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Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Titel: Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auma Obama
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immer und immer wieder anschauten. Mir drehte sich bei dem Anblick der Magen um. Die Luft im Raum fühlte sich auf einmal kalt an, und mir liefen Schauer über Arme und Rücken, als ich auf den von Qualm und Staub sich verdunkelnden Bildschirm schaute. Und dann diese Schreie der in Panik fliehenden Menschen! Gerade einen Tag zuvor hatte ich unsere Tickets für die in zwei Tagen anstehende Reise nach Kenia gekauft …
     
    Im Flughafen fiel mir sofort der schwache Betrieb auf. Zwei Tage nach dem Horror des 11 . September 2001 wollte keiner fliegen. Auch die Maschine nach Nairobi war ziemlich leer. Aber ich war zu besorgt um meine Mutter, um mich davon beeindrucken zu lassen. Das war der Preis dafür, dass ich im Ausland lebte. Wenn ich in der Heimat gebraucht wurde, musste ich eine Fernreise in Kauf nehmen.
    Ich war mir nicht sicher, ob Abongo ebenfalls kommen würde, hoffte es aber sehr. Ich hatte ihm vor dem 11 . September ein Telegramm geschickt, in dem ich ihm meine Ankunft in Nairobi mitgeteilt hatte. Seitdem hatte ich aber nichts von ihm gehört. Seine Anwesenheit war jedoch wichtig. Inzwischen wusste ich, dass meine Mutter eine Nierenerkrankung hatte, und wir Kinder mussten gemeinsam überlegen, wie ihre Behandlung verlaufen sollte. Ich hatte bereits das Krankenhaus bezahlt und hoffte, mein Bruder würde mir einen Teil des Geldes zurückerstatten.
     
    »Du musst dir selbst überlegen, was du tust.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. Wir befanden uns in Nairobi, im Stadtviertel Kileleshwa, wo ich meine Mutter bei einer Freundin untergebracht hatte. Von da aus konnten weitere ärztliche Untersuchungen ambulant in der Klinik durchgeführt werden. Akinyi und ich wohnten während unseres Aufenthalts ebenfalls in Dianas großem, zweistöckigen Haus. Abongo, der endlich eingetroffen und gerade vorbeigekommen war, um unsere Mutter zu besuchen, stand nun vor mir und erklärte, er werde sich nicht an den Arztkosten beteiligen, weil ich ohne seine Zustimmung die Behandlung unserer Mutter in die Wege geleitet hätte.
    »Was hätte ich denn tun sollen?«, fragte ich entgeistert. »Du warst nicht zu erreichen. Sollte die Krankheit darauf warten, bis du dich meldest?«
    »Das ist deine Sache. Wie gesagt, du hast angefangen, über die Therapie unserer Mutter zu bestimmen, jetzt kannst du auch alles alleine zu Ende bringen.«
    Ich schaute diesen Bruder an, der sein Leben lang noch nie etwas für mich getan hatte. Nichts als tiefe Trauer empfand ich. Er konkurrierte immer noch mit mir, wie eh und je, aber jetzt auf Kosten der Gesundheit unserer Mutter. Ich wandte mich von ihm ab, stieg wortlos die Treppe hinauf und kehrte zurück in das Zimmer, in dem die Kranke lag.
    Abongo war ohnehin schon wieder im Aufbruch. Warum er überhaupt den langen Flug auf sich genommen hatte, war nicht zu verstehen. Er hatte seine Mutter besucht, aber nichts für sie getan. Später stellte sich heraus, dass er eigentlich nur gekommen war, um nach seinen Kindern zu sehen. Die wohnten damals auf dem Hof meiner Mutter in Alego und wurden zwischenzeitlich von ihr versorgt.
    »Mama! Mama!«
    Ich riss mich zusammen und schaute hinunter zu meiner vierjährigen Tochter, die an meinem Rock zog.
    »Mama, Onkel Abongo hat mein Geschenk für Klein Auma vergessen«, rief sie, eine Stoffpuppe in der Hand haltend. Die Puppe hatten wir in London am Flughafen für meine Nichte, Abongos Tochter, gekauft. Ich nahm ihr das Spielzeug ab. Tante Agnes, die bei meiner Mutter saß und sie seit ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus betreute, sagte verbittert:
    »Er ist jetzt Muslim und akzeptiert so etwas bestimmt nicht.«
    Ich schaute sie verwirrt an.
    »Laut seiner Religion darf man ein Ebenbild Allahs nicht anbeten. Eine Puppe wird als Ebenbild des Menschen und damit auch Allahs betrachtet. Verstehst du?«
    »Nein«, erwiderte ich trocken. »Seit wann ist er überhaupt so religiös?«
    Meine Mutter antwortete mit müder Stimme. »Seit er zwischenzeitlich aus Amerika zurückgekommen ist. Er hat nicht nur zu seinen afrikanischen Wurzeln zurückgefunden, sondern auch zum Islam. Seiner Meinung nach versucht man mit Puppen das Bildnis Allahs zu kopieren. Und das ist für ihn eine Sünde.«
    »So ein Quatsch«, sagte ich verärgert. »Der spinnt doch!«
    »Akinyi kann es ja versuchen«, sagte Tante Agnes. »Von ihr nimmt er sie vielleicht an.«
    Ich gab Akinyi die Puppe zurück und wartete, während sie die Treppen hinunterstieg. Mein Bruder stand schon an der offenen

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