Das lebendige Theorem (German Edition)
gab mal ’ne Rose
’ne Rose und ’n Seemann
Der Seemann war auf Formosa
Die Rose war in Dublin
Nie im Leben haben sie sich gesehen
Zu weit waren sie voneinander entfernt
Er kam nicht von seinem Schiff runter
Sie kam nicht aus ihrem Garten raus
Über die brave Rose
Flogen immer Vögel hinweg
Aber auch Wolken
Die Sonne und der Frühling
Über dem unsteten Seemann
Waren die Träume alle gleich
Im Frühling und bei Wolken
mit Vögeln und bei Sonnenschein
Der Seemann starb im September
Und am selben Tag verliert die Rose
Ihre Blüte im Zimmer
Eines Mädchens mit Liebeskummer
Niemand würde je vermuten
Dass es die geringste Verbindung
Zwischen dem Seemann von Formosa
Und der Rose von Dublin gäbe
Und einzig ein Finger auf den Lippen
Wirft ein strahlend schöner Engel
Wenn die Sonne versinkt
Blütenblätter aufs Meer.
Kapitel 26
Princeton, Nacht vom 8. auf den 9. April 2009
Version 55. Im Laufe des mühsamen Prozesses von Korrekturlesen und Ausfeilen ist eine neue Lücke aufgetreten.
Ich bin stocksauer. Das fängt ja gut an!
– Jetzt reicht’s aber! Zuvor war es der nichtlineare Teil, jetzt ist es der lineare Teil, der unter Kontrolle zu sein schien und der jetzt umkippt!
Wir haben fast überall schon von unserem Ergebnis gesprochen, letzte Woche habe ich es in New York verkündet, morgen wird Clément es in Nizza erzählen, jetzt können wir uns keinen Fehler mehr leisten, es muss wirklich stimmen!!
Dennoch gibt es ein Problem, und dieses verflixte Theorem 7.4 muss neu in Form gebracht werden …
Ich bin alleine zu Hause, die Kinder schlafen, die Stunden vergehen vor dem großen Glasfenster, das in die dunkle Nacht hinausführt. Auf dem Sofa sitzend, auf dem Sofa liegend, vor dem Sofa kniend, lasse ich alle meine Tricks spielen, ich kritzle und kritzle. Vergeblich.
In dieser Nacht gehe ich um vier Uhr morgens schlafen, in einem Zustand nahe der Verzweiflung.
Date: Mon, 6 Apr 2009 20:03:45 +0200
From: Clement Mouhot
To: Cedric Villani
Subject: Landau Version 51
Ich schicke dir die Sachen bis zu der Stelle, die ich erreicht habe, nach 120 Seiten nochmaligen detaillierten Lesens kann ich nicht mehr, ich lege einen Abend Pause ein. Ich schicke dir Version 51, die im Allgemeinen (nach detaillierter Überprüfung der E-Mails) alle deine Änderungen und Wünsche per E-Mail (Abbildungen, Bemerkungen, Abhängigkeit von Konstanten …) sowie deinen neugeschriebenen Abschnitt 10 (der aus der letzten Version 50 hervorgegangen ist, die du mir geschickt hast) und den neuen Abschnitt 12 miteinander vereint.
Ich habe meinerseits umfassend Korrektur gelesen bis einschließlich Abschnitt 9 (d.h. bis Seite 118). Es gibt recht viele NdCM [8] , die du dir anschauen musst, und eine Menge Korrekturen von Details, die mir nicht kontrovers zu sein scheinen. Von den NdCM werfen nur zwei Bedenken in den Beweisen auf (aber kein einziges Mal können sie das Ergebnis in Frage stellen): Abschnitt 7, Seite 100, und Abschnitt 9, Seite 116.
Zum weiteren Vorgehen schlage ich dir Folgendes vor: Du gehst von dieser Version 51 aus, und du nimmst dir die Abschnitte 1 bis 9 vor, um meine NdCM anzusehen und sie zu entfernen, indem du sie jeweils ausschneidest und in eine Version überführst, die wir 51-cv nennen, und ich lese die Abschnitte 10–11–12–13–14 im Detail Korrektur? (sollen wir uns einen Absendetermin für morgen Abend oder Mittwochmorgen vornehmen?)
Herzliche Grüße, Clement
Kapitel 27
Princeton, 9. April 2009
Hhhnnnnn … wie schwer doch das Aufwachen ist. Mit großer Mühe stehe ich auf und setze mich aufs Bett.
Hah?
In meinem Kopf sagt eine Stimme: Der zweite Term muss auf die andere Seite gestellt werden, dann muss man die Fouriertransformation nehmen und in L 2 invertieren.
Geht nicht!
Ich kritzele einen Satz auf ein Stück Papier, halte den Kindern eine Standpauke, damit sie sich fertigmachen, richte ihnen das Frühstück und bringe sie, durch’s nasse Gras tapsend, zur Schulbushaltestelle. Ein schöner gelbschwarzer Bus wie in den amerikanischen Filmen!
Alle Kinder steigen brav in den Bus, der sie zur Schule von Littlebrook bringt. Es ist witzig, an die Zusammenballung von Söhnen und Töchtern von Wissenschaftlern ersten Ranges zu denken, die in diesem Bus sitzen. Sieh an, hier kommen die Kinder meines Landsmanns Ngô Bao Châu, der die Pariser Region zugunsten von Princeton verlassen hat. Ngô machte wegen
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