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Das Leben ist groß

Das Leben ist groß

Titel: Das Leben ist groß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Dubois
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kennenlernst.«
    »Hör auf.«
    »Wenigstens wohnst du nicht im Intourist Hotel, wo alle Nutten vom KGB sind.«
    »Du sollst bitte aufhören.«
    »Na gut. Erst mal jedenfalls. Du hast es also von Elisabeta gehört. Und sie?«
    Alexander schluckte und ließ sein Daumengelenk knacken. »Von jemandem, der es wissen muss.«
    »Einem Funktionär?«
    »Keine Ahnung.« Die Katze ließ einen schrillen Protestlaut hören, und Alexander merkte, dass er sie zu grob mit dem Fuß gekrault hatte.
    Iwan zog die Augenbrauen hoch und klang etwas weniger amüsiert. »Okay«, sagte er. »Und woher wusste sie, dass du damit zu tun hast?«
    »Wegen des Schachartikels. Und meiner Tagesabläufe.«
    »Dann scheint sie dich ziemlich genau zu beobachten.«
    Alexander schwang sich von dem Bücherstapel und stand auf. »Kann schon sein.«
    »Sie wissen von uns. Natürlich tun sie das. Aber ich bin nicht so eingebildet zu glauben, dass wir ihre Aufmerksamkeit wert sind. Noch nicht.«
    Die Schreibmaschine klapperte und schnarrte.
    »Hast du Mischa mal getroffen?«, fragte Alexander nach einer Weile.
    »Gestern habe ich ihm eine Pastete vorbeigebracht. Er ist immer noch verrückt vor Wut. Er phantasiert von irgendwelchen Plänen, ein großes Ding zu drehen, etwas, das wirklich Spuren hinterlässt. Sie haben ihm den Ausweis weggenommen, weißt du, und ihm einen Wolfspass gegeben. Er wird nie wieder Arbeit bekommen. Seine arme Mutter sitzt nur immer dabei und versucht ihn vom Reden abzubringen. Er wiegt immer noch fast nichts. Anscheinend ist er morphinabhängig. Ich habe keine Ahnung, wie er es überhaupt fertigbringt, so viel zu sprechen.«
    »Und besorgt dich das nicht?«
    »Ich mache mir nie Sorgen, falls dir das noch nicht aufgefallen ist. Mischa wird sicher nichts tun, was ihn zurück in die Psichuschka bringt.« Iwan stand auf und schaltete den Fernseher an. Es lief Wrémja, wie immer. Ein mürrisch dreinblickender Nachrichtensprecher ratterte die Themen des Tages herunter. Iwan stellte den Fernseher leiser und reichte Alexander einen Stapel Papier. »Hier, fünf Stück. Die sind für die Wassiljewski-Insel. Wenn du zurück bist, gebe ich dir die nächsten fünf. Und Alexander, du solltest deine Freundin Elisabeta vielleicht fragen, woher sie ihre Informationen hat. Reine Vorsichtsmaßnahme.« Iwan zwinkerte ihm zu.
    »Hör schon auf«, sagte Alexander, doch allein schon die Erwähnungihres Namens versetzte ihn in einen Zustand idiotischer Euphorie. Er arbeitete außergewöhnlich gutgelaunt seine Route auf der Insel ab und war wieder zurück, bevor Iwan den nächsten Stapel fertighatte.
    Und dann hörte Elisabeta genauso plötzlich, wie sie begonnen hatte, wieder auf, ihn zu besuchen. Alexander traf sie nicht mehr im Flur und begegnete ihr nicht in der Küche. Er drückte sich vor dem Badezimmer herum, in der Hoffnung, dass sie früher oder später dort auftauchen würde, bis die Verwalterin ihn verscheuchte. Einige Male schlich er auch an ihrer Zimmertür vorüber, ohne anzuklopfen. Jedes Mal standen ihre Hausschuhe davor, was bedeutete, dass sie nicht zu Hause war.
    Vielleicht sollte er besser klopfen, doch er war sich nicht sicher. Er wartete und schämte sich für seine Zögerlichkeit. Er wartete weiter. Er erwägte das Für und das Wider. Sie hatte mit der ganzen Sache angefangen, also war es nur recht und billig, ihr auch die Entscheidung über ihre Rückkehr zu überlassen. Besser, er setzte sie nicht unter Druck. Doch als aus Tagen Wochen wurden und aus Wochen eine endlose Abfolge quälender Augenblicke ohne Elisabeta, änderte er seine Argumentation. Sie hatte ihn zuerst besucht. Also geboten es Diplomatie und Ritterlichkeit, dass er ihren Besuch – oder ihre vielen Besuche – mit einem Gegenbesuch beantwortete. Es wäre unhöflich, das nicht zu tun, und Alexander hasste es, unhöflich zu sein. Nach weiteren philosophischen Erörterungen und Zweifeln – und nach dem Versuch, verklausuliert bei Iwan und Nikolai Rat einzuholen, der in Gelächter und Schamesröte endete – schluckte er seine Angst hinunter und ging zu ihrem Zimmer.
    Vor der Nummer neun stand ein Mann mit dem Rücken an die Tür gelehnt. Sein Haar und seine Brauen waren beinahe schneeweiß und seine Augen von einem derart schönen Blau, dass sie für einen Mann viel zu schade waren. Vom Gesicht her hätte er slawisch sein können, doch nicht von seinem Verhalten. Er wirkteviel zu entspannt, betrachtete viel zu offen die vorbeigehenden Nachbarn und begegnete ohne

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