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Das lebendige Theorem (German Edition)

Das lebendige Theorem (German Edition)

Titel: Das lebendige Theorem (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Villani
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dieses Problem in mathematischer Form gestellt und es dechiffriert; diesen Virus hat er auf andere, jüngere Leute wie Elliott übertragen.
    Völlig aufgegangen in diesen Forschungen, hat Elliott die Lösung in der Physik gesucht, in der Analysis, in dem Energie-Kalkül. Er hat eine Reihe von Forschern nachgezogen und Denkschulen gegründet. Nebenbei hat er spektakuläre Beweise gesammelt, Glanzstücke, die das Gesicht der mathematischen Analysis verändert haben.
    Für Elliott ist nichts so gut wie eine anständige Ungleichung, um ein Problem zu verstehen. Eine Ungleichung bringt das Überwiegen eines Terms gegenüber einem anderen in einer Gleichung zum Ausdruck, einer Kraft gegenüber einer anderen, einer Entität gegenüber einer anderen. Elliott hat bestimmte berühmte Ungleichungen tiefgreifend verbessert: die Ungleichungen von Hardy–Littlewood–Sobolew, die Young’schen Ungleichungen, die Ungleichungen von Hausdorff–Young; und er hat seinen Namen auch fundamentalen Ungleichungen aufgeprägt, wie z.B. den Ungleichungen von Lieb–Thirring oder den Ungleichungen von Brascamp–Lieb, die jetzt von zahlreichen Forschern auf der ganzen Welt verwendet werden.
    Mit über 80 Jahren ist Elliott immer noch aktiv. Seine untadelige Haltung spiegelt eine makellose Klarheit der Lebensführung wider, seine scharfsinnigen Kommentare werden von allen gefürchtet. Wenn er von Japan, Ungleichungen oder raffinierter Kochkunst (was auf Japanisch auch mathematische Analysis bedeutet) spricht, hellt sich sein Gesicht auf.

Elliott Lieb

Kapitel 25
    Princeton, 1. April 2009
    Der erste April, Tag der Fische und der Verrückten!
    Heute hat sich die gesamte Familie eine Episode von Lady Oscar angesehen. Marie-Antoinette, Axel de Fersen und Oscar de Jarjayes haben große Gefühle herumgewirbelt, während sich die Französische Revolution zusammenbraut.
    Und am Abend vor dem Einschlafen hören wir Gribouille [7] auf Youtube, Der Seemann und die Rose . Was für ein Wunderwerk! Das Internet hat auch gute Seiten.
    Im Laufe der letzten Woche, als ich Vorträge über die Landau-Dämpfung hielt, habe ich so viele Dinge verstanden.
    Nach meinem ersten Vortrag, als sein Ärger wieder verflogen war, hat mir Elliott wertvolle Kommentare zur begrifflichen Schwierigkeit gegeben, die mit dem Coulomb’schen periodischen Modell verbunden ist.
    Beim zweiten Vortrag habe ich die physikalischen Hauptideen des Beweises verkündet. Elliott wusste die Mischung aus Mathematik und Physik sehr zu schätzen, er hat sich wohlwollend und interessiert gezeigt.
    Beim dritten Vortrag habe ich die Lösung für Hammetts Kritik gefunden und konnte nahezu optimale Hypothesen zur Stabilitätsbedingung und zur Störungsdauer präsentieren.
    Ich habe zwar ganz frische und noch halbgare Ergebnisse vorgestellt, aber die Strategie hat sich ausgezahlt: Die Kritiken werden mir ermöglichen, meine Arbeit mit beträchtlicher Geschwindigkeit fortschreiten zu lassen! Noch einmal musste ich mich in eine verwundbare Lage begeben, um stärker zu werden.
    Und … ich habe endlich die Beziehung zu KAM verstanden!
    Es sind die verborgenen Querverbindungen zwischen verschiedenen mathematischen Gebieten, die meinen Ruf als Forscher begründet haben. Diese Verbindungen sind so kostbar! Sie ermöglichen, sowohl das eine als auch das andere der betreffenden Gebiete wie in einem Tischtennisspiel zu erhellen, wobei jede Entdeckung auf einem Ufer eine Entdeckung auf dem anderen nach sich zieht.
    Mit 23 Jahren, gemeinsam mit meinem italienischen Mitarbeiter Giuseppe Toscani: mein erstes wichtiges Resultat, die Verbindung zwischen der Boltzmann’schen Entropieproduktion, der Fokker–Planck-Gleichung und der Entropieproduktion der Plasmen.
    Zwei Jahre später, gemeinsam mit meinem deutschen Mitarbeiter Felix Otto: die verborgene Verbindung zwischen der logarithmischen Sobolew’schen Ungleichung und der Konzentrationsungleichung von Talagrand. Seither wurden zwei weitere Beweise vorgeschlagen … Diese Arbeit war der Auftakt für meine Abenteuer auf dem Gebiet des optimalen Transports; dank ihr wurde ich anschließend eingeladen, um einen Kurs auf Forschungsniveau in Atlanta zu veranstalten, der zu meinem ersten Buch geführt hat.
    Yves Meyer hatte es mir bei der Verteidigung meiner Dissertation gesagt: In Ihrer Dissertation gibt es wundersame Identitätsbeziehungen! Vor zwanzig Jahren hätte man sich über diese Arbeit lustig gemacht, man glaubte nicht an Wunder! Aber ich glaube an sie, und

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