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Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Titel: Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auma Obama
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Tür.
    »Hier, Onkel Abongo, du hast die Puppe für Auma vergessen.«
    Mein Bruder nahm sie entgegen. Aber so wie er sie hielt, an den Beinen und mit hängendem Kopf, würde meine Nichte sie wohl nie zu sehen bekommen.
    »Er hat sie genommen, er hat sie genommen«, frohlockte Akinyi, als sie wieder oben bei uns war. Ich lächelte und nahm sie in die Arme.
    »Das hast du gut gemacht, Kleines.«
     
    Schweren Herzens flog ich zurück nach England. Meine Mutter hatte nur kurze Zeit bei meiner Freundin Diana bleiben können. Ihr Zustand hatte sich wieder verschlechtert, sodass sie erneut ins Krankenhaus musste. Obwohl der Aufenthalt dort sehr teuer war und ich keine Idee hatte, wie ich finanziell dafür aufkommen sollte, gab es keine Alternative. Da sie auf einmal unter Atemnot litt, brauchte sie eine Sauerstoffmaske.
    In der Klinik erschienen, wie ich erfuhr, jeden Tag Verwandte, um nach ihr zu sehen. So war sie wenigstens nie allein. Im Sommer 2003 , als es ihr deutlich besser ging, lud ich sie zusammen mit meinem Bruder Ben nach Bracknell ein. Akinyi und ich hatten sie über ein Jahr nicht gesehen und freuten uns auf ihren Besuch. Da mit ihr auch andere Verwandte eintrafen, füllte sich mein kleines Haus im Nu mit Menschen, Lachen und Geplauder. Jeden Morgen musste ich mir im Wohnzimmer, wo alle schliefen, einen Weg bahnen, bevor ich das Haus verlassen und zur Arbeit fahren konnte. Akinyi, die gerade eingeschult worden war, freute sich, nach den Unterrichtsstunden ein Haus voller Leute vorzufinden, die ihr viel Aufmerksamkeit schenkten. Sie, die gern tanzte, hatte nun abends und am Wochenende immer ein großes Publikum.
    Bevor es mir so recht bewusst wurde, war für meine Mutter schon wieder die Zeit gekommen, den Rückflug anzutreten. Doch seit einigen Tagen hatte sie geklagt, dass es ihr nicht gut gehe. Wir vermuteten eine Grippe und gaben ihr Medikamente. Am Tag vor ihrem Abflug fühlte sie sich jedoch besonders schlecht.
    »Wir gehen zum Arzt!«, sagte ich bestimmt, obwohl meine Mutter dagegen war.
    »Es wird schon werden, ich muss mich nur ausruhen«, meinte sie abwehrend.
    Ich blieb hart und rief bei meinem Hausarzt an.
     
    »Es tut mir leid«, sagte er mit ernster Stimme, »aber Ihre Mutter kann auf keinen Fall fliegen.«
    »Wie bitte?«
    Meine Mutter lag völlig erschöpft auf der Untersuchungsliege. Sie hatte die Bluse ausgezogen, und der Arzt horchte ihre Brust ab. Ich saß auf einem Stuhl neben seinem Schreibtisch.
    »Ich kann das nicht verantworten. Etwas stimmt nicht mit ihren Nieren. Sie muss sofort ins Krankenhaus«, fuhr er fort.
    Schlagartig bestätigten sich meine heimlichen Befürchtungen. In den letzten Tagen hatte meine Mutter kaum das Bett verlassen, hatte wenig gegessen, unter Schmerzen und einer Schwellung des Gesichts gelitten und immerzu auf die Toilette gehen müssen. Nun war es unumgänglich. Sie musste in eine Klinik.
    »Es wird alles gut werden«, sagte ich zu ihr und umfasste ihre Hand. Sie lächelte schwach und schloss die Augen. Sie glaubte mir. Auch sie hatte sich irgendwann daran gewöhnt, dass ich mich um alles kümmerte.
     
    Das Hospital von Wexham, dem größten des Berkshire Distrikts, verfügte über die nötigen Apparaturen, um meine Mutter genauer zu untersuchen. Doch ein wichtiges Behandlungsgerät fehlte, wie sich nach einigen Tagen herausstellte.
    »Wir müssen Ihre Mutter sofort in ein Krankenhaus nach London verlegen«, sagte ein junger Arzt. Er stand vor mir und sah müde aus. Sein blondes Haar sah verwuschelt aus, als würde er ständig mit der Hand darin herumfahren. Auch jetzt tat er dies. »Wir müssen sie an ein Dialysegerät anschließen, und hier haben wir so etwas nicht.«
    »Ein Dialysegerät?«, fragte ich erschrocken. »Wird das nicht für die Blutwäsche benutzt?«
    »Genau.« er zerwühlte sich wieder mit der Hand das Haar. Es irritierte mich, da es in mir den Verdacht aufkommen ließ, dass er sich seiner Sache nicht ganz sicher war. Ich wollte, dass er mir klar sagte, wie es um meine Mutter stand.
    »Ohne diesen Eingriff wird sie nicht überleben«, fuhr er fort. »Ihr Blut muss gereinigt werden.«
    Ich musste mich hinsetzen. In den letzten Tagen hatte ich mich erneut damit abgefunden, dass meine Mutter schwer krank war. Jeden Tag, nachdem ich Akinyi von der Schule abgeholt hatte, war ich in die Klinik gefahren, um mit den Ärzten zu sprechen und mich zu vergewissern, dass meine Mutter die richtige Behandlung erhielt. Ich pendelte zwischen Arbeit, Kind

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