Das leere Land
hat diejenigen, die die Seinen waren, hinausgewischt aus den Uferfluren und dann selbst die leere Einöde verlassen. Nach diesem Leerwischen blieben nur das Nichts zurück und die Kreaturen des Nichts, die Barbaren, die Geistlosen, die Seelenlosen, die sich dann eineinhalb Jahrtausende lang festkrallten in den Dreck, den sie Scholle nannten und Ackerfurche, und die heute noch sitzen auf ihren Feldern und ihren Tausend-Quadratmeter-Grundstücken rund um ihre Einfamilienhäuser und auf ihren Parkplätzen und ihren Betriebsbaugründen und Gewerbegebieten und ihren Uferzugangsberechtigungen, und die sich immer noch wehren mit Zähnen und Klauen und Parteisekretariaten gegen die Völkerwanderung, gegen alles, was wandert, und vor allem gegen alles, was aus dem Osten kommt.
Kateri Tegagouita, Heilige Jungfrau, die du eine Heimat besaßest, Gefährtin Jesu, Tochter Mariens, die du in jener Heimat lebtest, die meine sein sollte, vollkommene Lilie der Reinheit, lass mich aufhören zu wüten!
Im Netz fand ich eine Seite, in der sie zu einem Gebetssturm aufriefen für die Selige Kateri, Lilie der Huronen, auf dass sie erhoben werden möge in den Rang und Stand einer Heiligen. Karol aus Polen hatte sie im dritten Jahr seiner Amtszeit und dreihundert Jahre nach ihrem ach so frühen Tod selig gesprochen, als ersten indianischen Menschen, darauf muss man nicht stolz sein, es ist vielmehr eine Schande, dass sie auf dem eroberten Kontinent nur einmal in Jahrhunderten jemandem diese Ehre zuteil werden ließen. Kateri, verwirrtes, von den Pocken zerstörtes Kind, Selige wurdest du, mehr nicht, für eine Heilige warst du Wojtyłas nur notdürftig zischfrisch jugendlich übertünchter, dabei aber kalt und steif wie seit Jahrhunderten erstarrter Kirche zu wild, zu roh, zu rothäutig, zu heidnisch. Aber jetzt rufen ihre Freunde, offensichtlich durchwegs keine aboriginalen Menschen, denn konsequent nennen sie die Selige beim englischen Namen, im Netz alle Webseitenbesucher auf, beständig, vielmals und beharrlich das Tegagouita-Gebet zu sprechen, bis die indianische Jungfrau erhoben sei zur Ehre der Altäre. Oh Gott, der du, neben vielen anderen Wunderzeichen deiner Gnade, auf den Bänken des Mohawk und des Lorenzstroms die reine und zarte Lilie blühen ließest, Catherine Tegagouita; Gott, dich beschwören wir um eine Gabe als Gegengabe für die Gaben, die wir durch ihre Fürbitten erhalten: Lass diese junge Geliebte Jesu und Geliebte dessen Kreuzes bald schon zu den Heiligen der Heiligen Mutter Kirche zählen, und lass unsere Herzen erfüllt werden von einem beständig wachsenden Wunsch, ihrer Unschuld und ihrem Glauben nachzueifern.
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Ich bin in Wien!, schrie sie ins Handy. Ich sitze fest! Ich brauche Hilfe. Was ich da tun könne, fragte ich, ob ich sie nicht abholen und heimfahren könne, sagte sie, und dass sie sich in Wien mit Typen eingelassen hätte, die nun zum Problem würden, sie müsse unbedingt weg, habe aber keinen Cent mehr, und die Bankomaten gäben auch nichts mehr raus. Eigentlich sei ich intensiv am Schreiben, sagte ich, mit dem Herumfahren in Sachen Severinus sei ich fertig, wenn überhaupt, dann wolle ich nur noch einmal Passau besuchen, die Ausgrabungen ansehen, Batavis, Boiotro, mich sozusagen einfühlen, mir vorstellen, die ausgestellten Fundamente wären das Baptisterium, in dem jenes grausame Abschlachten stattgefunden hatte.
Bitte. Hilf mir.
Ja, sagte ich ohne zu überlegen. Wo bist du?
Keine Ahnung. Irgendwo in Wien.
Zum Westbahnhof findest du?
Sicher.
Ich komme zum Haupteingang. Warte dort auf mich.
Wann kannst du kommen? Es ist schon so spät.
In spätestens drei Stunden bin ich da.
Danke, sagte sie leise.
Die Welt ist aus den Fugen. Alles ging in die Brüche. Ein ständiges Morden und Brandschatzen und Zerstören von Städten setzte ein nach dem Verschwinden des Ordnungswillens und der Zusammenhaltungskräfte der imperialen Macht, lange schon waren römische Kraft und Macht verblasst, nun, da die Herrschaft offiziell untergegangen war, brach die Mordlust aus wie ein Vulkan, in der Darstellung Eugipps. Schlögen wurde dem Erdboden gleichgemacht. Dann massakrierten die Barbaren Passau, gleich zweimal. Wieder hörte man nicht auf die Warnungen des Severinus.
Selbst die Priester verspotteten ihn. Geh schnell fort, du Heiliger, spottete ein Presbyter zu Passau, erfüllt vom Geist des Teufels, damit wir uns ein wenig vom Fasten und Nachtwachen ausruhen können. Die offenkundige Narrheit trieb
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