Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
Beweggründen den gesammten Ertrag ihrer jüngsten Kämpfe verschleudern möchte. Daher drängten sie sich um ihn und schrieen nach Vertheilung der Beute und der Gefangenen. Unwillig blickte er sie an und sagte: »Habt ihr mich jemals geizig oder unredlich oder ungesetzlich erfunden?« Hierauf riß er ein Haar aus dem Rücken eines Kameels, erhob seine Stimme und rief: »Bei Allah! Ich habe von der gemeinsamen Beute niemals den Werth dieses Kameelhaares mehr genommen als ein Fünftheil, und dieses Fünftheil ist immer zu eurem Besten verwendet worden.«
Hierauf vertheilte er die Beute, wie es herkömmlich war. Vier Fünftel erhielten die Truppen, aber sein eigenes Fünftel spendete er unter die aus, deren Treue er sich zu sichern wünschte. Die Koreischiten hielt er für unsichere Verbündete; vielleicht war ihm das Frohlocken einiger von ihnen, welche seine Niederlage im Geiste vorauszusehen glaubten, zu Ohren gekommen; diese suchte er jetzt durch Geschenke an sich zu ketten. Abu Sofian gab er hundert Kameele und vierzig Unzen Silber zur Entschädigung für das Auge, welches er beim Angriffe auf das Thor von Tayef verloren hatte. Akrema Ibn Abu Iahl und Andern gleichen Ranges gab er in angemessenem Verhältnisse, und zwar Alles von seinem Antheile. Unter den lauen, auf diese Weise begünstigten Neubekehrten befand sich der Dichter Abbas Ibn Mardas. Er war mit seinem Theile unzufrieden und ließ seinen Unmuth in satyrischen Versen aus. Mohammed hatte ihn belauscht. »Nehmt diesen Mann von hier weg«, sagte er, »und schneidet ihm die Zunge aus.« Omar, zu harten Maßregeln stets bereit, würde den Befehl buchstäblich ausgeführt haben, und das auf der Stelle; aber Andere, welche von des Propheten Meinung besser unterrichtet waren, führten Abbas, der am ganzen Leibe zitterte, auf den öffentlichen Platz, wo das erbeutete Vieh zusammen aufgestellt war, und baten ihn, sich davon das, was ihm gefiele, auszuwählen. »Wie!« rief der Dichter fröhlich und von dem Schrecken vor Verstümmelung befreit, »ist das die Art, auf welche der Prophet meine Zunge zum Schweigen bringen wollte? Bei Allah! ich will Nichts nehmen.« Mohammed bestand jedoch auf seiner staatsklugen Großmuth und schickte ihm sechzig Kameele. Von dieser Zeit an wurde der Dichter niemals müde, die Freigebigkeit des Propheten zu besingen.
Während Mohammed auf diese Weise den guten, Willen der lauen Neubekehrten aus Mekka reizte, erregte er das Murren der Hülfsvölker Medinas. »Sehet,« sagten sie, »wie er an die verrätherischen Koreischiten Geschenke verschwendet, während wir, die wir ihm in allen Gefahren treu gewesen sind, Nichts als unsern nackten Antheil empfangen. Was haben wir gethan, daß wir also in den Hintergrund gestellt werden sollen?« Mohammed wurde von diesem Murren unterrichtet und forderte die Führer in sein Zelt. »Höret mich an, ihr Männer von Medina,« sagte er; »waret ihr nicht in Zwietracht unter euch selbst, und habe ich euch nicht zur Eintracht geführt? Waret ihr nicht im Irrthume, und habe ich euch nicht auf den Pfad der Wahrheit geleitet? Waret ihr nicht arm, und habe ich euch nicht reich gemacht?« Sie erkannten die Wahrheit dieser Worte an. »Sehet!« fuhr er fort, »ich kam zu euch als Lügner gebrandmarkt, doch ihr glaubtet an mich; als ein Verfolgter, doch ihr beschütztet mich; als ein Flüchtling, doch ihr nahmet mich auf; als ein Hülfloser, doch ihr unterstütztet mich. Denkt ihr denn, ich fühle dies nicht? Denkt ihr denn, ich könne undankbar sein? Ihr beklagt euch, daß ich an diese Leute Geschenke vertheile und euch keine gebe. Zwar gebe ich ihnen irdisches Gut, aber es geschieht, um ihre irdisch gesinnten Herzen zu gewinnen. Euch, die ihr aufrichtig gewesen seid, euch gebe ich mich selbst! Sie kehren mit Schafen und Kameelen heim; ihr kehrt mit dem Propheten Gottes unter euch zurück: Denn bei dem, in dessen Händen Mohammeds Seele ist, ich würde bei euch bleiben, obschon die ganze Welt den einen, und ihr den andern Weg ginget! Wem von euch habe ich nun am meisten vergolten?«
Die Hülfsvölker wurden durch diese Ansprache sogar bis zu Thränen gerührt. »O Prophet Gottes,« riefen sie aus, »wir sind mit unserm Loose zufrieden!«
Nach Vertheilung der Beute zog Mohammed nach Mekka, nicht mit dem Gepränge und dem Frohlocken eines Eroberers, sondern im Pilgerkleide, um die Gebräuche seiner Wallfahrt zu erfüllen. Als diese alle gewissenhaft vollbracht waren, so bestimmte er Moad Ibn Iabal
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