Das Leben ist kein Spiel -kleine Bilder
man mit neuem Vermögen gar nicht, oder eher peinlich, auffällt. Hier gibt es natürlich auch Armut, und das nicht zu knapp, aber die Kriminalitätsrate ist dennoch relativ niedrig.
Es war schon ein unbeschreibliches Gefühl, diesen Pokal zu gewinnen: ihn zu sehen weckt tausend Erinnerungen in mir
© Michael Wilfing
In Wimbledon stehen Villen für zehn, 15 oder 20 Millionen Pfund. Aber die Besitzer laufen, anders als in Hollywood, nicht umgeben von Bodyguards herum. Die gehen, wie jeder normale Mensch, in Jeans und T-Shirt um die Ecke zum Italiener oder zum Japaner essen. Auch weil man sich als Prominenter nicht verstecken muss, hat man in London eine vergleichsweise hohe Lebensqualität. Man respektiert den Erfolg des anderen. Wenn ich in meinem Mercedes SLR sitze, geht der Daumen nach oben, und die Leute sagen: »Wow, was für ein tolles Auto!« Du kannst in England mit deinem Geld einfach Spaß haben, und keiner neidet es dir.
Bevor Noah nach London gezogen ist, waren er und sein Bruder oft zu Besuch. Und sie haben sich hier immer sehr wohlgefühlt und wollten oft gar nicht mehr weg. Elias ist ein engagierter kleiner Fußballer und hat sich schon bei den Londoner Profivereinen umgesehen. In der Premier League gibt es gleich sechs Clubs aus der Hauptstadt: Arsenal, Westham United, Fulham, die Queens Park Rangers, Tottenham Hotspur und natürlich Chelsea. Letzterer ist der Lieblingsclub von Elias und mir. In London kann sich auch Noah freier bewegen als in Deutschland, wo er durch meine Popularität eine leichte Beute für Paparazzi ist und auf Schritt und Tritt beobachtet und »abgeschossen« wird.
Rudyard Kiplings Gedicht »If« über dem Eingang zum Centre Court von Wimbledon: »Wenn du in Sieg und Niederlage jeweils siehst /zwei Seiten einer Münze, die dich gleich bewegen
© Michael Wilfing
Manchmal frage ich mich, was aus mir geworden wäre, wenn ich nicht mit 17 Jahren Wimbledon gewonnen hätte. Der Beruf des Profisportlers war ja in meinem Elternhaus eigentlich gar nicht vorgesehen. Meine Eltern wollten, dass ich Abitur mache, studiere und etwas »Ordentliches« werde. Aber es kam anders, und sie haben mich auf meinem sportlichen Weg unterstützt. Jedenfalls – wo wir schon beim Spekulieren sind – hätte ich nicht Wimbledon gewonnen, würde ich heute auch nicht hier leben.
8. DIE BORIS-BECKER-AG
Meine zweite Karriere als Unternehmer, Werbepartner, Manager, TV-Experte und Berater
London, Berkeley Square, Mayfair. In dieser königlichen Gemeinde findet man mein Büro. Hier liegt das »Becker Private Office« kurz »BPO«. Gute Lage, Top-Adresse, alles sehr gediegen, sehr britisch. Die Entscheidung, mich mit der Familie in London niederzulassen, führte in der Konsequenz auch dazu, hier ein Büro anzumieten, von wo aus ich mich mit einer kleinen, aber schlagkräftigen Mannschaft um meine Geschäfte kümmern kann. Hier habe ich meine Infrastruktur aufgebaut, mit Satelliten für die jeweiligen Länder und die jeweiligen Aufgaben und Projekte. Hier entstehen die innovativen, interaktiven, die wirklich spannenden Ideen. Bis Mitte letzten Jahres gab es auch noch die Geschäftsräume im schweizerischen Küssnacht, einige Kilometer außerhalb von Zürich.
Eines von insgesamt drei Mercedes-Autohäusern unter der Marke »Boris Becker« wird im Herbst 1994 in Stralsund eröffnet
© picture-alliance / ZB
Nach der Hochzeit mit Lilly und der Geburt von Amadeus wurde London unser gemeinsamer Lebensmittelpunkt. Dort wollen wir leben. London ist als Metropole in Sachen weltweitem Business auch nicht zu schlagen. Ich bin durch und durch Europäer, deswegen will ich weder in Amerika noch in Afrika oder Asien wohnen. Ich liebe das Gefühl, innerhalb von wenigen Stunden in Berlin, Paris, Rom oder auch in Moskau sein zu können. Da verstehe ich die Menschen und die Kultur. Die Sprache der Becker-Familie ist Englisch, nicht mehr Deutsch. Mein Französisch ist nicht gut genug, mein Italienisch und Spanisch auch nicht. Da liegt es nahe, dass man sich ein Domizil im englischsprachigen Raum sucht. Auch als Finanzstandort gibt’s für Ausländer mit englischem Wohnsitz nicht unerhebliche Vorteile. Ich bin ein sogenannter Non Dom, ein »Non Domiciled Resident«. Das ist auch ein Grund, warum russische Oligarchen, arabische Ölscheichs und andere betuchte Menschen so gerne eine Adresse in London haben. Denn dank dieses Status hat man steuerliche Vorteile. Abgesehen davon, bin ich auch ein ausgesprochener Fan der
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