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Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Titel: Das Leben meiner Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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wütendem Gesicht lief sie dem Maxl nach, der endlich das störrische Kalb im Feld erwischt hatte. Jetzt blieb sie stehen und schaute den näherkommenden Burschen mit unbestimmter Miene an. Es mochte ihr vielleicht gefallen, daß der ganz wie ein Bauer mit dem wilden Jungvieh umging und es so schnell zu beruhigen verstand. »So, Resei, da haben wir den Wildfang! Geh nur weiter!« rief er fidel, führte das zitternde Kalb bis zur Schlachthaustüre, übergab es dem Metzgergesellen, der damit verschwand. Die Resl war hinterdrein gegangen und jetzt, da der Maxl sich umdrehte, abermals in den Korb griff und ihr die zwei Semmeln reichte, wußte sie nicht gleich, was sie tun und sagen sollte.
    »Da! Jetzt genier dich doch nicht so, Resei! Nimm’s nur! Da!« drängte ihr der Maxl die Semmeln auf, »sie kosten gar nichts! Eine ist für dich und eine bringst deiner Mutter heim!« Die Resl griff zögernd danach, musterte das Backwerk zweifelnd und lächelte leicht verschämt: »Du bist aber splendid! Sind die von dir? Hast die gar etwa du gemacht?« – »Freilich! Wer denn sonst! Probier’s nur!« erwiderte der Maxl keck, während die Resl die Semmel bedächtig zerdrückte, ein Stück abbrach und es in den Mund steckte, ohne es gleich zu zerkauen. Ungewiß, halb spöttisch und halb neugierig, blickte sie auf den lustigen Maxl, und endlich bewegten sich ihre Kiefern. Sie schluckte bedächtig und sagte fast kindlich: »Das ist aber was Gutes! Was ganz Feines ist das!« Immer noch lächelte sie, und ihre Augen spiegelten sich in Maxls Augen. Sie wurde ein ganz klein wenig rot dabei.
    »Jaja!« rief der Maxl, »so was mach’ ich jetzt jeden Tag! Sag’s nur herum, Resei! Der Maxl kann nicht bloß saufen, er hat auch was Ordentliches gelernt.« Er grüßte und ging weiter. Gleichsam von hinten sah man’s ihm an, daß er sehr zufrieden war. Die Resl stand noch immer auf dem gleichen Fleck, zerkaute ein Stück Semmel nach dem anderen und verschluckte es, und nachdenklich schaute sie dem Davongehenden nach. Sonderbar, besser als jede Schmalznudel schmeckte ihr die Semmel, ganz aus feinem weißen Mehl war sie, billig konnte sie gewiß nicht sein – und der arme Schlucker verschenkte so etwas! Endlich steckte sie die andere Semmel behutsam, als handele es sich dabei um eine zarte Kostbarkeit, in die tiefe Tasche ihres vielfaltigen Rockes und machte sich auf den Heimweg. Sie ging dahin, und von Zeit zu Zeit huschte immer wieder ein erwecktes Lächeln über ihr Gesicht. Dann machte sie einige schnellere Schritte.
    Daheim vergaß sie ganz und gar, von dem davongelaufenen Kalb zu erzählen. Ihre mitgebrachte Semmel machte bei allen das größte Aufsehen. Die Heimrathin gab jedem ein winziges Stück zum Probieren, und jeder kaute daran, als wäre es eine fremdartige Delikatesse. Mit einer gewissen Wichtigkeit kam die Resl immer wieder auf den Maxl zu sprechen.
    »Und er hat dir die Semmeln einfach geschenkt?« fragte der Much-Girgl zwischenhinein und schaute die Resl vieldeutig an, »nichts hat er dafür verlangt?« – »Gar nichts! Nichts kosten sie, hat er gesagt«, erwiderte sie arglos, aber da der Girgl verstohlen blinzelte, wurde sie seltsamerweise verlegen und wußte nicht warum.
    Wie das schon zu gehen pflegt, wenn ein richtiger Anstoß die Gemüter belebt – ein Wort gab das andere. Nicht ohne Respekt äußerten sich einige über den Maxl. Der Girgl meinte, wenn erst der königliche Hof von ihm das Brot beziehe, dann sei er schnell über Wasser und werde vielleicht ein reicher Mann.
    »Ja, für die Herrschaften mag so was ja ganz gut sein, aber bei unsereinem kann er da kein Geschäft machen«, warf die Heimrathin hin, und die Genovev meinte: »Ah! Wie wird’s denn so ein nichtsnutziger Kerl zu was bringen! Der versauft doch alles! Und Glück kann er auch nicht haben. Beim Stellmacher glaubt doch keiner was!« Dagegen redeten nun wieder die Liesl und der Girgl, die die bigotte, raunzerische Genovev nicht mochten. Ganz lebhaft ging es in der Heimrath-Kuchl zu. Wegen »nichtsnutzig«, äußerte sich der Girgl, die Semmeln mache dem Maxl keiner nach, und die Liesl machte den spöttischen Einwurf, jeder Gläubige sei eben nicht darauf aus, seine Frömmigkeit besonders auffällig zu zeigen. Die Resl sagte einmal aus irgendeinem Nachdenken heraus: »Ja, wenn der jetzt jeden Tag sein teures Mehl verbackt und bringt die Semmeln nicht an, was tut er denn da? Da muß er ja verderben.« Sie schaute sonderbar sinnend vor sich

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