Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
(Dschabal) zum Iman oder Oberpriester, um das Volk in den Lehren des Islams zu unterweisen, und legte die Regierung der Stadt in die Hände Otab’s, eines nur achtzehnjährigen Jünglings; hierauf sagte er seiner Geburtsstadt Lebewohl und brach mit seinen Truppen zur Rückkehr nach Medina auf.
Bei dem Dorfe Al Abwa, wo seine Mutter begraben lag, ankommend, sehnte sich sein Herz, ihrem Andenken den kindlichen Tribut zu zahlen; aber sein eigenes geoffenbartes Gesetz verbot jegliche Rücksicht auf das Grab derjenigen, welche im Unglauben verstorben war. In der heftigen Aufregung seiner Empfindungen erflehte er vom Himmel eine Milderung dieses Gesetzes. Wenn es bei einer Gelegenheit dieser Art irgend eine Täuschung gab, so würde man annehmen, daß es eine Selbsttäuschung gewesen sein müßte, und daß er an eine eingebildete Weisung vom Himmel, welche das Gesetz theilweise und in dem gegenwärtigen Falle milderte und ihm gestattete, das Grab zu besuchen, wirklich glaubte. Er brach in Thränen aus, als er der Stätte nahte, wo die zartesten Gefühle eines Kindes sich erproben; aber Thränen waren der gesammte Tribut, welchen er darbringen konnte. »Ich bat Gott um Erlaubniß«, sagte er traurig, »das Grab meiner Mutter besuchen zu dürfen, und sie wurde mir gewährt; als ich aber um die Erlaubniß bat, für sie beten zu dürfen, so wurde sie mir verweigert.«
Zweiunddreißigstes Capitel.
Zeinabs. der Tochter des Propheten, Tod. – Geburt seines Sohnes Ibrahim. Deputationen von entfernten Stämmen. – Poetischer Wettstreit in Gegenwart des Propheten. – Seine Empfänglichkeit für die Reize der Dichtkunst. –. Die Unterwerfung der Stadt Tayef; Zerstörung ihrer Götzenbilder. – Unterhandlung mit Amir Ibn Tafiel, einem stolzen Beduinenhäuptling; unabhängiger Geist des Letzteren. – Adi’s. eines andern Häuptlings, Zusammenkunft mit Mohammed.
Kurz nach der Ankunft in Medina wurde Mohammed durch den Tod seiner Tochter Zeinab in Trauer versetzt, derselben Tochter, welche ihm für ihren ungläubigen, in der Schlacht von Beder gefangenen Gatten Abul Aaß zurückgegeben worden war. Groß war der häusliche Kummer des Propheten, und tief fühlte er diesen Verlust; durch die Geburt eines Sohnes von der Lieblingsbeischläferin Mariyah wurde er jedoch getröstet. Er nannte das Kind Ibrahim und ergötzte sich an der Hoffnung, daß dieser Sohn seines hohen Alters, sein einziger lebender Sprößling männlichen Geschlechts, seinen Namen auf die späteren Geschlechter fortpflanzen würde.
Der Ruf von ihm, entweder als von einem Propheten oder als von einem Eroberer, drang in die entlegensten Theile Arabiens, und beständig trafen Deputationen von entfernten Stämmen in Medina ein, einige, um ihn als Propheten anzuerkennen und den Islam anzunehmen, andere, um sich ihm als weltlichem Oberherrn zu unterwerfen und Tributzahlung zu bewilligen. Mohammeds Talente wuchsen mit der Forderung des Augenblicks; seine Ansichten erweiterten sich mit seinem Glücke, und jetzt begann er die Geldverhältnisse seines schnell wachsenden Reiches mit staatsmännischer Geschicklichkeit zu regeln. Unter dem schönen Namen »Almosen« wurde von wahren Gläubigen eine Steuer erhoben, welche ein Zehntel der Erzeugnisse des Landes betrug, wo es durch Bäche und Regen fruchtbar gemacht wurde, und ein Zwanzigstel, wo die Fruchtbarkeit das Ergebniß von Bewässerung war. Von je zehn Kameelen wurden zwei Schafe, von vierzig Stück Rindvieh Eine Kuh, von dreißig Stück Eine zweijährige Kalbe, von je vierzig Schafen Eins gefordert. Wer mehr als diesen Betrag steuerte, wurde in gleichem Maße für frömmer erachtet und sollte in den Augen Gottes angemessene Gnade erlangen. – Der Tribut, welcher von denen, die sich dem weltlichen Scepter unterwarfen, aber im Unglauben verharrten, eingefordert wurde, belief sich für jede erwachsene leibeigene oder freie Person auf Einen Denar (4½ Ngr.) in Geld oder Gütern.
Einige Schwierigkeit zeigte sich bei der Einsammlung der milden Beitrüge; der stolze Stamm Tamim leistete offenen Widerstand und verjagte den Einsammler. Eine Schaar arabischer Reiter wurde wider ihn abgeschickt und eine Zahl Männer, Frauen und Kinder gefangen fortgeführt. Eine Deputation der Tamimiten kam an, um die Gefangenen zurückzufordern. Vier der Abgeordneten waren als Redner und Dichter berühmt, und anstatt sich vor Mohammed zu demüthigen, hielten sie Vorträge in Prosa und Versen, die Moslemen zu einem poetischen Wettstreite
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