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Das Legat der Toten

Das Legat der Toten

Titel: Das Legat der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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er jemand mahnen.
    Um ihn herum war es kalt. Dunkle Fliesen sahen aus wie ein düsterer Teppich. Hoch über ihm verschwand die Decke in einem grauen Dämmerlicht. An zwei Säulen ging er vorbei und betrat das Mittelschiff.
    Sein Blick glitt hinüber bis zur anderen Seite. Er sah mit seinen scharfen Augen den Altar und spürte einen scharfen Stich in der Brust. Es waren alles Dinge, die er haßte. Er verfluchte sie, und er verfluchte die Menschen, die nicht auf seiner und der Seite der Hölle standen.
    Alles um ihn herum war feindlich. Jeder Bischof, der sich hier in der Kirche aufhielt. Jeder Atemzug konnte ihm nicht gefallen. Die Wände, die Decke, der Fußboden, die Menschen, sie alle wollten ihn zurückdrücken und forttreiben.
    Das war nicht seine Welt, doch es würde seine werden. Das schwor sich Booker.
    Deshalb blieb er noch nahe dem Ausgang stehen und kämpfte. Es war der Kampf auch mit sich selbst. Er allein mußte die Brücke überschreiten. Es war niemand da, der ihm half, und seine innerliche Zerrissenheit spiegelte sich auch auf seinem Gesicht wider. Es hatte sich in eine böse Fratze verwandelt, und es war nicht mehr nur ein Gesicht. In das sichtbare hatte sich etwas hineingeschoben, das aus einer dunklen Tiefe nach oben gelangt war.
    Das wahre Gesicht. Die Grausamkeit. Das Urböse. Es kam durch. Es konnte nicht anders in dieser Umgebung, und seinen Kampf führte er fort, sogar unter Qualen.
    Er krümmte sich. Er widerstand den Angriffen. Er dachte sogar an Flucht, um die Folter nicht zu erleben. Hier in dieser großen Kirche war die Macht geballt, die sein Feind war. Er mußte ihn besiegen. Er durfte sich nicht aufhalten lassen.
    Er schwankte. Er keuchte, preßte seine Hände gegen das Gesicht, auch gegen den Körper, als wollte er sich sein Herz aus dem Leib reißen. Dabei berührte er das große Kreuz auf der Brust.
    Es stand auf dem Kopf. Es war der Hölle geweiht, und er spürte, wie es brannte. Unsichtbare Flammen tanzten auf seinem Körper, die in jede Pore eindrangen. Vor Schmerzen jammerte er auf. Der Haß wurde wieder in ihm hochgespült. Er begann sein Schicksal zu verfluchen, doch er machte sich nicht auf den Rückweg.
    Zu lange hatte Booker existiert, um jetzt aufzugeben. Auch wenn er daran zugrunde ging, er peitschte es durch. Wenn er nicht siegte, war er es auch nicht wert, weiterhin zu existieren.
    An einer Säule sackte er zusammen. Er klammerte sich fest. Die Stimmen der Versammelten erreichten seine Ohren. Die Gemeinde sang ein Lied. Es brauste ihm entgegen. Es tat weh, die Worte hören zu müssen, weil sie so entgegengesetzt zu seinen Handlungen standen.
    Aber er hielt stand.
    An der Säule zog er sich hoch. Sie war sehr dick, und er mußte sie schon mit beiden Händen umfassen, um wieder richtig auf die Beine zu kommen.
    Zitternd blieb er stehen, das Gesicht noch gesenkt. Er merkte, daß es darin arbeitete. Auf der Oberfläche brannte es, allerdings auch unter der Haut, aber Booker wußte auch, daß er es geschafft hatte. Der erste große Schrecken war vorbei. Er hatte die unsichtbare Tür schadlos hinter sich gelassen.
    Noch neben der Säule stehend, schaute er nach vorn. Die Augen glänzten matt. Seine Lippen, eine Mischung zwischen Mund und Maul, zuckten, und aus ihnen drangen zischende Geräusche.
    Er sah wieder alles klar. Für eine so große Kirche verteilten sich recht wenige Besucher in der Nähe des Altars in den ersten beiden Bankreihen. Der Mittelgang war leer. Seine Oberfläche glänzte matt im Schein der Deckenlampen. Es waren insgesamt sechs, und sie besaßen die Form glänzender Helme, die unten offen waren.
    Aus der ersten Bank löste sich ein Mann. Er trug eine dunkle Soutane. Booker hatte damit gerechnet, daß der Geistliche zum Altar gehen würde, doch da irrte er sich. Der Mann schritt auf die Kanzel zu, die an einer Säule in einer gewissen Höhe ihren Platz gefunden hatte. Sie war, wie auch die gesamte Kirche in ihrem Innern recht schmucklos. Aus Stein gemauert, mausgrau und mit einem Holzrand versehen, der auf der Kante eine Ablage bildete.
    Es war so still in der Kirche, daß die Echos der Schritte bis in den hinteren Teil hallten.
    Der Bischof stieg die Treppe hoch. Sie drehte sich einmal nach links, bevor der Mann die Kanzel betreten konnte und dort einen Platz einnahm, von der aus er die Kirche am besten überblicken konnte.
    Die Gestalt des dünnen Mikrofons sah aus wie ein erstarrter Schlangenkörper. Der Bischof, er war schon älter, rückte sich die

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