Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
getragenen Kleidung in Deutschland hergestellt werden. Etwa im Erzgebirge. Klar: Heimische Produktion heißt halbwegs anständige Lohnkosten. Heißt, dass Stücke in der Produktion so teuer sind wie die aus Bangladesch im Endverkauf. Ein Beispiel: Von einem 100-Euro-Turnschuh bekommen Her steller und Handel 50 Euro. Die Arbeiterin in Ostasien kriegt 40 Cent.
500 Millionen Kleidungsstücke werden allein in Deutschland jährlich weggeworfen und durch neue ersetzt. Nicht nur, weil sie billig, schlecht produziert und schnell kaputt sind, sondern weil sie »out« sind. »Out« sind sie dann, wenn man sich komplett der Mode unterwirft.
Die Frage hätte ich mir früher nie gestellt: Brauche ich ein neues T-Shirt? Die Frage war: Will ich ein neues T-Shirt? Heute stelle ich sie mir. Und noch andere: Wie viel Anziehsachen brau chen meine Kinder wirklich? Auch da muss ich mich permanent prüfen, weil ich unglaublich gern für meine Kinder Kleidung kaufe. Das ist auch bei Spielzeug so, aber speziell bei Kleidern. Warum kauft man so gerne für seine Kinder? Weil man es toll findet, sie schön angezogen zu sehen, weil man seine Liebe damit ausdrücken will? Puh, ich weiß es nicht.
Ich spüre das Verlangen und versuche inzwischen dennoch, weniger Kleidungsstücke zu kaufen, solche, die länger halten, weil sie sorgfältiger hergestellt sind und nicht jedem Modetrend hinterherlaufen. Die Idee ist zum einen, sich und seine Kinder mit kontrolliert biologisch angebauten Naturtextilien gesünder anzuziehen. Und zum anderen dazu beizutragen, dass sich bessere Gesundheitsbedingungen und soziale Standards bei der Produktion durchsetzen. Obwohl es viel mehr Marken und Läden gibt als noch vor wenigen Jahren, finde ich es gar nicht so einfach, Ökokleidung zu finden, die man auch tragen möchte. Bei seinem alten Lieblingsladen weiß man genau: Hier das, dort das. Im Naturtextilladen muss man sich erst mal wieder neu ori entieren. Bei Kinderkleidung habe ich jedoch schon einige Marken entdeckt, die ich wirklich gut finde. Allerdings kostet dann ein Öko-T-Shirt für ein Kind schnell mal 30 Euro. Da kauft man maximal eines und nicht mehrere. Was ja Teil meiner neuen Strategie ist.
Aber wer nimmt schon gern Abstand von dem Prinzip »Chic, aber nicht teuer« und zahlt freiwillig einen Preis, der für einen fairen Umgang mit Arbeiterinnen und Umwelt nun einmal zu bezahlen ist? Das fällt mir auch schwer. Dennoch habe ich inzwischen zusätzlich auch angefangen, für die Kinder bei einem Naturtextilienversand zu bestellen, der für sich reklamiert, schadstofffrei und fair zu produzieren. Etwa Schlafanzüge und Bademäntel aus reiner und zertifizierter Biobaumwolle. Aber auch andere Sachen. Wir haben natürlich auch noch jede Menge konventionelle Kleidungsstücke. Das Verhältnis dürfte derzeit etwa eins zu vier sein. Dazu kommt aber auch noch Secondhand-Kleidung, die günstig und einfach dadurch ökologi scher ist, dass sie länger in Verwendung bleibt und bei ihr fast alle Schadstoffe rausgewaschen sind.
In der Zwischenzeit haben aber auch große, günstige Mode ketten den Ökotrend für sich entdeckt und bieten Produkte aus Biobaumwolle an, zum Beispiel Ökounterwäsche für Kinder, bei der ich dann auch zugegriffen habe. Hier stellt sich natürlich grundsätzlich die Frage – und speziell bei den großen Ketten –, wie öko oder bio das tatsächlich ist. Da muss man schon sehr genau hinschauen, ob es wirklich 100 Prozent kontrolliert angebaute Biobaumwolle ist oder nur ein bestimmter Anteil Biobaumwolle. Und ob es das mit der Biobaumwolle dann schon war oder ob der Hersteller weitere ökologische und soziale Standards beachtet.
Was bringt Biobaumwolle? Im Gegensatz zur normalen Baum wolle wird sie ohne Kunstdünger und chemische Pestizide nach den Vorschriften des ökologischen Landbaus hergestellt und von Hand geerntet. Es dürfen keine gentechnisch veränderten Pflanzen benutzt werden und keine Pflanzengifte. »Zertifiziert« bedeutet, dass die Standards kontrolliert werden. Dass keine Pestizide und Kunstdünger verwendet werden, wirkt sich auch auf den Boden, das Grundwasser und auf die Gesundheit der Baumwollbauern und Arbeiterinnen positiv aus. Für jedes konventionelle Baumwoll-T-Shirt bekommt der Acker 150 Gramm Gift ab. Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben in einem Jahr bis zu 40 000 Menschen an Vergiftungen durch den konventionellen Baumwollanbau, eine halbe bis zwei Millionen vergiften sich. Die
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