Das letzte Hemd
gekommen, deren Einfahrt der Wagen blockierte. Auch hier war der Täter
zwar geständig, aber keineswegs reumütig. Seine Einfahrt, sein Parkplatz, sein
Hausrecht, so lautete seine Argumentation. Und natürlich fehlte auch der
Hinweis nicht, dass er ja nicht gerade wenig Steuern zahle, die immerhin auch
das Gehalt der Polizei finanzierten.
In einer Sackgasse hingegen steckten die Ermittlungen in Sachen
Blackbox. Becker hatte mit Captain Rawlings inzwischen telefoniert und ihm mehr
oder weniger auf den Kopf zugesagt, dass er ihn verdächtigte, sich die Blackbox
aus Larrys Haus geholt zu haben. Ohne großen Erfolg: Rawlings hatte empört
geleugnet, und Becker konnte zwar Larrys Videofilm ins Spiel bringen, brauchte
als Beweismittel aber auch die Blackbox, die er bei Rawlings nur vermutete.
Auch wer das Auto angezündet hatte, war immer noch offen.
Was Becker noch im Präsidium festhielt, war der Obduktionsbericht im
Fall Strüssendorf, den Lentzen ihm auf dem Weg in den Feierabend auf den Tisch
gelegt hatte. Irgendwie hoffte er immer noch darauf, dass sein tatkräftiger
Einsatz ihm entsprechend angerechnet und ihn damit auch näher zu seinem Urlaub
bringen würde. Und das, was er da las, war keineswegs unspannend. Denn Matthias
Strüssendorf war nicht an dem Schlag mit besagtem stumpfen Gegenstand
gestorben, sondern an einem Blutgerinnsel im Hirn, das durch diesen Schlag
ausgelöst worden sein konnte, aber nicht zwingend sein musste. Auf jeden Fall
hatte er nach dem Schlag noch gelebt, die Mediziner waren sogar der Meinung, es
hätte ihn auch Stunden zuvor in der Fernsehsendung oder drei Monate später beim
Joggen treffen können. Damit war die Morduntersuchung hinfällig. Aber noch
etwas anderes warf ein neues Licht auf die Geschichte: Matthias Strüssendorf
war ganz offensichtlich über Jahre misshandelt worden, geschlagen und getreten.
Es gab alte Verletzungen, zwar längst verheilt, aber erkennbar. Becker war
verwirrt. Die Aussagen von Strüssendorfs Parteifreunden lagen ihm vor, nicht
wenige hatten angedeutet, dass er nebenbei stets Affären gehabt hatte. Aber wie
passte das mit den Misshandlungen zusammen? Ging es hier vielleicht um
häusliche Gewalt oder um eine Vorliebe für S/M -Spielchen?
Eigentlich wollte Becker es gar nicht wissen, aber aus professioneller Sicht
durfte er beides nicht ausschließen.
Er sah sich noch einmal die Ausdrucke der unscharfen Fotos von den
Kameras aus der Hoteltiefgarage an, die von den Düsseldorfer Kollegen nach
langem Hin und Her endlich aufgetrieben worden waren. Da war eindeutig eine
junge Frau zu erkennen, aber es war nicht Cordula Strüssendorf, diese Frau war
jünger und nicht schwanger, auch das war eindeutig. Nach der Frau wurde
natürlich gefahndet, seit die Fotos aufgetaucht waren, aber besonders viel war
dabei nicht herausgekommen, da man ihre Identität nicht kannte. Die Qualität
der Fotos war auch zu schlecht. Man vermutete eine Verbindung nach Osteuropa.
Beckers Bauchgefühl sagte ihm zwar, dass die junge Frau irgendetwas mit der
Geschichte zu tun hatte, aber er wusste nicht, was. Dass sie Strüssendorf auf
dem Gewissen hatte, bezweifelte er jedenfalls. Und beweisen konnte er schon gar
nichts. Er hatte einen ganz anderen Verdacht.
Wie man inzwischen rekonstruieren konnte, hatte die junge Frau
Strüssendorfs Wagen am Nachmittag in der Tiefgarage geparkt, irgendwann am
Abend war sie wieder weggefahren und ungefähr zur Tatzeit zurückgekehrt, um
kurz danach wieder wegzufahren, in ziemlicher Panik. Das passte natürlich alles
zusammen, und sie war ja auch längst zur Fahndung ausgeschrieben. Aber da war
eben noch Beckers Bauch. Er hatte Strüssendorfs Frau in Verdacht, obwohl es
nicht mal Anzeichen dafür gab, dass sie im Hotel, geschweige denn im Hotelzimmer
gewesen war. Trotzdem war ihm einiges komisch vorgekommen, als er sie verhört
hatte. Becker würde die Düsseldorfer Kollegen bitten, doch noch einmal im Hotel
nachzuhaken und zur Not die wenigen Zeugen noch einmal zu vernehmen. Irgendwas
stimmte da nicht.
Sein Mobiltelefon klingelte. Er zuckte kurz zusammen, so ruhig war
es bis dahin in dem fast leeren Präsidium gewesen. Und wer sollte ihn zu so
später Stunde noch anrufen?
Es war Larry. Er hielt sich nicht lange mit Erklärungen auf. »Ich
weiß jetzt, was LBR bedeutet. Ich wusste, dass
ich etwas auf einem Foto …« Der Rest des Satzes ging im Funkloch unter. Becker
fluchte und rief wie blöde: »Hallo? Hallo? Hören Sie mich?«
Jetzt war Larry
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