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Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Titel: Das Leben ist eine Oeko-Baustelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Paul
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Wahrheiten?«
    Ich versuche es noch mal: »Das Grundprinzip des Kapitalismus ist doch, Mehrwert zu erwirtschaften. Bei einer Welt, die auseinanderplatzt und der die Ressourcen ausgehen, ist das …«
    Er unterbricht mich: »Machst du auch nur einen Film im Jahr?«
    »Zwei. Damit kann ich leben.«
    »Du würdest doch auch noch einen dritten machen, wenn du die Chance hättest.«
    »Nein, den dritten hab ich abgesagt und den vierten auch. Wegen meiner Familie.«
    Er nickt. »Ich sag dir ganz ehrlich: Ich weiß da keine Antwort drauf, ich bin kein Politiker.«
    »Aber Unternehmer.«
    »Ein Wirtschaftssystem lebt immer in einem politischen Umfeld, das die Rahmenbedingungen vorgibt.«
    In Achim Hunolds Augen hat sich unsere Gesellschaft einem Egoismus hingegeben, den es zuvor nie gegeben hat. Jeder, der egoistisch sei, sagt er, gehe auch mit seiner Umwelt egoistisch um. »Ein Gemeinschaftsgefühl, wie ich es von meinen Eltern vermittelt bekommen habe, dass jeder etwas tun muss, um eine Gemeinschaft zu erhalten, das gibt es heute kaum noch. Es gibt viele Menschen, die über Ökologie reden, aber bei sich selbst nicht anfangen. Das hat für mich mit einem Werteverfall zu tun.«
    Hunold ist Jahrgang 1949, das ist das Gründungsjahr der Bundesrepublik und auch das der DDR. Seine unternehmerisch und biografisch geprägte Sicht geht nachvollziehbarerweise davon aus, dass man Wirtschaftswachstum braucht, um Wohl stand und Arbeitsplätze zu schaffen. Alles, was er getan hat, alles, was er weiß, bestätigt ihn in dieser Ansicht: Erst wenn dieses Wachstum da ist, kann man sich Öko leisten. »Wir sind ein exportorientiertes Land, wir leben vom Export. Wenn du Geld verdienst, kannst du in ein ökologisches System investieren. Wenn ich das nicht verdiene, kann ich das nicht machen.«
    Die seit Anfang 2011 geltende Luftverkehrsabgabe ist für ihn »eine rein fiskalische Maßnahme unter dem Deckmäntelchen der Ökologie«.
    Inlands- und sogenannte Kurzstreckenflüge – immerhin bis 2 500 Kilometer – kosten von einem deutschen Flughafen aus seither acht Euro extra, Mittelstrecke 25 und Langstrecke 45 Euro.
    Er rechnet mir vor, wie sich die Steuer auf sein Geschäft auswirkt.
    »Unser Durchschnittsticket oneway kostet 75 Euro. Das sind jetzt nicht nur acht Euro mehr. Da kommt noch Mehrwertsteuer drauf, damit sind es zehn Euro. Zehn auf 75 Euro drauf, das ist eine Preissteigerung von 13,6 Prozent.«
    Finanzminister Wolfgang Schäuble will mit der Steuer eine Milliarde Euro jährlich einnehmen.
    »Dem Minister kann man nur sagen: Wenn Sie jeden Tag in ein Restaurant gehen und die erhöhen vom einen auf den anderen Tag um 13,6 Prozent …«
    »… dann wechselt der Kunde das Restaurant?«
    »… oder geht nur noch zweimal die Woche hin. Aber im Finanzministerium sagten sie: Das zahlt doch jeder gerne, kein Problem.«
    Nach Hunold ist die Steuer ein Wettbewerbsvorteil für die Lufthansa, weil Umsteigeverkehr und Frachtmaschinen davon ausgenommen sind. Air Berlin hat im Gegensatz zur Lufthansa keine Frachtmaschinen. »Gerade aber die Frachtmaschinen, die die größten Dreckschleudern sind, sollten, wenn es um Ökologie geht, diese Abgabe bezahlen. Mit der Frachtbefreiung kann Lufthansa den Wettbewerb gegen uns subventionieren.«
    Es sei so: »Wir haben im letzten Jahr pro Passagier 95 Cent verdient. Wenn ich in der Lage wäre, vier oder fünf Euro draufzuschlagen, dann hätte ich das doch gemacht, damit ich Riesengewinne habe. Aber das interessiert im Finanzministerium niemand.«
    »Fliegen die Leute weniger, wenn der Preis hochgeht?«
    »Na klar, man fliegt weniger oder fährt mit dem Auto. Pass mal auf: CO 2 -Ausstoß Airline drei Prozent, Autoindustrie 16 Prozent.«
    »Weiß ich, weiß ich.«
    »Wenn du das Fliegen verbieten willst, musst du auch Fleischessen verbieten, weil Kühe Methan ausstoßen.«
    »Weiß ich, weiß ich.«
    »Oder die Population einstellen.«
    »Na, du hast doch selbst vier Kinder!«
    »Ich tu was für deine Rente, Christiane.«
    »Da tu ich selbst was dafür.«
    Joachim Hunold ist im Spätsommer 2011 als Chief Executive Officer von Air Berlin zurückgetreten.

11
    Was mich auch geprägt hat: »What the fuck are you doing?«
    Als ich 1996 meinen ersten Preis als Schauspielerin bekam, den »Max Ophüls Preis« für meine Arbeit in dem Film Ex , da dachte ich: Wird das jetzt etwas verändern in meinem Leben? Was wird anders sein? Was wird passieren?
    Aber es passierte gar nichts, es war überhaupt nichts anders. Man

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