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Das Leben und das Schreiben

Das Leben und das Schreiben

Titel: Das Leben und das Schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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damit vom Tisch ist und weil sie durchaus etwas Wahres enthält. Die Kombination von einem gesunden Körper und einer stabilen Beziehung zu einer selbstsicheren Frau, die sich weder von mir noch von anderen etwas gefallen lässt, hat mein regelmäßiges Arbeiten überhaupt erst möglich gemacht. Auch der Umkehrschluss trifft zu: Das Schreiben und mein Vergnügen daran haben sich positiv auf meine Gesundheit und mein Privatleben ausgewirkt.

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    Man kann fast überall lesen, aber wenn es ums Schreiben geht, sollten Sie nur im absoluten Notfall auf öffentliche Bibliotheken, Parkbänke und Mietwohnungen zurückgreifen. Zwar sagte Truman Capote, er habe seine besten Sachen in Motelzimmern geschrieben, aber er ist eine Ausnahme. Die meisten können es am besten an einem ganz persönlichen Platz. Solange Sie noch keinen haben, wird es Ihnen sehr schwerfallen, den Entschluss, viel zu schreiben, ernsthaft in die Tat umzusetzen.
    Ihr Arbeitszimmer muss ja nicht nach den Grundsätzen der Playboy Philosophy eingerichtet sein, und Sie brauchen auch keinen antiken amerikanischen Rollladenschreibtisch, in dem Sie Ihre Schreibutensilien unterbringen. Meine ersten beiden veröffentlichten Romane, Carrie und Brennen muss Salem , schrieb ich im Wäscheraum eines überbreiten Trailers, hämmerte den Text in die Olivetti-Reiseschreibmaschine meiner Frau, einen Kindertisch auf den Oberschenkeln; John Cheever arbeitete im Keller seiner Wohnung auf der Park Avenue, immer nah am Ofen. Der Raum kann knapp bemessen sein ( sollte er wahrscheinlich sogar, wie ich bereits angedeutet habe) und braucht eigentlich nur eins: eine Tür, die Sie hinter sich schließen können. Mit einer geschlossenen Tür sagen Sie dem Rest der Welt und sich selbst, dass Sie jetzt bei der Arbeit sind; Sie haben sich verbindlich fürs Schreiben entschieden und beabsichtigen, Ihren Worten Taten folgen lassen.
    Wenn Sie Ihr neues Arbeitszimmer betreten und die Tür hinter sich schließen, sollten Sie sich ein tägliches Ziel gesetzt haben. Wie auch bei körperlichen Übungen wäre es ratsam, das Ziel anfangs nicht zu hoch zu setzen, damit Sie nicht entmutigt werden. Ich schlage tausend Wörter pro Tag vor, und weil ich gerade in Spendierlaune bin, würde ich sagen, Sie können sich einen Tag in der Woche freinehmen, am Anfang wenigstens. Nicht mehr, dann würde Ihre Geschichte an Unmittelbarkeit und Dringlichkeit verlieren. Haben Sie sich dieses Ziel gesetzt, vereinbaren Sie mit sich selbst, die Tür geschlossen zu lassen, bis das Ziel erreicht ist. Machen Sie sich an die Arbeit, und bringen Sie diese 1000 Wörter aufs Papier – sei es nun virtuell oder nicht. In einem alten Interview, ich glaube, um Carrie an den Mann zu bringen, wurde ich von einem Talkmaster im Radio gefragt, wie ich schriebe. Auf meine Antwort (»Ein Wort nach dem anderen«) fiel ihm offenbar nichts mehr ein. Ich glaube, er war sich nicht sicher, ob ich einen Scherz gemacht hatte oder nicht. Ich habe nicht gescherzt. Letztlich ist es doch immer so einfach. Ob eine Vignette von einer Seite oder eine epische Trilogie wie Der Herr der Ringe , man setzt doch immer ein Wort ans andere. Die Tür schließt den Rest der Welt aus und Sie ein, sodass Sie sich auf die vorliegende Arbeit konzentrieren können.
    Wenn möglich, sollte in Ihrem Arbeitszimmer kein Telefon, ganz gewiss kein Fernseher und auch kein Videospiel stehen, mit dem Sie herumalbern können. Wenn Sie ein Fenster haben und nicht auf eine Mauer blicken, ziehen Sie die Vorhänge zu, oder lassen Sie das Rollo herunter. Für jeden Autor, besonders aber für den Anfänger ist es ratsam, jede mögliche Ablenkung auszuschalten. Wenn Sie länger schreiben, werden Sie diese Ablenkung möglicherweise gar nicht mehr wahrnehmen, aber zu Beginn tun Sie besser daran, vor Arbeitsbeginn alles Störende zu beseitigen. Ich arbeite bei lauter Musik – Hardrock von AC/DC, Guns n’ Roses und Metallica war mir schon immer am liebsten -, aber für mich ist die Musik nur eine weitere Art, die Tür zu schließen. Sie umhüllt mich und schließt die profane Welt aus. Wenn man schreibt, möchte man nichts mit der Welt zu tun haben, oder? Natürlich nicht! Wenn man schreibt, erschafft man seine eigenen Welten.
    Meines Erachtens kann man hier von einer Art kreativem Schlaf sprechen. Wie auch Ihr Schlafzimmer sollte das Arbeitszimmer ein ungestörter Ort sein, den Sie besuchen, um zu träumen. Ihr Zeitplan – jeden Tag ungefähr zur gleichen Zeit herein und erst

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