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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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stimmt’s?«
    »Stimmt. Ich hab’s so verstanden, dass der Junior Sie rausgedrängt
hat, oder?«
    Winkens lachte trocken. »Das kann man nicht nur, dass muss man sogar
so sagen, ja. Der alte Vahrenhorst war ja vom alten Schlag, auf dessen Wort
konnte man sich noch verlassen.«
    »Der alte Vahrenhorst, das war Emil Adolf, richtig?«
    »Der zweite. Der erste war sein Vater, der Firmengründer. Das war
wie bei den schwedischen Königen, Carl der achtzehnte Gustav und so. Emil der
zweite Adolf, so haben wir immer gesagt.«
    »Das hatte aber nichts mit eventuellen politischen Ansichten zu
tun?«
    Winkens verstand nicht. »Wieso politisch?«
    »Na ja, wegen Adolf und so.«
    Jetzt fiel der Groschen. »Ach so, ja, also nein, das konnte man ihm
wirklich nicht vorwerfen …«
    »Was dann?«
    Winkens wirkte jetzt etwas verstimmt. »Nichts. Das war ein durch und
durch integrer Mann, der auch seine Angestellten vernünftig behandelt hat.«
    »Im Gegensatz zum Junior.«
    Winkens lachte bitter. »Der Junior.« Er sprach das Wort nicht, er
spuckte es aus. »Der Junior ist eine Flachpfeife mit so viel kaufmännischem
Geschick wie ein Schraubenzieher. Der versteht nichts vom Geschäft, nichts von
Mitarbeiterführung, nichts von gar nichts.« Winkens legte jetzt sogar die
Zigarette zur Seite, anscheinend musste da einiges raus. Rosenmair ließ ihn
reden. »Bernd Vahrenhorst hat Monteuren, die für seinen Vater kostenlose
Überstunden an Weihnachten gemacht hätten, wenn es nötig gewesen wäre,
vorgerechnet, dass sie angeblich zu lange Mittagspause machten. Mit dem
Betriebsrat hat er sich angelegt, weil er den Leuten die Zeit, die sie von der
Stempeluhr bis zu ihrem Arbeitsplatz brauchten, abziehen wollte. Der hätte
Außendienstlern noch die paar Minuten als Freizeit berechnet, in der sie an
roten Ampeln standen!«
    Winkens war jetzt fast in Rage gekommen, merkte aber gleich, dass
sich das nicht lohnte, nicht mehr. Er winkte ab. »Na ja, irgendwann hat er dann
ja ganz auf die Angestellten verzichtet, das war sein Meisterstück.«
    Rosenmair hakte nach. »Er hat alle rausgeschmissen und nur noch
Leiharbeiter und Selbstständige engagiert, so war es doch, oder?«
    Winkens nickte. »Noch perfider. Erst hat er Untergesellschaften
gegründet, um die Leute aus der Tarifbindung zu bringen. Das geht heute leider
erstaunlich einfach, geradezu erschreckend. Er hat die Menschen entlassen und
sie sich dann in der neuen Gesellschaft auf weniger Stellen bewerben lassen,
natürlich zu schlechteren Konditionen. Da fielen dann schon einige raus …«
    »Eine Art Reise nach Jerusalem.« Rosenmair war entsetzt.
    »Genau. Aber das hat ihm immer noch nicht gereicht. Also hat er sich
mit anderen Firmen abgesprochen, dass sie ihre Arbeiter an ihn ausleihen, aber
nicht als Angestellte, sondern als Pseudoselbstständige. Und nach außen haben
sie noch groß getan, dass sie Deutsche einstellen und keine Rumänen oder
Bulgaren. Deibel hat das so gemacht, Ihr Freund Lindner auch.«
    Rosenmair musste einschreiten. »Na ja, Freund …«
    Aber Winkens grinste nur. »Vahrenhorst hatte fast keine eigenen
Kosten, aber genug Arbeiter und maximalen Gewinn. Und die Arbeiter, denen die
tollsten Dinge erzählt wurden, von wegen brutto wie netto und so, haben alle
draufgezahlt. Teilweise waren die nicht mal ausreichend versichert.«
    Rosenmair nickte. Das wusste er schon. »Und wie war das damals bei
dem Brand am Düsseldorfer Flughafen?«
    Er spürte, wie sich Winkens versteifte. Offensichtlich hatte er mit
diesem Unglück emotional mehr zu tun, als er sagen wollte. »Das ist nie ganz
geklärt worden. Styropor und anderes Zeug war in Brand geraten, durch
Funkenflug, dann hat sich eine Feuerwalze entwickelt. Vahrenhorst hing in der
Sache mit drin, aber nur indirekt, gegen ihn wurde auch ermittelt, aber alle
Verfahren irgendwann eingestellt.«
    »Es ist jedoch nicht völlig auszuschließen, dass sich jemand davon,
sagen wir mal, inspirieren ließ, zum Beispiel als kürzlich in Mönchengladbach
diese Lagerhalle in die Luft geflogen ist?«
    Winkens sagte erst gar nichts und schob dann nur ein »Was kann man
schon ausschließen?« nach.
    Rosenmair spürte, dass aus dem Mann nichts mehr herauszubekommen
war. Er bedankte sich, trank seinen inzwischen komplett kalten Kaffee aus und
stand auf. Beim Rausgehen meinte er mehr nebenbei: »Vahrenhorst soll sich ja
inzwischen auf Mallorca die Sonne auf den Bauch scheinen lassen.«
    Winkens nickte müde. »Ja, das würde passen. Der

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