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Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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es ging.
    »Aber wenn es ein
geheimer
Feind sein soll, verstehe ich nicht, warum sie ein Abzeichen trägt«, hörte ich Mrs. Sinclair Rip zuflüstern.
    Ja, vielleicht war ich Rip gegenüber ein bisschen schäbig. Aber in der Liebe und in der Literatur ist alles erlaubt. Ich schrieb weiter.
     
    Gina wird in einer kompromittierenden Situation mit dem Mandolinenspieler ertappt und aus Holty Towers verbannt. Sie beteuert, dass ihr Fehltritt nur eine Reaktion auf Ricks Seitensprünge sei, und beschließt, sich zu rächen, indem sie seinen Hintern an eine Klobrille klebt. Das Geheimnis ist, den richtigen Klebstoff für die Fügeteile zu finden. Hurra! Das bedeutete einen weiteren Besuch im Baumarkt (aus Recherchegründen, natürlich). Das Problem war, aus irgendeinem Grund empfand ich einen Hauch von Sympathie für Rick. Schließlich war er nur ein schwacher, verirrter Mann, der sich von dem hinterlistigen spanischen Dienstmädchen hatte verführen lassen - er konnte nichts dafür. Und Gina hätte sich nicht mit dem unberechenbaren Mandolinenspieler einlassen sollen. Außerdem störte mich noch etwas. Während ich versuchte, mich auf das Bild von Rips Hintern an der Klobrille zu konzentrieren, tauchte immer wieder das andere Foto von der Klebstoff messe vor mir auf: das kleine Mädchen mit den zusammengekniffenen Augen, das die Hände auseinanderzureißen versuchte; ihr Schmerzensschrei.
    Ich stieg aus dem Bett, stellte mich ans Fenster und sah hinaus in den Garten, während ich die Arme über dem Kopf ausstreckte und mit den Schultern kreiste,
    die immer noch steif von dem kalten Wind der Autofahrt gestern waren. Der Boden war nass, und an den Blättern des Lorbeerstrauchs glitzerten Regentropfen, doch die Sonne schaffte es immer wieder durch die Wolken und warf flüchtige Regenbögen an den Himmel. Am anderen Ende des Gartens hatte sich fast über Nacht ein Schleier von lila Krokussen ausgebreitet. Die Vögel waren schwer an der Arbeit und hüpften pärchenweise mit dem Schnabel voll Baumaterial herum.
    Dann entdeckte ich Wonder Boy, der am Zaun entlangschlich und sich verstohlen den Amselpaaren näherte. Ich schlug gegen die Scheibe und die Amseln flogen auf. Wonder Boy starrte mich vorwurfsvoll an. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Zugegeben, ein Besuch bei Mrs. Shapiro war überfällig, wollte ich zu ihm sagen, aber das war nicht so einfach, oder? Der Hilferuf, den mir Mrs. Shapiro geschickt hatte, lag auf meinem Nachttisch - ich hatte den Namen des Klebstoffs auf den Umschlag gekritzelt. Als ich den Umschlag mit dem durchgestrichenen Namen und der Adresse ansah, kam mir eine Erleuchtung.
     

35 -
Die Adhäsionsberaterin
    Nach dem Mittagessen zog ich mir eine rote Jacke an, die einmal Stella gehört hatte - ich musste die Knöpfe offen lassen -, einen glitzernden Schal von Oxfam und eine Mütze, die ich mir tief ins Gesicht zog. Dann legte ich leuchtend roten Lippenstift auf, setzte mir eine alte Sonnenbrille auf und machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle auf der Balls Pond Road. Als ich in Northmere House ankam, stellte ich fest, dass meine Verkleidung überflüssig war, denn am Empfangstisch saß ein anderer Wachhund.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, bellte sie.
    »Ich möchte Mrs. Lillian Brown besuchen.«
    Sie warf einen Blick auf ihre Liste. »Sind Sie eine Verwandte?«
    »Eine Cousine. Zweiten Grades.« Hätte sein können.
    »Würden Sie sich bitte hier eintragen? Zimmer dreiundzwanzig.«
    Sie drückte auf den Knopf, und die Schiebetür öffnete sich. Und schon war ich drin - im gedämpften Reich von rosa Teppichboden, chemischem Krankenhausgeruch und Reihen geschlossener Türen, hinter denen ab und zu ein Fernseher gespenstisch plärrte. Am anderen Ende des Flurs war die breite Glastür, die auf den Hof mit dem Rasenrechteck und den vier Bänken führte, alles feucht vom Regen. Irgendwo ertönte pausenlos ein irres Piepen und erinnerte das abwesende Personal daran, dass hinter einer der geschlossenen Türen jemand verzweifelt Hilfe brauchte.
    Ich klopfte an die Tür von Zimmer 23. Als ich keine Antwort erhielt, schob ich die Tür auf. Das Zimmer war klein und überhitzt, und ein schrecklicher Geruch nach Tod hing in der Luft. Ein riesiger Fernseher lief auf voller Lautstärke, und ich brauchte einen Moment, bis ich die winzige Gestalt entdeckte, die reglos auf dem Bett lag.
    »Mrs. Brown?«
    Keine Antwort. Ich rief lauter. »Mrs. Brown? Lillian?«
    Auf Zehenspitzen ging ich an ihr Bett. Sie lag mit

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