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Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Titel: Das Leben ist eine Oeko-Baustelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Paul
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Undundund.
    Ärztin oder Schauspielerin – was denn nun?
    Ob ich Ärztin oder Schauspielerin werden würde, das war eine Frage, deren Beantwortung sich über Jahre zog. Die Praxisphase als Arzt im Praktikum hatte ich 2000 wegen der Strasberg-Schule unterbrochen.
    Letztlich habe ich zehn Jahre gebraucht, um zu entscheiden, was ich will. Zwischen 20 und 30 wusste ich es nicht. Ich hatte lange gedacht, ich will ein Medizinstudium abschließen und dann Chirurgin werden. Aber die Schauspielerei hat mich in eine große Verwirrung gestürzt. Ich wollte die Medizin auf keinen Fall aufgeben, ohne das Studium abgeschlossen zu haben. Es hat mich zu sehr interessiert und fasziniert. Ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte. Es war quälend.
    Ich habe mir neulich überlegt, dass ich mich eigentlich – nachdem das jetzt seit einigen Jahren entschieden ist – sehr gut arrangiert habe. Mit dem Alltagsablauf einer Freiberuflerin. Das war mir fremd, das habe ich auch nicht von zu Hause vorgelebt bekommen. Nicht zu wissen, wann kommt das nächste Projekt?
    Ich habe nie wirklich frei, habe irgendwie immer zu tun. Aber man muss dem auch vertrauen, was man tut. Es kann auch lähmend sein, wenn man das Gefühl hat, keine festen Arbeitszeiten und keinen festen Job zu haben. Das hat mich lange davon abgehalten, mich zu entscheiden. Und überhaupt: Wenn es aufhört? Wenn dich keiner mehr will? 2001 war eine schwierige Zeit, nach den erfolgreichen Filmen Baustelle , Im Juli , Workoholic drehte ich in diesem Jahr nur einen Film. Ich war Mitte 20, die Mädchenphase ging zu Ende und die Frage war: Wo geht es hin? Ich hatte ja Riesenglück gehabt mit diesen Filmen. Wenn man als Schauspielerin Glück hat, hat man im Leben einen Film, mit dem man verbunden wird. Ich hatte mit Mitte 20 schon zwei.
    2002 war ich dann schwanger. Und im Januar 2003 bin ich in die »Arzt im Praktikum«-Praxisphase zurückgekehrt. Dann an der Berliner Charité. Da war meine Tochter fünf Monate alt. Das habe ich wieder unterbrochen für eine Theaterarbeit: Heiner Müllers Der Auftrag unter der Regie von Ulrich Mühe. Das war immer ein Traum von mir gewesen.
    Während ich als Studentin noch meine Fehlzeiten mit Wochenenddiensten oder Überstunden abarbeiten konnte, musste nun das ganze Kollegium der Klinik meine Ausfallzeiten kompensieren und meine Bereitschaftsdienste in den Monaten meiner Abwesenheit übernehmen. Das war natürlich unzumutbar. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass ich beim Drehen die Qualität nicht bringen konnte, die ich bringen wollte. Wann soll man sich das denn erarbeiten? Es wurde mir klar: Drehen und Arbeit im Krankenhaus – das geht nicht. 2004 war ich dann approbierte, promovierte Ärztin – und gab den Beruf auf. Das AIP wurde gerade in dem Moment abgeschafft, als ich mir meine Urkunde holte.
    Manchmal werde ich gefragt, ob Ärzte nicht auch Schauspieler sein müssen.
    Meine Antwort: Ja, aber ich kann nicht etwas behaupten, was ich nicht bin. Ich kann nicht blenden. Das kann ich als Schau spielerin auch nicht. Da muss schon innerhalb meiner Figur alles stimmen. Das muss aus mir kommen, das darf nicht aufgesetzt sein.
    Drei Frauen, drei Vorbilder
    Es sind drei Frauen, die mich begeistert und inspiriert haben. Camille Claudel, Tina Modotti, Maxie Wander. Alle sind am Ende zerbrochen. An der Liebe und an ihrer Leidenschaft und am Leben.
    Mit Maxie Wander bin ich groß geworden. Als ich ihr Buch Guten Morgen, du Schöne las, war sie schon ein Jahrzehnt tot. Sie war 1958 mit 25 Jahren aus Österreich in die DDR gegangen. Sie hatte etwas extrem Offenes und Lebensbejahendes, sie war bereit, sich die kritischen Punkte, die Schwachstellen des Systems aufzuzeigen, auch wenn das nicht systemkompatibel war. Und ihr Prinzip war: den Finger in die Wunde zu legen. Sie sagte: Wir wollen leben. Dafür stand Maxie Wander für mich: Mut zu zeigen und trotzdem dabei eine Weichheit zu haben.
    Maxie Wander starb 1977 an Krebs. In ihren Tagebüchern beschreibt sie, wie sich eine Frau vom Leben verabschiedet. Es geht da auch um die Fragen: Wie stirbt man, wie wird man als Sterbende behandelt? Ihr Schreiben war auch eine Art Anklageschrift gegen die damalige Vorgehensweise der Ärzte. Im Vordergrund stand für mich aber immer dieser riesige Lebenshunger, den sie hatte und den sie nicht mehr stillen konnte. Nicht wegen der Politik des Staates DDR, das war kein systemkritisches Buch. Sondern weil sie todkrank war und dann auch früh gestorben ist.
    In

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