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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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auf.
    Rosenmair traf die Maklerin am Marktplatz in Waldniel. Etwas
zögernd stieg sie in sein apricotfarbenes Gefährt. Rosenmairs beruhigend
gemeinte Erklärung, dies sei nicht sein Auto, und der eigentliche Besitzer säße
gerade im Gefängnis, erfüllte nur teilweise ihren Zweck. Dennoch schafften sie
es ohne größere Probleme zur »Pulvermühle« im Elmpter Wald.
    Barbara Schwarzenbach war ganz begeistert von der Lage und dem
Ambiente des Restaurants. Als Rosenmair ihr die etwas ungewöhnliche
Geschäftsphilosophie von J.P. erläuterte, meinte
sie lachend: »Dann hätten Sie mir auf dem Weg hierher ja eigentlich die Augen
verbinden müssen.«
    J.P. kam zu ihrem Tisch, begrüßte
Rosenmairs Gast nicht ohne Neugier und erzählte, was er heute zu bieten hatte.
Sie entschieden sich beide für Tagliatelle al Sugo d’Anatra, wobei J.P. scherzhaft versicherte, die Enten seien gestern
noch unbeschwert auf der Niers herumgeschwommen. Außerdem brachte er sein
grandioses selbst gebackenes Bauernbrot mit handgemachter Kräuterbutter.
    Rosenmair entschuldigte sich kurz mit der Ausrede, er wolle mit J.P. über die Weinauswahl sprechen. In der Küche
drückte er ihm Larrys Recherchematerial in die Hand. »Hier, das ist dein
Michelintester, der ist aber eher ein Michelinmännchen.«
    J.P. überflog die Seiten. Der Typ war
ein Aufschneider, der für ein lokales Anzeigenblatt und einen elendiglich
schlecht gemachten Blog schrieb und alles mitnahm, was er umsonst kriegen
konnte. Den Trick mit dem Restauranttester hatte er bereits einige Male
angewendet, wie in etlichen Foren zu lesen war. J.P. lächelte zufrieden, er wusste jetzt, was zu tun war. Rosenmair ging zurück zu
seinem Tisch, kurz danach brachte J.P. eine
Flasche seines besten Crémant.

ZEHN
    Auf dem Weg durchs HQ setzte
Larry seinen Freund Calzone kurz ins Bild, worum es eigentlich ging, er
erzählte ihm die ganze Sache mit dem Hackerauftrag und den militärischen
Auftraggebern. Aber wenn er erwartet hatte, sein alter Kumpel würde überrascht,
beeindruckt oder irgendwie verschreckt reagieren, wurde er enttäuscht. Calzone
zeigte die klassische Unbekümmertheit des Niederrheiners, dem man gerade
eröffnet hatte, dass man sein Haus zehn Meter nach links verschieben müsse,
weil es einem Autobahnanschluss-Stück im Weg sei. Ungerührt hörte er sich
Larrys Bericht an und meinte abschließend nur: »Dann schauen wir uns das mal
an.« Keine Fragen, keine Einwände, kein Problem.
    Als sie am örtlichen Pub vorbeikamen, drehte Calzone den Kopf zur
Seite. Auf Larrys Frage, was er denn habe, meinte Calzone, er könne noch immer
kein Guinness-Schild ansehen, ohne dass ihm speiübel werde. Als Jugendlicher
habe er sich mal heftig mit dem Zeug betrunken, und seine Gedächtniszellen
seien auch heute noch in der Lage, das Gefühl von damals sofort zu
reproduzieren. Larry kannte derlei Widerstände nicht, er hatte sich immer eher
an das ebenfalls dunkle, aber doch wesentlich inhaltsschwächere
niederrheinische Altbier gehalten.
    Sie fuhren einen Moment schweigend weiter, dann meinte Calzone: »Ist
ja schon schade, wenn das hier alles weg ist. Irgendwie hatte das doch immer
was, so ein Stück England direkt am Hardter Wald …«
    Larry nickte etwas wehmütig. Er erinnerte sich an seine erste große
Fahrradtour mit seinem damals besten Freund, die sie bis nach Dover geführt
hatte, wo sie allerdings wegen schlechten Wetters noch am selben Tag
kehrtmachten und wieder auf die Fähre nach Ostende stiegen. Da hatten sie dann
Scotch Ale am Strand getrunken, was auf Dauer auch keine so gute Idee gewesen
war. Begonnen hatte die Tour aber hier, als sie quer durchs HQ gefahren waren, und irgendwie hatten sie sich schon
da wie in England – und damit am Ziel – gefühlt. Bei wesentlich besserem Wetter
und frischeren Beinen.
    »Was die wohl hier machen, wenn die Tommys weg sind?«, meinte
Calzone noch, als sie abbogen und auf ein Gebäude zufuhren. Doch Larry
antwortete nicht, sondern zeigte nur stumm nach vorn.
    Das Gebäude war das, was man gemeinhin als »verriegelt und
verrammelt« bezeichnet. Alle Fensterläden waren geschlossen, die Tür sogar noch
mit einem Balken gesichert. Das Schild, das bei Larrys letztem Besuch auf das
»Military Media Centre Rheindahlen« verwiesen hatte, war verschwunden, genauer
gesagt gab es überhaupt keine Schilder an diesem Gebäude, und schon das
Hinweisschild an dem Mehrfachwegweiser hatte gefehlt.
    Larry hielt an und stieg aus dem Wagen, Calzone folgte

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