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Das letzte Experiment

Das letzte Experiment

Titel: Das letzte Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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bereits dabei, mich meiner Sachen zu entledigen. «Vielleicht haben wir eine Chance, wenn wir ihnen weismachen können, dass wir nicht weiter als bis hierher gekommen sind, bevor uns die Lust übermannt hat. Das ist die Geschichte, die wir ihnen erzählen und an die wir uns halten müssen. Wenn sie glauben, dass wir nur im Gebüsch waren für eine schnelle Nummer, dann lassen sie uns vielleicht, ganz vielleicht, gehen. Komm jetzt, Engel. Zieh dich aus.»
    Sie zögerte.
    «Niemand, der gesehen hat, was wir gerade gesehen haben, würde danach im Wald eine kleine Nummer schieben, oder?»
    «Ich hab gleich gesagt, wir sollten später nochmal wiederkommen und das alles im Dunkeln machen», sagte sie und begann sich ebenfalls auszuziehen.
    Als wir beide nackt waren, wand ich mich zwischen ihre Schenkel. «Tu so, als würdest du es genießen. So laut du kannst», sagte ich.
    Anna stöhnte auf. Und dann noch einmal.
    Ich stemmte mich mit dem Becken gegen sie, als hinge nicht allein ihre und meine sexuelle Befriedigung von unserer Scharade ab, sondern unser beider Leben.

ZWEIUNDZWANZIG
TUCUMÁN
1950
    Ich war immer noch zwischen Annas Schenkeln zugange, als ich auf dem Waldboden hinter mir einen Zweig brechen hörte. Ich drehte mich um und sah ein paar Männer. Keiner von ihnen trug eine Uniform, doch zwei von ihnen hatten Gewehre über der Schulter hängen. Das ist gut, dachte ich, während ich gleichzeitig nach irgendetwas griff, um unsere Nacktheit zu bedecken.
    Sie waren zu dritt, und sie trugen blaue Hemden, Lederwesten, Jeanshosen, Reitstiefel und Sporen. Der Mann, der kein Gewehr hatte, trug einen silbernen Gürtel, der so breit war wie ein Kummerbund, dazu einen reichverzierten Revolvergürtel und über dem Handgelenk aufgerollt eine kurze Peitsche aus steifem Leder. Er war offensichtlich spanischer Abstammung, im Gegensatz zu den beiden anderen, die aussahen wie
mestizos
, einheimische Indianer. Sein Gesicht war pockennarbig, doch sein Verhalten selbstsicher. Es schien ihm nichts auszumachen, dass er so hässlich war.
    «Ich würde ja fragen, was ihr beide hier treibt», sagte er grinsend. «Wenn es nicht so verdammt offensichtlich wäre.»
    «Was geht es Sie an?», entgegnete ich, während ich mich hastig anzog.
    «Das ist Privatbesitz», sagte er. «Und deswegen geht es mich etwas an.» Er sah mich nicht an. Er sah Anna beim Anziehen zu, ein beinahe genauso großes Vergnügen, wie ihr beim Ausziehen zuzusehen.
    «Das tut mir leid», sagte ich. «Wir haben uns verfahren. Wir hielten an, um auf die Karte zu sehen, und dann kam eins zum anderen.Sie wissen sicher, wie das ist, glaube ich.» Ich sah mich um. «Es war ein hübscher, ruhiger Fleck. Niemand in der Nähe.»
    «Sie haben sich geirrt.»
    In diesem Augenblick kam unter den Bäumen ein vierter Mann hervor. Er ritt einen Schimmel und unterschied sich auch sonst von den drei anderen. Er trug ein makellos weißes kurzärmeliges Hemd, eine schwarze militärisch aussehende Mütze, graue Reithosen und schwarze, blitzblank polierte Reitstiefel, die genauso glänzten wie die goldene Uhr an seinem schlanken Handgelenk. Er hatte einen Kopf wie ein riesiger Raubvogel.
    «Der Zaun wurde durchschnitten», sagte er zu dem pockennarbigen Gaucho.
    «Nicht von uns», sagte Anna.
    «Sie behaupten, sie seien nur im Gebüsch gewesen, um es ungestört miteinander zu treiben», sagte der Pockennarbige.
    Der Mann auf dem Pferd umrundete uns schweigend, während wir uns anzogen. Mein Halfter und meine Pistole lagen immer noch irgendwo herum.
    «Wer sind Sie und was haben Sie in dieser Gegend zu suchen?», fragte der Reiter.
    Sein Castellano war besser als meins. Sein Mund war irgendwie besser geeignet, Spanisch zu reden. Die Form und Größe seines Kinns ließen vermuten, dass ein paar Habsburger unter seinen Vorfahren gewesen waren. Doch er war ein Deutscher. So viel war sicher, und ich ahnte, dass dieser Mann Hans Kammler war.
    «Ich arbeite für den SIDE», sagte ich. «Mein Dienstausweis ist in meiner Manteltasche.»
    Ich reichte dem Anführer der Gauchos meinen Mantel. Rasch durchsuchte er das Kleidungsstück, fand meine Brieftasche und reichte sie seinem Boss.
    «Mein Name ist Carlos Hausner», fuhr ich fort. «Ich bin Deutscher. Ich bin hergekommen, um alte Kameraden zu befragen, damit man ihnen das Führungszeugnis ausstellen kann, das zur Beantragungeines argentinischen Passes erforderlich ist. Colonel Montalban kann für mich bürgen, genau wie Carlos Fuldner und Pedro

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