zu stark.«
Ich sage: »Es gibt Leute, die nicht glauben, dass die Klimakrise innerhalb des Systems zu lösen sei, weil sie letztlich eine Systemkrise sei.«
Hunold schaut skeptisch. »Warum?«
»Weil der Kapitalismus auf Wachstum beruht.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Ich frage dich, ob wir eine neue Gesellschaftsform brauchen?«
»Ich wüsste nicht, wie das gehen soll«, sagt er. »Ich war mit Peter Maffay in Israel. Er gab dort ein Konzert als Zeichen der Völkerverständigung zwischen Israelis, Palästinensern und Deutschen. Da wurde ich nach einer Lösung im Hinblick auf den Nahostkonflikt gefragt.Ich sagte: Sie erwarten doch nicht von mir als Unternehmer, dass ich diesen Konflikt löse, den die Politik seit vielen Jahrzehnten nicht in den Griff bekommen hat?«
Ich sage: »Ich will aber von dir wissen, wie wir das mit dem Klimawandel hinkriegen.«
»Genau, deshalb habe ich diese Geschichte erzählt, Christiane. Ich mache alles, was dazu dient, unsere Gesellschaft zu erhalten. Aber ich kann es nur in meinem Rahmen als Unternehmer machen.«
Der Kellner kommt mit den Tellern. Wir wenden uns dem Essen zu. Aber so schnell will ich nicht aufgeben.
»Ist unser Wirtschaftssystem fähig, diese Herausforderung zu lösen, Achim? Du bist auch bei der Lösung gefragt, weil du als Unternehmer Teil dieses Systems bist.«
»Ich würde das nie an einem Wirtschaftssystem oder an einem politischen System festmachen. Du weißt doch genau, welche ökologischen Altlasten beispielsweise die DDR hinterlassen hat. Du kannst nur etwas erreichen, indem du das Bewusstsein der Menschen erreichst.«
»Was heißt das für die Systemfrage?«
»Ich glaube, dass in einem kapitalistischen System viel eher ein ökologisches Bewusstsein entsteht als in einem nicht kapitalistischen System.«
»Also Ökokapitalismus statt Ökodiktatur?«
»In einer Diktatur sieht doch die herrschende Klasse nur ihre eigenen Vorteile. Ich kann mir daher nicht vorstellen, dass es überhaupt eine ökologische Diktatur geben könnte.«
Da hat er einen echten Punkt gemacht, das muss ich zugeben.
»Man kann die Verantwortung aber offensichtlich nicht an den Markt delegieren«, sage ich. »Das sieht man ja daran, dass zu wenig passiert.«
Hunold sagt: »Das liegt an unserer Gesellschaft, die egoistisch ist, und an der Politik, die sich den Wahrheiten verschließt.«
»Welchen
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