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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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rückwärtsstolpert und ins Taumeln gerät.
    Jetzt muss es schnell gehen!
    Ich setze ihm nach, packe den Leuchter noch fester und prügele auf Murat ein. Er reißt die Arme hoch, um sein Gesicht zu schützen, und taumelt noch ein Stück zurück. An den Altarstufen bleibt er stehen, stellt sich dem Kampf, reißt sein Schwert hoch und lässt es auf mich niedersausen.
    Mit einem metallischen Schwingen prallt die Klinge auf den Leuchter und ratscht daran entlang. Noch im selben Augenblick reiße ich den Kerzenständer mit aller Kraft hoch und drehe mich um die eigene Achse, um Murat den Kerzendorn in die Brust zu stoßen.
    Ich verfehle ihn nur um Haaresbreite.
    Fluchend stolpert der Yeniçeri die Altarstufen hinunter und weicht ins Hauptschiff zurück. Er hat begriffen, dass der Leuchter als Schlag- und Stichwaffe gefährlicher ist als zunächst angenommen. Die Klinge eines Schwertes kann seinem schweren Kettenhemd kaum etwas anhaben – der lange und spitze Kerzendorn dringt jedoch bei einem kräftigen Stoß von vorn mühelos durch die Kettenglieder.
    Mit einem Aufschrei geht er wieder auf mich los, hebt das Kilij zum Todesstoß und hetzt mit großen Schritten auf mich zu. Ich rühre mich nicht von der Stelle, lege meine Finger um das kalte, raue Eisen und senke die lange Stange, bis der Dorn beinahe den Boden berührt. Als die Klinge auf mich zusaust, reiße ich den Kerzenständer hoch, um den Schlag abzuwehren. Dann wirbele ich herum, ziehe den Leuchter wie einen Kometenschweif hinter mir her und treffe Murat, der sich, vom Schwung seines eigenen Schwertes mitgerissen, ebenfalls dreht, mit voller Wucht in die Seite. Er taumelt, stürzt und fällt zu Boden.
    Schon bin ich über ihm. Ich schlage sein Schwert zur Seite, das polternd auf die Steinfliesen fällt. Ich trete ihn mit dem Fuß auf seiner Brust zu Boden, sodass sein Kopf hart aufschlägt. Und ich stoße ihm, während er noch versucht, sich in seinem schweren Kettenhemd hochzurappeln, den langen Kerzendorn in die Brust. Das Metall kreischt, als das grob geschmiedete Eisen durch die feinen Metallringe schrappt, die sich unter dem Druck verziehen und aufbiegen. Der Dorn prallt auf eine Rippe, rutscht ab und bohrt sich in sein Herz.
    Röchelnd sinkt Murat zurück. Noch einmal versucht er, sich aufzurichten, doch der Kerzenständer, den ich mit meinem ganzen Gewicht niederhalte, drückt ihn auf den Boden.
    Ein letztes langsames Ausatmen, dann fällt sein Kopf zurück, seine Augen brechen. Er ist tot.
    Erschöpft stütze ich mich auf den Leuchter. Als ich ihn schließlich herausziehen will, zucke ich zu Tode erschrocken zusammen.
    Hinter mir höre ich ein leises Quietschen, dann ein Knarren.
    Das Portal der Kirche wird geöffnet.
    Ich wirbele herum.
    Zwei Männer. Ihre dunkle Kleidung ist schneebedeckt. Ihre Gesichter kann ich im Dämmerlicht der Kirche nicht erkennen. Sind es Adrian und Lionel, die ihren Schwertbruder Gil suchen?
    Mit wenigen Schritten bin ich bei Murats Kilij. Ich reiße das Schwert an mich und hebe es hoch, bereit zum Kampf.
    Die beiden kommen langsam näher …

Kapitel 59
    In der Abteikirche
22. Dezember 1453
Viertel nach neun Uhr morgens
    … und einer der beiden winkt beschwichtigend mit der Hand.
    Drohend hebe ich das Schwert.
    »Sandra?«, hallt ein Ruf durch die Kirche. Es ist nicht Lionels Stimme, auch nicht die von Adrian. »Sandra, bist du das?«
    »Bitte legt das Schwert weg, Euer Gnaden.« Das ist die Stimme des anderen. Er blinzelt zu dem toten Yeniçeri hinüber.
    Ich mustere sein von der Kälte gerötetes Gesicht. »Wer seid Ihr?«
    »Ich bin Vittorio da Gennazzano, Euer Gnaden. Erkennt Ihr mich denn nicht?« Vorsichtig macht er noch einen Schritt auf mich zu. Dabei lässt er den Türken nicht aus den Augen.
    »Stehen bleiben!«, rufe ich. »Alle beide!«
    »Sandra! Was ist denn los mit dir?«, fragt der Erste verwirrt, reibt seine vom Frost geröteten Hände und fährt sich mit dem Handrücken über die triefende Nase.
    »Ruhe!«, brülle ich ihn an. »Vittorio?«
    »Euer Gnaden?«
    »Wer bist du?«
    »Ich bin Euer Kastellan. Im Castello Colonna in Gennazzano.«
    Das hat Federico auch gesagt.
    »Wie hast du mich gefunden?«
    »Gestern früh habe ich Federico Tannhäuser in Ascoli getroffen. Er hat mir gesagt, dass Ihr noch lebt. Und dass Ihr mit zwei Begleitern, vermutlich Johannitern, auf dem Weg nach Aquila seid. Ich bin sofort zu Seiner Eminenz geritten, Kardinal Colonna.« Er weist auf seinen Begleiter. »Aber in Aquila seid

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