Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
kann überraschen, daß sie ein solches Loos wohlgefällig betrachten sollte. Moslemische Schriftsteller erklären uns dies jedoch durch die Versicherung, daß sie auf übernatürlichem Wege auf dieses Ereigniß vorbereitet wurde. Während nämlich Mohammed vor der Stadt noch lagerte und die Belagerung betrieb: so hatte sie des Nachts eine Vision, bei welcher die Sonne vom Firmamente stieg und in ihren Busen sich senkte. Am Morgen erzählte sie den Traum ihrem Gatten Kenana, welcher sie ins Gesicht schlug mit dem Ausrufe: »Weib! du sprichst in Gleichnissen von diesem arabischen Häuptlinge, der wider uns ausgezogen ist.«
Diese Vision Safiyas wurde zur Wahrheit; denn als Mohammed sie mit allem geziemenden Eifer zum Islam bekehrt hatte, so nahm er sie zum Weibe, bevor er Khaibar verließ. Die Hochzeit fand auf dem Heimmarsche zu Al Sahba statt, wo die Armee drei Tage rastete. Abu Ayub, einer der feurigsten Schüler des Propheten und Hausmarschall desselben, machte mit dem Schwerte in der Hand die Runde um das Hochzeitszelt die Nacht hindurch. Safiya gehörte zu den am meisten begünstigten Frauen Mohammeds und überlebte ihn als Wittwe vierzig Jahre.
Außer diesen Heirathen aus Neigung, welche wir erzählt haben, schloß der Prophet um diese Zeit eine andere aus Staatsklugheit. Kurz nach seiner Heimkehr nach Medina wurde er durch die Ankunft der letzten Flüchtlinge aus Abyssinien erfreut. Unter diesen befand sich auch eine anmuthige Wittwe von dreißig Jahren, deren Gatte Abdallah in der Verbannung gestorben war. Sie war unter dem Namen Omm Habiba, Mutter Habiba’s, nach einer Tochter, die sie geboren hatte, allgemein bekannt. Diese Wittwe war Abu Sofians, des Erzfeindes von Mohammed, Tochter, und der Prophet meinte, daß eine Ehe mit der Tochter die feindselige Gesinnung des Vaters lindern möchte, eine politische Anschauung, die ihm die Offenbarung einer Sure im Koran entweder beigebracht oder bestätigt haben soll. Als Abu Sofian diese Vermählung erfuhr, so rief er aus: »Beim Himmel, dieses Kameel ist so muthwillig, daß es kein Maulkorb zähmen kann.«
Sechsundzwanzigstes Capitel.
Sendungen an verschiedene Fürsten, nämlich an Heraklius, an Khosru II., an den Statthalter von Aegypten. – Ihre Resultate.
Während des übrigen Theiles vom Jahre blieb Mohammed in Medina, indem er seine zuverlässigsten Jünger, jetzt schon erfahrene Feldherrn, zu verschiedenen Unternehmungen absendete, durch welche widerspenstige Stämme zur Unterwerfung gebracht wurden. Seine staatsmännischen Ansichten erweiterten sich mit der Vermehrung seiner Gebiete. Obgleich er öffentlich erklärte, daß er in Fällen der Nothwendigkeit seine Religion mit dem Schwerte ausbreite: so vernachlässigte er doch nicht die friedlichen Mittel der Verhandlung, und schickte an verschiedene Fürsten und Potentaten, deren Reiche an seinen politischen Gesichtskreis gränzten, Gesandte ab, welche dieselben zur Annahme des Islams drängen sollten, was in der That nichts Anderes hieß, als daß sie ihn, infolge seines apostolischen Amtes, als Oberherrn anerkennen möchten. Die zwei berühmtesten unter diesen Gesandtschaften waren die an Khosru ll., König von Persien, und an Heraklius, den römischen Kaiser in Constantinopel, gerichteten. Die Kriege zwischen den Römern und Persern wegen der Oberherrschaft im Osten, welche mehrere Jahrhunderte hindurch von Zeit zu Zeit getobt hatten, waren von diesen zwei Potentaten mit wechselndem Glücke erneuert worden und hatten einige Jahre vorher die östliche Welt zerrüttet. Länder waren von jeder Macht erobert worden; Staaten und Königreiche hatten unter den gegenseitigen Angriffen und infolge der Eroberungen und Niederlagen der kriegenden Parteien die Regierung gewechselt. Zu einer Zeit hatte Khosru mit drei Armeen, von denen eine »die Fünfzig Tausend Goldnen Speere« prahlerisch genannt wurde, dem römischen Kaiser Palästina, Cappadocien, Armenien und mehrere andere große und reiche Provinzen entrissen, hatte sich zum Herrn von Jerusalem gemacht und das »Heilige Kreuz« nach Persien schaffen lassen, war in Afrika eingefallen, hatte Libyen und Aegypten erobert und seine Siege sogar bis nach Carthago ausgedehnt.
Mitten auf dieser triumphirenden Laufbahn kam ein moslemischer Gesandte an, welcher ihm einen Brief von Mohammed brachte. Khosru schickte nach seinem Secretaire oder Dolmetscher und befahl ihm, denselben zu lesen. Der Brief begann wie folgt: »Im Namen des allbarmherzigen Gottes! Mohammed,
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