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Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Titel: Das Leben meiner Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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Die ehemalige Villa hatte ein vornehmer Mann namens Strauch gekauft und sie in ein Hotel verwandelt. Der Strauch bezog viel Brot vom Maxl. Arbeit über Arbeit gab es in der Berger Bäckerei. Viel zuviel war sie, wenn auch die Stasl manchmal mithalf.
    Der Maxl war heut merkwürdig belebt. Er unterhielt sich mit dem Klostermaier über alles mögliche. Der Wirt sagte einmal: »No, Maxl, jetzt mußt du ja mit Gewalt ein reicher Mann werden. Deine Bäckerei wird ja die reinste Goldgrub’n.« Und er erzählte, daß jetzt auch die »Rottmannshöhe« verkauft sei. Ein Gastwirt aus München wolle etwas ganz Großartiges daraus machen und stecke riesige Summen in das Unternehmen. »Eine Drahtseilbahn will er bauen von Leoni zur Rottmannshöhe. Dem Strauch will er alle Gäste weglocken, sagt er. Er hat schon Eingaben gemacht wegen der Genehmigung der Drahtseilbahn. Vorläufig baut er die Gastlokalitäten aus«, berichtete der Wirt. Dann setzte er dazu: »Und das wird doch auch wieder eine gute Kundschaft für dich! Und da sollst du kein reicher Mann werden! Du scheffelst ja ’s Geld! Ich seh’ dich schon als Millionär!« Er lächelte gutmütig und fuhr mit der dickfingerigen Hand durch seinen langen, spitzzulaufenden Schnurrbart.
    Den Maxl schwindelte schier. Wirklich, es ging aufwärts mit Riesenschritten. Er versuchte in aller Schnelligkeit, diese neue Möglichkeit durchzudenken und zwang die Freude darüber in sich nieder. Er tat gelassen und meinte: »N0, zum Millionär ist’s noch weit hin! Das hat noch Zeit! So schnell wachsen die Bäum’ nicht in’n Himmel … Vorläufig bin ich froh, daß ich aus dem Gröbsten heraussen bin.« Der Wirt wollte bei diesem Thema bleiben, sonderbarerweise aber fing der Maxl von was anderem zu reden an. Von der Heimrathin und ihrem sichtlichen Altwerden sprach er, von ihrem Geplagtsein durch die »Kindsfüße« und, meinte er teilnahmsvoll, was habe sie zum Schluß gehabt von ihrem Leben, die Bäuerin? Rackern jahraus und jahrein und den Verdruß mit der Genovev in ihren alten Tagen.
    »Jaja«, sagte der Wirt ernster werdend, »saudumm ist sie hereingefallen, die Genovev! Hmhm, und der schöne Hof! Der Peter kann lachen! … Es bleibt jetzt schon nichts anderes mehr übrig, als daß die zwei bald heiraten.« Der Maxl nahm einen ausgiebigen Schluck Bier, stellte das Glas hin und brummte nachdenklich: »Herrgott, hm … So wird alles auseinandergehn und in andere Händ’ kommen! Dafür haben sich die Alten ’plagt!«
    Er schaute ins Leere und schwieg. Der Klostermaier stimmte ihm gleichgültig zu. In der leeren Wirtsstube war es still. Die Sonne fiel schräg durch die Fenster und zog breite Streifen, in deren Helle die feinen Staubwirbel sichtbar wurden.
    »Noch eine Halbe?« fragte der wuchtig gebaute Wirt und nahm Maxls Krug.
    »Ja, gib mir noch eine«, antwortete der und schnupfte.
    Die Schenkglocke läutete, und als der Klostermaier das Schiebefenster hochzog, wurde das schmale Gesicht der jungen Schmiedin sichtbar.
    »Eine Maß, aber gut einschenken!« sagte sie, und der Klostermaier brummte irgend etwas. Als er wieder an den Tisch zurückkam, murmelte er, diese Schmiedin sei eine ganz vorlaute Person. Endlich fielen ihm wieder die Heimraths ein.
    »Geld muß ja in Aufhausen da sein«, sagte er beiläufig, »Heiratsgut müssen die Töchter hübsch einen Batzen kriegen.«
    »Jaja«, sagte der Maxl unverdächtig, »jaja, mag sein, aber es sind ihrer fünf.« – »Es ist doch ein Riesenhof!« meinte der Wirt und fing aufs ungefähre zu schätzen an, »zweioder dreitausend Gulden wird wenig sein, was eine kriegt, wenn Bauernleut’ auch noch so ungern Bargeld mitgeben.« Der Maxl tat ganz uninteressiert, trank aus und ging.
    Die Sonne war indes tiefer gesunken und stand als riesiger Feuerball über der scharf gezeichneten Hügelwand des westlichen See-Ufers. Auf den hängenden Äckern und Feldern rechts und links von der abwärtslaufenden Aufkirchener Straße arbeiteten die Leute, und das hellklingende Hämmern aus der Leibfingerschen Schmiede vibrierte in der warmen Luft. Der Postillon fuhr aus Berg heraus, trieb seine Pferde an, und die gelbschwarze Kutsche wackelte hin und her. Seine Tour war seit dem Vorjahr anders geworden. Er mußte nunmehr auch täglich beim Wiesmaier Station machen. Laut königlicher Verfügung war dem Wirt die Führung einer Posthalterei zugestanden worden. Der Wiesmaier war ein sehr schreibgewandter, gescheiter Mensch, der mit der Zeit ging. Er hielt

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