Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
Engel Gabriel, das Geheimniß in einer Vision offenbarte. Nach dem Erwachen schickte er Ali zu dem Brunnen, wo das Bild entdeckt wurde. Als man es Mohammed brachte, fährt die Legende fort, wiederholte er über ihm die zwei letzten Suren des Korans, welche ihm in der jüngsten Vision mitgetheilt worden waren. Sie bestehen aus eilf Versen und enthalten Folgendes:
Im Namen des allbarmherzigen Gottes! Ich will meine Zuflucht zum Herrn des Tageslichtes nehmen, daß er mich aus der Gefahr der von ihm geschaffenen Wesen und Dinge befreie – aus den Gefahren der dunkeln Nacht und des Mondes, wenn er in Finsterniß ist, aus der Gefahr der Zauberer, welche Knoten schlingen und auf dieselben ihren Athem hauchen, – aus der Gefahr der Neider, welche tödliches Leid ersinnen. – Ich will meine Zuflucht suchen bei Allah, dem Herrn der Menschen, – bei Allah, dem Könige der Menschen, – bei Allah, dem Gotte der Menschen, – daß er mich befreie von dem bösen Geiste, welcher bei Nennung seines heiligen Namens entflieht, – welcher böse Gedanken den Herzen der Menschenkinder zuflüstert, – und von den bösen Genien und den Menschen, welche Zauberei treiben.
Bei der Wiederholung eines jeden von diesen Versen, berichtet die Legende, wurde ein Knoten der Bogensehne locker, fiel eine Nadel aus dem Bilde, und gewann Mohammed Kraft. Beim Schlusse des eilften Verses stand er auf, an Gesundheit und Kraft erneuert wie ein in Freiheit Gesetzter, nachdem er mit Stricken gebunden gewesen ist.
Diese zwei Schlußcapitel des Korans, welche diese Verse enthalten, werden die Amulete (Schutzmittel) betitelt und von den abergläubischen Moslemen als wirksame Talismanne gegen Zauberei und Magie betrachtet.
In Mohammeds Verhalten bei der in diesem Capitel erzählten Kriegsangelegenheit ist Kraftlosigkeit und Schwanken, wie der Mangel militärischer Entschiedenheit gerügt, und in seinen Maßregeln wahre Geistesgröße vermißt worden; um diese Beschuldigungen zu unterstützen, werden die folgenden Vorkommnisse angeführt. Als ihn Gewalt von Außen und Treulosigkeit im Innern bedroht, so ist er dafür, daß eine Partei seiner verbündeten Feinde zu einem Sonderfrieden beredet werde; aber er läßt sich aus dieser listigen Politik von Saad Ibn Moad gewissermaßen hinaustrotzen; ferner kommt er nachher zu einem noch schlaueren und listigeren Plane, nach welchem er Zwietracht unter seine Feinde ausstreut. Vornämlich hat man sein Betragen gegen die Juden streng getadelt. Daß er die Bitte der Beni Koraidha um Gnade der Entscheidung desjenigen überwies, dessen Gier nach ihrer Vernichtung er kannte, hat man als grausamen Spott gebrandmarkt, und die Hinmetzelung dieser unglücklichen Menschen auf dem Marktplatze von Medina wird für eine der schwärzesten Seiten seiner Geschichte erklärt. Sein Verhalten gegen dieses Geschlecht bildet seit der Zeit, daß er Macht in den Händen hatte, zu der allgemeinen Beschaffenheit seiner Sinnesart, die versöhnlich und menschlich war, in der That eine Ausnahme. Er mag durch Beweise von Verrätherei und tödtlichem Grolle ihrerseits gegen sie besonders herausgefordert worden sein; aber wir sehen in diesem, wie in andern Stücken seiner Politik während dieser Zeit, Beispiele jener irdischen Beimischung, welche bisweilen seinen Geist erniedrigte, so jetzt, daß er der Apostel des Schwertes geworden ist.
Vierundzwanzigstes Capitel.
Mohammed unternimmt eine Wallfahrt nach Mekka. – Umgeht Khaled und eine gegen ihn gesendete Reiterschaar. – Lagert bei Mekka. – Unterhandelt mit den Koreischiten wegen der Erlaubniß einzuziehen und die Wallfahrt zu vollenden. – Vertrag auf zehn Jahre, kraft dessen ihm gestattet wird, einen jährlichen Besuch von drei Tagen zu machen. – Er kehrt nach Medina zurück.
Sechs Jahre waren seit Mohammeds Flucht aus Mekka verflossen. Da diese Stadt in den Augen der Araber heilig und ihr großer Wallfahrtspunct war, so schadete ihm die lange Verbannung aus ihr und der offene Krieg mit den Koreischiten, welche die Aufsicht über die Kaaba hatten, in der Meinung vieler Stämme und verzögerte die Ausbreitung seiner Lehre. Dazu sehnten sich die Anhänger, welche ihn auf der Flucht begleitet hatten, ihre Geburtsstadt noch einmal zu sehen, und es war Gefahr vorhanden, daß bei einer verlängerten Verbannung der Glaube derselben sich abschwächen würde.
Mohammed fühlte mehr und mehr die Wichtigkeit, seine Religion mit der heiligen Stadt zu verbinden und die alten Gebräuche
Weitere Kostenlose Bücher