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Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur (German Edition)

Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur (German Edition)

Titel: Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Roth
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sind, wird oft noch so getan, als würde die Veränderung allein eine Frage des guten Willens sein. Gerade Führungskräfte sind darauf trainiert, die Dinge ausnahmslos positiv darzustellen und jeden negativen Einwand abzuwehren. Intern führt diese Form der Ausblendung von Verlusten, von beendeten Geschäftsbereichen dazu, dass Manager seitens ihrer Mitarbeiter an Glaubwürdigkeit verlieren. Wer Engagement möchte, muss einen Sinn für die Wirklichkeit der Mitarbeiter haben und sie im übertragenen Sinn in ihrer »Trauerarbeit« unterstützen.
    Denn bei Veränderungen gibt es nie nur Gewinner, sondern auch Verlierer und Verluste. Veränderungen führen in der Regel zu einer Verschiebung von Positionen und Rangordnungen, Ansprüche werden in Frage gestellt, Zuständigkeiten verändern sich. Wenn die Leute wissen, was auf sie zukommt, haben sie selbst bei negativen Veränderungen in der Regel ein stärkeres Gefühl der Kontrolle, als wenn sie im Unwissen gelassen werden. Ein Manager, dem daran gelegen ist, seine Mitarbeiter gut zu informieren, spricht rechtzeitig, offen, ehrlich und ausführlich auch die Verluste an, die mit der Veränderung einhergehen.

Der Aufstand des Individuums
    Warum fällt das Verändern so schwer? In jedem Veränderungsprozess kämpft man auf zwei Ebenen: der – individuellen – Wahrnehmungs- und der – kollektiven – Handlungsebene. Um individuelle Veränderungs bereitschaft zu erzielen, sind Kommunikationsqualität und Vertrauensaufbau entscheidend. Notwendigkeit und Richtung der Veränderung müssen für jeden erkennbar sein. Nur wer das Objekt der Veränderung zu deren Subjekt macht und den Einzelnen in seiner Einzigartigkeit ernst nimmt, wird in Change-Projekten erfolgreich sein.
    Das hat historische Gründe: Nach dem Zweiten Weltkrieg lassen sich in Westeuropa mehrere Individualisierungswellen nachzeichnen. Zwar war die Selbstautorisierung des Individuums für die Moderne von Anfang an kennzeichnend. Aber wir leben nun unter den Voraussetzungen verinnerlichter Demokratie. Die Menschen sind hoch individualisiert, mit großen Freiräumen aufgewachsen, im Vergleich zu früher hervorragend ausgebildet. Die Antworten auf die Frage nach dem Berufsverständnis kreisen in der Regel um Selbstbestimmung und Autonomie: nach bestem Wissen arbeiten, nicht stehen bleiben, Fachwissen ausbauen durch Fortbildung, Unabhängigkeit anstreben, nicht nur tun, was gefordert ist, sein Umfeld beeinflussen und verändern, Verantwortung übernehmen, sich für größere Entscheidungsspielräume einsetzen. In allen einschlägigen Untersuchungen wird deutlich: Der Sinn des Lebens besteht für Jugendliche heute darin, ehrlich zu sich selbst zu sein, vor sich selbst bestehen zu können, eine unabhängige Persönlichkeit zu werden, Fähigkeiten zu erwerben und einzusetzen.
    Im Widerstand gegen Institutionen mit falschen Angeboten, im Streben nach Autonomie erleben wir einen kulturgeschichtlichen Wandel in der Selbstauffassung der Person. Das gemeinsame Motiv dieser Äußerungen ist individuelle Persönlichkeitsentwicklung. Unverwechselbar zu sein, einen Unterschied zu machen. Nicht mehr Anpassung und Pflichterfüllung in Beruf und Familie sind der Sinn des Lebens, sondern Selbstbestimmung. Der »Aufstand des Individuums«, wie Reinhard K. Sprenger die Veränderung im Titel eines Buches zum Thema nennt, hat viel Ähnlichkeit mit der »stillen Revolte«, die wir im Blick auf die Sterbekultur heute erleben. Dieser Aufstand hat erhebliche Konsequenzen für die Unternehmen. Mitarbeiter sind keine gesichtslosen Befehlsempfänger mehr; sie sind selbstbewusster, individueller, reflektierter. Sie wollen, dass man ihre Namen kennt. Die Menschen wollen offensichtlich in ihrer Individualität stärker berücksichtigt werden, als das bisher der Fall war.

Der Preis der Flexibilität
    Die Geschichte des Verhältnisses des Einzelnen zur Organisation ist nicht nur eine Geschichte des technischen Wandels, sondern vor allem des Wandels unseres Menschenbildes. Doch die meisten Unternehmen ignorieren den Faktor »Mensch« in seiner Individualität. Mit dem Ringen um ein neues Verhältnis von Einzelnem und Gesellschaft wird auch das Verhältnis von Individuum und Unternehmen spannungsvoll. Hinzu kommen die Auswirkungen jener Entwicklung, die Globalisierung zu nennen wir uns angewöhnt haben. Sicher ist: Der Verlust von Gewissheit und organisatorischer Sicherheit steigert die Bedeutung der Person. Wenn Gewissheiten zerbrechen, wenn auch

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