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Das letzte Buch

Das letzte Buch

Titel: Das letzte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Zivkovic
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sie mich auch sehen? Sie haben Videokameras aufgestellt,
     nicht nur Mikrofone, was?«
    Ich holte tief Luft.
    »Wahrscheinlich. Aber betrachte das mal von der heiteren Seite. Nun brauchst du dich wenigstens nicht mehr mit Olga anzulegen
     wegen der Installation einer Videoüberwachung.«
    Ihre Stimme wurde etwas höher. »Du findest das zum Lachen und bist doch selbst ein Opfer der Geheimpolizei! Du kannst nicht
     mal in deinem eigenen Auto sprechen!«
    »Ich wäre ein Opfer, wenn ich nicht wüsste, dass man mich abhört. Aber der Hauptkommissar hat es mir zu verstehen gegeben.«
    »Warum hört überhaupt eine Polizeiabteilung die andere ab? Seid ihr denn nicht alle ein Teil desselben Teams?«
    Ich fuhr mir mit den Fingern durch die Haare.
    »Das sind wir natürlich. Aber deshalb gibt es ja die Abteilungen, damit sie selbstständig arbeiten können. So ist die Polizei
     eben eingerichtet. Natürlich arbeiten wir auch miteinander, aber wie man sieht, unterscheidet sich unsere Auffassung von Zusammenarbeit.
     Manchmal geht sie glatt, und manchmal erfolgt sie durch andere Mittel. Zum Beispiel durch Abhören. Ich stimme zu, das alles
     mag Außenstehenden kompliziert erscheinen.«
    »Sehr kompliziert. Aber lassen wir mal die Beziehungen innerhalb der Polizei. Was bedeutet es, dass sie den Laden nicht schließen
     werden?«
    |127| »Das bedeutet, dass sie wahrscheinlich keine Spuren einer terroristischen Tätigkeit gefunden haben.«
    Die Kellnerin unterbrach uns, sie trug Suppe auf und wünschte uns einen guten Appetit. Ihre piepsende Stimme passte nicht
     zu ihrer Leibesfülle.
    Der Hunger gewann die Oberhand über die Neugierde. Wir aßen die Suppe schweigend, schneller, als es der Anstand gebot. Vera
     begann erst wieder zu reden, als wir die Hauptmahlzeit schon beinahe verspeist hatten.
    »Was für Spuren haben sie denn gesucht?«
    Zwischen zwei Bissen zuckte ich die Schultern.
    »Ich weiß nicht. Jedenfalls etwas in Verbindung mit Büchern. Bestimmt haben sie alle durchgesehen.«
    »Alle? Weißt du, wie viele Bücher wir haben?«
    »Viele, ich weiß. Aber ich weiß auch, wie effizient sie sind. Übrigens haben sie sich recht lange aufgehalten.«
    »Wenn sie nichts gefunden haben, weshalb überwachen sie uns dann? Du hast mir gesagt, alles Geringere als Terrorismus sei
     unter ihrer Würde.«
    »Vielleicht ist es nicht geringer.«
    »Aber der Hauptkommissar hat gesagt …«
    »Der Hauptkommissar hat ganz wenig gesagt. Er ist sehr geschickt darin, fast gar nichts zu sagen. Er hat nicht abgestritten,
     dass es sich um Terrorismus handelt. Wenn sie nichts gefunden haben, der Laden sie aber weiterhin interessiert, dann ist der
     Terrorismus noch im Spiel.«
    Eine Zeit lang kaute sie nur nachdenklich.
    »Wäre es nicht besser, wenn sie die Buchhandlung doch geschlossen hätten?«
    »Weshalb?«
    »Dass sie keine Spur gefunden haben, bedeutet gar nichts. Wenn die Terroristen eine neue biologische Waffe einsetzen, wie
     du gesagt hast, dann ist sie vielleicht gar nicht zu entdecken. Es ist gut möglich, dass sich in unseren Regalen |128| immer noch das eine oder andere vergiftete Buch befindet.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein. Wenn es so wäre, dann wäre jemand aus der Equipe von Hauptkommissar Milenković zu Schaden gekommen. Vergiss nicht,
     sie haben alles geprüft. Wenn die Bücher nicht in Ordnung wären, hätten sie euch nicht weiterarbeiten lassen.«
    Sie trank ein halbes Glas Mineralwasser.
    »Aber wenn alle Bücher sicher sind, warum sind dann die Leute gestorben? Wie der Hauptkommissar sagte, eine Todesursache
muss
es geben!«
    »Ja, natürlich. Das könnte auch weiterhin ein Buch sein.«
    Die Gabel blieb ihr auf halbem Wege zum Mund stehen.
    »Aber wenn kein Einziges vergiftet ist?«
    »Na, das betreffende Buch befindet sich wohl nicht mehr im Laden …«
    »Glaubst du, jemand habe es inzwischen gekauft?«
    »Oder gestohlen. Egal. Wie er es auch erlangt haben mag, er ist ebenfalls daran gestorben. Wenn überhaupt ein Buch schuld
     ist, so ist es offenbar lebensgefährlich!«
    Sie hörte auf zu kauen.
    »Frau Stojanović …«
    Ich nickte.
    »Das heißt also, das Buch ist in ihrer Wohnung?«
    »Wenn es da ist, dann habe ich es nicht erkannt. Ich war gegen Mittag dort, als die Leiche hinausgetragen wurde. Alle Bücher
     befinden sich in einem Regal im Salon. Kein Einziges ist mir verdächtig vorgekommen.«
    Sie legte Messer und Gabel auf den Teller und wischte den Mund mit der Serviette ab.
    »Hast du

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