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Das Letzte Einhorn und Zwei Herzen

Titel: Das Letzte Einhorn und Zwei Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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gebannt, so wie er gelernt hatte, Greife und Schimären mit festem Blick zu bannen. Ihre bloßen Füße schmerzten ihn tiefer, als es irgendein Stoßzahn oder eine messerscharfe Klaue je getan. Doch er war ein Held.
    Die Lady Amalthea sprach: »In meinem Traum sind schwarze, vergitterte Wagen und Tiere, die sind und nicht sind, und ein geflügeltes Wesen, das im Mondlicht klirrt wie Eisen. Der große Mann hat grüne Augen und blutige Hände.«
    »Der große Mann muss dein Onkel sein, der Zauberer«, grübelte Prinz Lír. »Dieser Teil ist klar genug, die blutigen Hände überraschen mich übrigens nicht. An seinem Anblick hat mir nie viel gelegen, wenn du meine offene Rede verzeihen willst. Ist das der ganze Traum?«
    »Ich kann ihn dir nicht ganz erzählen«, sagte sie, »denn er ist nie zu Ende.« Angst kehrte in ihre Augen zurück, wie ein großer Stein in einen Teich fällt: Alles wölkte sich wirbelnd, schnelle Schatten schossen überallhin. »Ich laufe von einem guten, sicheren Ort weg, und die Nacht rings um mich steht in Flammen. Doch zur gleichen Zeit ist es Tag und ich wandle in warmem, herbem Regen unter großen Buchen, Schmetterlinge und süße Töne umgeben mich, getüpfelte Straßen und Städte wie Fischgräten, und das geflügelte Wesen tötet die alte Frau. Ich laufe und laufe, lauf in das eisige Feuer, kann nicht entrinnen, und meine Beine sind die Beine eines Tieres…«
    »Lady«, unterbrach Prinz Lír sie, »Lady, ich bitt Euch, nicht weiter!« Ihr Traum schob sich wie ein Abgrund zwischen sie, plötzlich lag ihm nichts mehr daran, seine Bedeutung zu ergründen. »Nicht weiter«, sagte er.
    »Aber ich muss weiter«, erwiderte die Lady Amalthea, »denn er kommt nie zu einem Ende. Selbst wenn ich wach bin, kann ich nicht unterscheiden, was Wirklichkeit ist und was Traum, wenn ich gehe, esse und spreche. Ich erinnere, was nicht geschehen sein kann, und vergesse, was mir jetzt geschieht. Menschen sehen mich an, als sollte ich sie kennen, und in dem Traum kenne ich sie; und immer näher kommen die Flammen, obwohl ich wach…«
    »Nicht weiter!«, rief er verzweifelt. »Eine Hexe hat dieses Schloss erbaut, und wenn man hier von Albträumen spricht, werden sie wahr.« Nicht ihr Traum machte ihn frösteln, sondern die Tatsache, dass sie nicht weinte, während sie ihn erzählte. Als Held verstand er weinende Frauen und wusste, wie man sie tröstet – gewöhnlich, indem man etwas umbrachte –, doch ihr gefrorenes Entsetzen verwirrte und entmutigte ihn. Ihr unbewegtes Gesicht ließ seine vornehme Würde zerbröckeln, auf die er so stolz gewesen war. Als er wieder sprechen konnte, klang seine Stimme jung und stammelnd.
    »Ich würde dir mit mehr Artigkeit den Hof machen, wenn ich wüsste, wie. Meine Drachen und Heldentaten langweilen dich, doch sie sind alles, was ich zu bieten habe. Ich bin noch nicht sehr lange ein Held, und bevor ich einer wurde, da war ich überhaupt nichts als meines Vaters weicher, törichter Sohn. Mag sein, dass ich jetzt nur auf eine andere Art töricht bin, doch bin ich jetzt hier, und du tust Unrecht, wenn du dir nicht von mir helfen lässt. Es müsste ja nicht unbedingt eine Heldentat sein, nur etwas Nützliches.«
    Da lächelte ihn die Lady Amalthea an, zum ersten Mal, seit sie in König Haggards Schloss weilte. Es war ein winziges Lächeln, eine schmale Sichel Licht an der Grenze zur Nacht, doch Lír neigte sich ihm zu, um sich zu wärmen. Er hätte gerne seine Hände um dieses Lächeln gelegt und es heller gehaucht, wenn er das gewagt hätte.
    »Sing etwas für mich«, sagte sie. »An diesem einsamen, dunklen Ort deine Stimme zu erheben, das wäre tapfer – und nützlich. Sing für mich, singe laut, lösche meine Träume aus, bewahre mich davor, das zu erinnern, was mich quält. Sing für mich, mein Prinz und Gebieter, ich bitte dich. Es mag keine Heldentat sein, doch ich wäre froh darüber.«
    Also sang Prinz Lír munter drauflos, mitten auf der eisigen Treppe, und viele klamme, unsichtbare Tiere plumpsten und huschten vor der taghellen Fröhlichkeit seiner Stimme in ihre schützenden Löcher. Er sang die ersten Worte, die ihm in den Sinn kamen, und die gingen so:

    Als ich jung war und viel von mir man hielt,
    verwöhnten mich die Frauen mit Küssen und Kosen.
    Ich sprach nie von Liebe, doch ich wusste, ich log,
    gelangweilt pflückt ich ihre Herzen wie Rosen.

    Ich sagte mir: Keine von ihnen allen kann
    das Geheimnis, das ich berge, benennen.
    Ich harre der Einen, die

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