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Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Titel: Das Leben meiner Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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volle, schwere Mehlkübel daher, die Stasl bestreute die Holzbretter, und die Kathl holte das Holz für die »zweite Hitze« aus der Hütte im Hof. Niemand blieb untätig. Mit größter Beflissenheit suchten sie alle jede Minute auszunützen.
    Immer und immer wieder fühlte der Maxl, wie eine Schwäche von seinen Knien zum Herzen heraufstieg. Mit aller Gewalt rang er sie nieder. Nach kurzer Zeit troff sein knochenhagerer Körper von Schweiß. Hemd und Hosen klebten an ihm. Sein brummender Kopf wurde abwechselnd heiß und kalt, und ein schwingender Schwindel durchzog hin und wieder sein Hirn. Teig und Mehl verschwammen vor seinen Augen zu einem nebligen Gebräu, in das er zu versinken drohte. Seine hart greifenden Finger, seine sehnigen Muskeln zitterten, und die Schläfen trommelten. Er hielt nicht ein. Niemand hörte im allgemeinen Geräusch seinen pfeifenden Atem. Er schuftete mechanisch, gleichsam motorisch, und in Sekunden der Aufhellung rang er mit dem zähen Teig, als sei er sein bitterster Feind.
    So ging es diese ganze, lange Nacht. Viermal machten er und der Voshank Teig, viermal schob der Maxl die Semmeln und Wecken in den Ofen und riß sie, fertiggebacken, heraus. Erst in der Frühe, als alle Körbe voll waren, hielt er sich an den hoch aufeinander geschichteten Brettern fest und keuchte kraftlos: »Hilf mir, Lorenz … Ich muß mich gleich niederlegen.« Sein Bruder und die Stasl brachten ihn zu Bett.
    »Wenn’s Nacht ist, wird’s schon wieder gehen!« sagte er erschöpft. Sein Kopf sank in das Kissen, und sogleich fielen ihm die Augen zu. Unruhig gingen Stasl und Lorenz aus der Kammer. Drunten, in der Backstube, sagte die Stasl: »Mein Gott, wenn bloß das Seefest schon vorüber wär’!« Alle standen einige Zeit stumm und ernst da und schauten einander ratlos in die Augen. – Der Maxl stand auch wirklich in der folgenden Nacht wieder am Trog. Den zweiten und dritten Teig aber wirkte die Stasl. Er gab nur die nötigen Anordnungen.
    »Wenn ich das überleb’«, sagte er einmal mit weher Gleichgültigkeit, »überleb’ ich alles! Wenn das ’rum ist, muß ein Bäckergesell’ her …«
    Vor dem verrußten Fenster seitlich vom Backofen stand der frische, bleiche Morgen. Durch die offene Tür drang die kühle Luft und vermischte sich mit dem dampfenden Qualm. Die erwachten Vögel zwitscherten. Das Dorf erwachte, als sie ihn die Stiege hinaufführten. Gegen Mittag sollten die hohen russischen Gäste kommen. – Maxl schlief bleiern und traumlos und hörte nicht einmal die Salutschüsse.

Einiges erregt Aufsehen
    Es war ein märchenhaftes Fest, das nicht nur den Landleuten, sondern auch den herbeigeströmten fremden Gästen auf Jahre hinaus unvergeßlich blieb. Das wunderbar milde Wetter trug viel dazu bei. Die warme Spätsommerluft hatte einen zärtlich fächelnden Hauch von berückender Reife, die schon den nahenden Herbst verriet. Sie war von keinem Wind bewegt, sie schwamm nur, gleichsam seidenweich, zwischen Himmel und Erde. Alles Sichtbare schien selig zu lächeln: der wolkenlose zartblaue Himmel, die weithin strahlende Sonne und die lieblich gewellte Landschaft, die sich auf der glatten Seefläche traumhaft schön widerspiegelten, das bunte Gemisch der vielen Menschen – Fremde aus aller Herren Länder, sonntäglich gekleidete Einheimische, weiße Kinderzüge mit Blumensträußen und musizierende Veteranen-Vereine, die brechend vollen, tiefgehenden Dampfschiffe und die unzähligen Ruder- und Segelboote, die schon vom frühen Morgen ab aus allen Richtungen daherfuhren und sich in weitem Abstand vor den Gestaden von Berg und Leoni sammelten. Ein ununterbrochenes jubelndes Singen und Klingen erfüllte den Tag. Wenn der Gesang oder eine Musikkapelle an einer Stelle abbrachen, fingen sie woanders an. Es war, als töne das ganze See-Rund, als jauchze die festliche Landschaft heiter zum Himmel empor.
    Berg und sein Schloß waren der viel bestaunte, erregende Mittelpunkt, wenngleich alle anderen Uferorte – was Ausschmückung anlangte – sich alle nur erdenkliche Mühe gemacht hatten. Im See, vom Berger Dampfschiffsteg bis zum Ende des königlichen Parks kurz vor Leoni, schwammen festverankerte, umfängliche, viereckige Flöße, weißblau drapiert mit hohen, grünumwundenen Stangen an den Seiten, welche kleine Wimpel krönten. Ein besonders großes Floß befand sich in der Mitte dieser hölzernen Inseln und war durch einen langen, teppichbelegten, mit zahllosen frischen Rosen bestreuten Steg mit

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