Das lebendige Theorem (German Edition)
und einem schleimigen Diogenes bevölkert wird, welche Jungs und Mädchen bei den Feten herumwirbeln ließen, als ich zwanzig war. Die Dramatiker, die das Publikum in Schwingung versetzen, Brel, der an den Großen Bären genagelt brüllt, Utgé-Royo, der Debronckarts verbotenes Chanson Mutins de 1917 wieder zum Leben erweckt hat, Ferrat, der das erwachende Kind begrüßt und jene beweint, die dem Unglück Marias anheimgefallen sind, Tachan, der schreit, dass er kein Kind haben will! Und die Elfen, die einen aus der Fassung bringen, Kate Bush und ihr Army Dreamer , France Gall und ihr Petit Soldat , Loreena McKennitt und ihr Bandit de grand chemin , Tori Amos, die sich in Joyeux Fantôme selbst träumt, Jeanne Cherhal, die Un trait danger schreit, Amélie Morin, die mit sanftem Fluch Rien ne va plus anstimmt. Und meine Lieblinge, die Tigerinnen, bei denen man eine Gänsehaut bekommt: Melanie, die die Leute in ihrer Umgebung barsch anfährt, Danielle Messia, die darüber weint, dass sie verlassen wurde, Patti Smith, die Because the Night singt, Ute Lemper, die über das Schicksal von Marie Sanders von Mitleid erfüllt ist, Francesca Solleville, die die Commune wiederbelebt, Juliette, an der ein Junge verloren gegangen ist, Nina Hagen, die Kurt Weill faucht, Gribouille, die ihre Raben hinausschreit, das überwältigende Duo Moullet-Ribeiro, das den Frieden, den Tod und den Vogel vor der Tür besingt!
Um neue Musik aufzustöbern, darf man keine Möglichkeit auslassen. Konzerte, Diskussionsforen, frei zugängliche Musiksites … und natürlich das vorbildliche Webradio Bide & Musique , das mir ermöglicht hat, Évariste, Adonis, Marie, Amélie Morin, Bernard Brabant oder Bernard Icher zu entdecken, die Startbahnen auf den Champs-Élysées und die Diskohymnen auf den Ruhm Moskaus.
In der Forschung ist es das Gleiche: Man forscht nach allen Seiten, man liegt auf der Lauer, man hört sich alles an, und dann ist man von Zeit zu Zeit Feuer und Flamme und stürzt sich mit Haut und Haaren in ein Projekt, man wiederholt es sich Hunderte von Malen, und nichts oder nur ganz wenig anderes zählt mehr.
Manchmal stehen die beiden Welten miteinander in Verbindung. Bestimmte Musikstücke, die mich während der Arbeit unterhalten haben, sind für immer mit Höhepunkten meiner Forschung verbunden.
Wenn ich Juliette Monsieur Vénus grölen höre, sehe ich mich wieder unter einem Dachfenster in Lyon, 2006, wie ich meine Beiträge zum Internationalen Mathematikerkongress überarbeite.
Comme avant von der schelmischen Amélie Morin oder Hung Up on a Dream von den melodiösen Zombies versetzen mich in den Sommer 2007 in eine Wohnung in Australien, wo ich im Kontakt mit den besten Experten zu dem Thema die Theorie der Regularität des optimalen Transports gelernt habe (und wo ich mich für die Abenteuer von L, M und N in Death Note begeisterte, aber das ist eine andere Geschichte).
Wenn Marie Laforêt Pourquoi ces nuages mit diesen unvergleichlichen Nuancierungen in ihrer zugleich zarten und gewaltigen Stimme anstimmt, bin ich wieder in Reading, im Winter 2003, und erkunde die Geheimnisse der Hypokoerzivität.
Ein Chanson ohne Titel der ungestümen Jeanne Cherhal versetzt mich in eine Sommerschule über Wahrscheinlichkeitstheorie in Saint-Flour, im Jahr 2005, wo ich unter dem Beifall der Menge das Tischtennisturnier gewonnen habe.
Prokofiews Konzert Nr. 2, dessen vierter Satz mich zum Weinen bringt, hörte ich in Atlanta im Herbst 1999 fast jeden Tag, als ich an meinem ersten Buch über den optimalen Transport arbeitete.
Mozarts Requiem weckte mich jeden Morgen auf, als ich 1994 die Agrégation bestand.
Und die Impressions Baroques des Pär Lindh Project hallen für immer in der Tiefe einer isländischen Winternacht wider, nach einem triumphalen Vortrag am Abend eines Kolloquiums im Jahr 2005.
Erlebnisse, die mit der Hoffnung auf eine Entdeckung und zugleich mit der Frustration über die Unvollkommenheit oder über einen Beweis, bei dem man ahnt, dass er flüchtig ist, beladen sind. Die Mischung aus Glück und Leid in der Forschung, das Vergnügen, sich lebendig zu fühlen, diese Gefühle werden auf so passende Weise von Musikstücken begleitet, die vor Leidenschaft überströmen.
Heute Abend bin ich nicht anderswo, sondern hier in Princeton, und Ribeiro wird mich bei meinen Anstrengungen begleiten. Es ist unmöglich, sie im Handel zu finden, zum Glück gibt es das Web: einige Stücke auf ihrer Internetsite und dann die großartige
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