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Das letzte Buch

Das letzte Buch

Titel: Das letzte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Zivkovic
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mir etwas ein. Rasch zog ich mein Notizbuch und den Stift hervor und notierte eine
     Nummer. Ich riss das Blatt heraus und gab es ihr.
    »Ich habe eine neue Handynummer. Wenn es nichts Dringendes ist, dann schicken Sie mir lieber eine SMS.«
    Sie wollte gerade nach einer Erklärung fragen, da kam der Lift.

|174| 31.
    Kaum war ich wieder in meinem Büro, da erreichte mich eine SM S-Botschaft über das neue Handy. Zuerst dachte ich, Fräulein Bogdanović sei noch etwas aus dem Traum eingefallen oder sie probiere einfach
     die neue Verbindung zu mir aus, doch es war Vera.
    KOMM WENN DU KANNST.
    Ich schnappte meinen Mantel und eilte hinaus, begleitet von dem verdutzten und neugierigen Blick des Kollegen Petronijević.
     Ich hatte nicht die Geduld, auf den Fahrstuhl zu warten, sondern rannte die vier Etagen bis zur Tiefgarage hinunter.
    Als ich das Auto auf die Straße gefahren hatte, griff ich nach dem alten Handy und rief die Buchhandlung an.
    »Papyrus, guten Tag«, meldete sich Vera. Ihre Stimme klang nicht allzu beunruhigt.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht«, antwortete sie gedämpft.
    »Du weißt nicht?«
    »Noch nie waren am Montagvormittag so viele Leute in der Buchhandlung.«
    »Ich komme.«
    Ich schaltete das Blaulicht ein und gab Gas. Zum Glück war der Berufsverkehr vom Morgen schon vorüber, sodass ich in weniger
     als zehn Minuten am Ziel war.
    Ich öffnete die Tür der Buchhandlung und schaute ungläubig |175| hinein. Abgesehen von Vera an der Kasse war nirgends eine lebende Seele.
    »Wo sind sie?«, fragte ich und ging auf sie zu.
    »Weggegangen. Alle. Ich hatte kaum das Gespräch mit dir beendet.«
    »Wie viele waren es?«
    »Mehr als dreißig, würde ich sagen. Es ging vor gut einer halben Stunde los. Sie kamen einer nach dem anderen oder paarweise
     herein. Es waren schon mindestens fünfzehn, als ich endlich begriff, dass etwas nicht in Ordnung ist. Ich hätte dich sofort
     anrufen müssen, aber ich habe mich nicht gleich zurechtgefunden.«
    Ich lächelte ihr zu.
    »Du hast es ausgezeichnet gemacht!«
    »Zu viele Telefone«, sagte sie fast flüsternd.
    Ich nickte.
    »Was haben sie gemacht?«
    »Sie sind nach allen Seiten ausgeschwärmt. Es ging ungewöhnlich lebhaft zu für eine Buchhandlung. Wie auf einer Cocktailparty.
     Ich wusste nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte.«
    »Haben sie Bücher aus den Regalen genommen?«
    »Ich denke, ja. Aber ich bin nicht sicher. Meistens war mir die Sicht versperrt.«
    »Haben sie etwas zu dir gesagt?«
    »Zwei haben mich nach irgendwelchen seltsamen Titeln gefragt, die ich noch nie gehört habe. Sie haben mich gebeten, in der
     Datenbank nachzuschauen, aber ich habe nichts gefunden.«
    »Hast du jemanden erkannt?«
    »Ich meine, drei oder vier Leute von denen schon hier gesehen zu haben. Aber ich weiß nichts über sie.«
    »War einer der Patienten dabei?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    |176| »Keiner der echten.«
    Ich schaute mich in der Buchhandlung um und seufzte.
    »Sie haben das
letzte Buch
zurückgebracht.«
    Vera sah mich an und blieb eine Weile stumm.
    »Wo ist es?«, flüsterte sie schließlich.
    Ich machte eine weit ausholende Geste.
    »Hier irgendwo.«
    »Woher weißt du das?«
    »Es war alles eine Vorstellung. Dass sie dir die Sicht versperrt haben, dass du nach nicht existierenden Büchern suchen sollst.
     Aber nicht nur du solltest getäuscht werden. Für dich hätten schon zwei, drei Schauspieler gereicht. Ein ganzes Ensemble war
     hier, um weitaus aufmerksamere Augen irrezuführen.«
    »Meinst du …?«
    Ich nahm das alte Handy heraus und begann mit dem Finger rasch auf die Tasten zu drücken. Es klingelte neunmal, als sich endlich
     jemand meldete.
    »Ich höre.«
    Ich hob den Blick zu den oberen Ecken der Geschäfts.
    »In welche Richtung soll ich schauen?«
    »Wohin Sie wollen.«
    »Wo haben sie es hingestellt?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Also spielen wir auch weiter Blindekuh? Beklagen Sie sich hinterher nicht wegen schlechter Zusammenarbeit.«
    »Glauben Sie, ich wäre nicht schon längst da, wenn ich wüsste, wo es ist? Wir werten die Aufnahme sorgfältig aus, aber wir
     haben noch nichts herausgefunden. Sie sind sehr geschickt.«
    »Sind Sie ihnen gefolgt, nachdem sie hinausgegangen waren?«
    »Wir haben sie aus den Augen verloren.«
    »Alle? Aber es waren doch mehr als dreißig!«
    |177| »In der Villa dort waren es über fünfzig, und die waren alle in zwanzig Sekunden spurlos verschwunden.«
    »Warum haben

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