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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Waffen über der Schulter gelingt es mir, die Armbrust zu laden und die Sehne zu spannen.
    In vollem Lauf werfe ich mich herum und schreie: »Runter!«
    In dem Augenblick, als Galcerán sich zu Boden wirft, ziehe ich den Abzug durch. Der Bolzen trifft. Ich lade nach, ziele und … schieße.
    Der Bolzen verletzt den zweiten Türken an der Schulter. Schreiend rutscht er aus und stürzt auf den Steinboden.
    Kein Sieg. Nur ein kurzer Aufschub.
    Galcerán springt auf und kommt zu mir herüber. »Du hast mir das Leben gerettet«, keucht er.
    »Nein.« Ich deute auf seinen Habit. »Du hast meines in Gefahr gebracht. Weißes Kreuz auf schwarzem Grund. Damit bietest du ein gutes Ziel.«
    »Du hast sie verfehlt.«
    Wortlos lade ich nach und spanne die Armbrust.
    »Du hättest auf mich schießen können.«
    »Mein Großvater hat mich nicht nur das Kämpfen gelehrt, sondern auch, was Ehre bedeutet. Selbst gegenüber Verrätern wie dir.« Ich richte die gespannte Armbrust kaltblütig auf Galcerán.
    Er hebt beide Hände. »Verschwinde!«
    »Ich könnte dir …«
    Mein Finger krümmt sich um den Abzug. »Und jetzt mach, dass du wegkommst! Du bringst mich nur in Gefahr!«
    »Aber du bist Italienerin …«
    »Du irrst, ich bin Tscherkessin. Ich gehöre dem Mameluckensultan. Uthman hat Mehmed ein Regiment seiner Kriegssklaven geliehen, damit er die Christen das Fürchten lehrt. Erst vernichtet Mehmed das Byzantinische Reich, dann zerschlägt Uthman den Johanniterorden, dessen Beutezüge die ägyptische Küste bedrohen, von Syrien bis Libyen. Capisci?«
    »Ich hab’s verstanden.« Galcerán gibt nicht auf. »Aber du …«
    »Ich meine es ernst! Komm nie wieder in meine Nähe! Das nächste Mal schieße ich! Verlass dich drauf!«
    Ich senke die Armbrust, wende mich um und haste weiter durch die Gänge des Palastes in den marmornen Empfangssaal, wo Cesare und ich vorhin unsere Pferde zurückgelassen haben.
    Der Saal ist leer.
    »Al-Mansur!«, rufe ich. »Y’allah!«
    Kein Wiehern, kein Schnauben, nichts.
    Galcerán bleibt keuchend neben mir stehen.
    »Al-Mansur!« Ich stecke zwei Finger in den Mund und stoße einen schrillen Pfiff aus.
    Weder Al-Mansur noch Il Fiorentino sind hier.
    Verdammt.
    Galcerán sieht mich von der Seite an. »Um noch einmal auf das Thema von eben zurückzukommen …«
    Wie heißt es auf Katalanisch? Tots els camins porten a Roma. Alle Wege führen nach Rom.
    Aber selbstverständlich willst du bei mir bleiben, Galcerán, nicht wahr? Und beim Mandylion. Wie ich willst du nach Rom. Nur der Papst kann deine Exkommunikation aufheben. Nur er kann dafür sorgen, dass du dem Höllenfeuer entkommst, in das ich dich gestoßen habe. Du musst mich und das Mandylion retten.
    Hat Jibril dir nicht gesagt, dass ich ein rachsüchtiges Biest bin? Das Massaker an meinen Ehemännern werde ich niemals vergeben. Jibril nicht, und dir auch nicht, Galcerán. Niemals.
    »Also gut«, lenke ich schließlich ein.
    Da guckt er!
    »Kleine Planänderung. Tausche zwei Pferde gegen einen Ritter.«
    »Ein guter Handel«, versichert er mir – erleichtert, wie mir scheint.
    »Für dich, aber nicht für mich«, stutze ich seine Selbstgefälligkeit auf ein erträgliches Maß. »Aber ich stelle die Bedingungen. Regel eins: Du hältst fünf Schritte Abstand und kommst mir nicht zu nahe, nicht beim Kämpfen, nicht beim Essen, nicht beim Schlafen. Regel zwei: Du hältst dich immer in meiner Sichtweite. Ich will jederzeit wissen, wo du bist. Regel drei: Du legst deinen Habit ab. Wenn du dich an Regel eins, zwei und drei hältst, erschieße ich dich nicht.«
    »Ich darf den Habit nicht ablegen«, wendet er ein. »Die Ordensregel gebietet mir …«
    »Du bist kein Johanniter mehr, schon vergessen? Du bist nicht einmal mehr ein Christ.«
    Er stößt einen katalanischen Fluch aus.
    »Regel vier: Hör auf zu quasseln. Tu einfach, was ich dir sage, und wir kommen sehr gut miteinander aus. Capisci?«
    Er verdreht die Augen, gibt aber schließlich nach und legt den schwarzen Wappenrock mit dem weißen Zackenkreuz der Johanniter ab. Er faltet ihn zusammen und schiebt ihn über seinem Herzen unter die Rüstung. Die Ordensregel bleibt somit gewahrt.
    Ich schultere die schwere Tasche.
    »So, und jetzt komm endlich! Mein Schiff nach Venedig setzt schon die Segel.«

Kapitel 79
    Vor dem Blachernen-Palast
29. Mai 1453
Viertel vor neun Uhr morgens
    Galcerán und ich verlassen den Kaiserpalast und wenden uns nach Nordosten, zum Goldenen Horn.
    Die Paläste an der

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