Das letzte Experiment
Geller von CAPRI. Ich fürchte, wir haben uns verfahren. Wie ich diesem Herrn hier bereits sagte, haben wir angehalten, um einen Blick auf die Karte zu werfen, und dann kam eben eins zum anderen.»
Der Deutsche auf dem Schimmel durchsuchte meine Brieftasche und warf sie mir wieder zu, bevor er sich an Anna wandte. «Und wer sind Sie?», wollte er wissen.
«Seine Verlobte.»
Der Deutsche sah mich an und grinste. «Und Sie behaupten, ein alter Kamerad zu sein.»
«Ich war Offizier in der SS. Genau wie Sie, Herr General.»
«Ist das tatsächlich so offensichtlich?» Der Deutsche sah enttäuscht aus.
«Nur für mich, Herr General», sagte ich, schlug die Hacken zusammen und hoffte, dass meine gespielte preußische Unterwürfigkeit ihn überzeugen würde.
«Eine Stelle beim SIDE, eine hübsche Verlobte …» Er grinste. «Meine Güte, Sie haben sich prima eingelebt in Argentinien, nicht wahr?» Das Pferd tänzelte, er starrte uns weiter an. «Verraten Sie mir doch eins, Hausner – bringen Sie immer Ihre Verlobte mit, wenn Sie dienstlich unterwegs sind?»
«Nein, Herr General. Es ist so: Mein Castellano ist in Buenos Aires durchaus genügend, aber für hier draußen reicht es nicht. Ich habe Schwierigkeiten, den Akzent zu verstehen.»
«Die meisten Menschen in dieser Gegend sind
guarani
», sagte er, und jetzt redete er endlich Deutsch. «Das ist eine minderwertige Indianerrasse. Auf einer Ranch sind sie trotzdem durchaus nützlich. Als Viehhirten, beim Brandmarken, zum
Reparieren von Zäunen
.»
Ich nickte in Richtung des Stacheldrahtzauns. «Ist das Ihr Zaun, Herr General?»
«Nein», erwiderte Kammler. «Aber meine Männer halten einAuge darauf. Verstehen Sie, es ist ein Hochsicherheitsbereich. Nur wenige Leute kommen je so weit ins Tal herunter. Was mich vor ein gewisses Problem stellt.»
«Und welches Problem, Herr General?»
«Man sollte meinen, dass es offensichtlich wäre. Wenn Sie den Zaun nicht durchschnitten haben, wer war es dann? Verstehen Sie jetzt, was ich meine?»
«Ja, Herr General.» Ich schüttelte verlegen den Kopf. «Wir haben niemanden gesehen, bestimmt nicht. Wir waren noch gar nicht lange hier.»
«Vielleicht. Vielleicht.»
Das Pferd hob den Schweif und tat, was Pferde tun. Es schien meine Geschichte ebenfalls nicht zu glauben.
Der General nickte dem Anführer der Gauchos zu. «Ihr nehmt sie besser mit.» Er sprach Castellano, und es war offensichtlich, dass weder der Anführer noch die beiden
guaranis
Deutsch sprachen.
Wir gingen zu dem Jeep zurück. Drei Pferde warteten geduldig auf ihre Reiter. Die beiden
guaranis
stiegen auf und nahmen die Zügel des dritten Pferdes, während der Pockennarbige auf den Rücksitz des Jeep kletterte. Ich bemerkte sein aufgeknöpftes Pistolenhalfter und kam zu der Überzeugung, dass er wahrscheinlich nicht lange fackelte. Außerdem hatte er im Gürtel ein Messer mit einer Klinge stecken, die so lang war wie Chile.
«Bleib bei unserer Geschichte, ganz egal, was passiert», sagte ich auf Deutsch zu Anna.
«Schon gut – allerdings denke ich nicht, dass er uns glaubt.»
Sie kletterte auf den Beifahrersitz, zündete sich mit nervösen Bewegungen eine Zigarette an und bemühte sich, den Blick des Gauchos zu ignorieren, der in ihrem Nacken brannte. «Wer war dieser Nazi überhaupt?»
«Ich glaube, er ist derjenige, der dieses Lager gebaut hat», sagte ich. «Und viele andere wie dieses.» Ich setzte mich hinter das Steuer, nahm ihr die Zigarette aus dem Mund, paffte ein paar Zügeund wollte sie ihr wieder zwischen die Lippen klemmen. Doch Anna war der Unterkiefer heruntergefallen wie die Ladeklappe eines Lasters. Ich nahm noch einen Zug von der Zigarette.
«Tatsächlich?», flüsterte sie.
«Ja.» Ich startete den Motor. «Er ist extrem gefährlich. Also tu ganz genau das, was ich dir sage, und dann leben wir vielleicht lange genug, um die Geschichte niemandem zu erzählen.»
Der Gaucho auf dem Rücksitz tippte mir ungeduldig auf die Schulter. «Fahr!», sagte er auf Castellano. Er zeigte auf die drei Reiter vor uns und auf die Straße, die auf die Sierras in der Ferne zuführte.
Ich legte den Gang ein und fuhr behutsam los.
«Er ist ganz allein», sagte Anna. «Warum werfen wir ihn nicht einfach raus oder so? Wir könnten drei Männern auf Pferden leicht entkommen, oder nicht?»
«Zum einen ist der Kerl hinter mir bis an die Zähne bewaffnet. Das Gleiche gilt für seine Freunde, und sie kennen dieses Land viel besser als wir. Abgesehen
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