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Das letzte Experiment

Das letzte Experiment

Titel: Das letzte Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Gurke bewaffnet ist? Das wird ihm das Genick brechen. Wenigstens hoffe ich das. Der verdammte Arsch hat mich einmal zu oft geschlagen.»
    Frieda steuerte den Rotschopf entschlossen zur Tür, und ich blieb allein mit dem Herrn von der   I.G.   Farben zurück. Groß, schlank und grauhaarig und mit so vollendeten preußischen Manieren wie der Berliner Herrenclub. Er verneigte sich ernst.
    «Das war beeindruckend, mein Herr», sagte er. «Äußerst beeindruckend. Ich bin Ihnen sehr dankbar. Ich habe keinen Zweifel, dass dieser Schläger mich ernstlich verletzt hätte. Vielleicht sogar Schlimmeres.»
    Der Mann hatte seine Brieftasche gezückt und drückte mir nun seine Visitenkarte in die Hand. Sie war dick und weiß wie sein Hemdkragen. Sein Name war Dr.   Carl Duisberg, und er war einer der Direktoren der   I.G.   Farben aus Frankfurt.
    «Dürfte ich Ihren Namen erfahren, mein Herr?», fragte er.
    Ich stellte mich vor.
    «Wie ich sehe, ist der internationale Ruf der Berliner Polizei wohlverdient, mein Herr.»
    Ich zuckte die Schultern. «Ich finde es erstaunlich, was man mit so einer Gurke alles anfangen kann.»
    «Ich möchte mich gern erkenntlich zeigen, mein Herr.»
    «Ich könnte ein paar Informationen gebrauchen, Herr Dr.   Duisberg.»
    Er runzelte die Stirn, sichtlich verwirrt. Damit hatte er nicht gerechnet. «Selbstverständlich. Wenn es in meiner Macht steht, Ihnen damit zu dienen.»
    «Arbeitet die   I.G.   Farben mit Pharmafirmen zusammen?»
    Er lächelte und sah mich beruhigt an, als wäre die Information, die ich suchte, Allgemeinwissen. «Das ist eine einfache Frage. Bayer gehört schon seit 1925 zu uns.»
    «Sie meinen die Firma, die Aspirin herstellt?»
    «Nein, mein Herr», erwiderte er stolz. «Ich meine die Firma, die es erfunden hat.»
    «Ich verstehe», sagte ich und gab mir Mühe, gebührend beeindruckt zu erscheinen. «Ich bin äußerst dankbar für diese Medizin, mit der ich schon den einen oder anderen Kater überstanden habe. Was steht als Nächstes an, Dr.   Duisberg? An welchem neuen Wunderheilmittel arbeiten Ihre Leute zurzeit?»
    «Das ist nicht mein Fachgebiet, Herr Gunther, ganz und gar nicht mein Fachgebiet. Ich bin Chemiker.»
    «Wessen Fachgebiet ist es dann?»
    «Sie meinen, wer dafür zuständig ist?»
    Ich nickte.
    «Mein lieber Kommissar, wir haben Dutzende von Forschern, die in unserem Auftrag arbeiten, überall in Deutschland. Aber hauptsächlich in Leverkusen. Der Sitz von Bayer ist in Leverkusen.»
    «Leverkusen? Nie gehört.»
    «Das kommt daher, dass es eine neue Stadt ist, Herr Kommissar. Ein Zusammenschluss aus mehreren kleinen Ortschaften am Rhein. Und einer Reihe chemischer Fabriken.»
    «Klingt äußerst bezaubernd.»
    «Nein, Herr Kommissar, Leverkusen ist alles andere als bezaubernd. Aber dort wird Geld verdient. Eine Menge Geld.» Er lachte. «Warum fragen Sie, wenn ich das wissen darf?»
    «Hier in Berlin gibt es ein Institut für Polizeiwissenschaften, in Charlottenburg», sagte ich. «Und wir sind ständig auf der Suchenach Experten, auf deren Hilfe wir bei unseren Ermittlungsarbeiten zählen können. Ich bin sicher, Sie verstehen, was ich meine.»
    «Selbstverständlich, selbstverständlich.»
    «Ich habe einen Arzt kennengelernt, der mit geheimen klinischen Tests im Städtischen Krankenhaus hier in Friedrichshain beschäftigt ist. Ich glaube mich zu erinnern, dass er gesagt hat, er würde für Bayer arbeiten. Ich habe überlegt, ob er ein diskreter, zuverlässiger Mann ist, der uns hin und wieder aushelfen könnte. Nach allem, was mir zugetragen wurde, ist er ein sehr talentierter Arzt. Ich habe gehört, wie er als der nächste Paul Ehrlich beschrieben wurde. Sie wissen schon, die Zauberkugel?»
    «Oh, Sie meinen sicher Gerhard Domagk», sagte Duisberg.
    «Das ist er», stimmte ich zu. «Ich habe mich gefragt, ob Sie vielleicht für ihn bürgen können. Das ist auch schon alles. Sie sehen, es ist ganz einfach.»
    «Nun, ich kenne ihn nicht persönlich, doch nach allem, was ich höre, ist er brillant. Außerordentlich. Und äußerst diskret. Er muss es sein. Ein Großteil unserer Arbeit ist streng geheim. Ich bin sicher, er wäre gern bereit, der Berliner Polizei zu helfen, wenn es in seiner Macht steht. Gibt es eine spezielle Frage, die Sie an ihn richten wollen?»
    «Nein. derzeit noch nicht.»
    Ich steckte Duisbergs Visitenkarte ein und verabschiedete mich. Friedas Wangen waren ein wenig gerötet, und sie war mir äußerst dankbar – genau so gefallen

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