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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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durchaus erfrischend. Er selbst war für
jede technische Spielerei und Neuerung zu haben, er war ein Early
Adopter , manchmal so early , dass er die Sachen
selbst entwickelte, die später von anderen mit glänzenden Augen adoptiert
wurden.
    In letzter Zeit hatte Larry allerdings aus mehreren Gründen wenig Zeit
dafür gehabt: Neben seiner eigentlichen Arbeit als selbstständiger IT - und Sicherheitsfachmann betätigte er sich gerade
vermehrt als Privatdetektiv, wovon Rosenmair eigentlich so wenig wie möglich
wissen wollte. Das hing vor allem mit Larrys beiden großen Leidenschaften
zusammen, Frauen und Verschwörungstheorien. Eigentlich wäre Larry gern James
Bond, mitsamt den Girls, Gadgets und einer wie auch
immer gearteten Lizenz zum Töten. Der Klingelton des wichtigsten seiner circa
sechs Handys war exklusiv auf das 007-Titelthema eingestellt. Allerdings
erwiesen sich Larrys bisherige Aufträge als nicht mal ansatzweise so spannend,
wie er es sich erhofft hatte, und echte Sherlock-Holmes-Fähigkeiten waren
bislang auch noch nicht vonnöten gewesen. Meist saß er im Auftrag von
Versicherungen im Auto vor irgendwelchen Speditionen rum und notierte
Lkw-Bewegungen, wer ankam, wer abfuhr und so weiter. Manchmal wusste er nicht
mal, warum er das machte, den zuständigen Sachbearbeitern ging es offenbar nur
darum, am nächsten Tag eine detaillierte Liste im Maileingang zu haben.
Zumindest hatte Larry diesen Eindruck. Durch die Finanzkrise hatte sich die
Bereitschaft zum Versicherungsbetrug sprunghaft erhöht, und nicht nur im
kleinen Stil, wie ihn vielleicht der Privatkunde betrieb, der die zerbrochene
Scheibe seiner Wohnzimmertür der Versicherung aufzudrücken versuchte. Hier ging
es um mehr. Für Larry war diese Art der Nebeneinnahme eigentlich ideal. Sie
entsprach seiner natürlichen Neugier, er war unabhängig, viel unterwegs und konnte
seine mannigfachen anderen Geschäfte damit kombinieren. Oder
Freundschaftsdienste wie den jetzt für Rosenmair, der ihn wegen einer
dringenden Sache um Hilfe gebeten hatte.
    ***
    »Der ist ein ganz Lieber, dat können Se mir glauben.«
    Hans-Harald Becker sah Frau Jansen trotz dieser Beteuerung eher
skeptisch an. Derjenige, um den es ging, saß auf der Treppe vor seiner Haustür
und sah ihn mit schief gelegtem Kopf an, freundlich, erwartungsvoll, aber auch
irgendwie fragend.
    »Et jeht ja auch wirklich nur um die paar Tage, dann bin ich wieder
da. Sonst wüsst ich im Moment ehrlich nicht, wohin mit ihm, und Se sind doch
immer suu tierlieb …«
    Becker konnte sich beim besten Willen nicht an irgendein Verhalten
seinerseits erinnern, das diese Annahme oder ihr Gegenteil bewiesen hätte.
Dennoch seufzte er und nickte. Frau Jansen war eine gute Freundin seiner
verstorbenen Frau gewesen, er konnte ihr einfach nichts abschlagen, das hatte
er schon gestern gewusst, als sie bei ihm vorbeigekommen war, um ihn mit ihrer
»jroßen Bitte« zu konfrontieren, um nicht zu sagen: zu überfallen.
    Frau Jansen musste für ein paar Tage zu ihrer Tochter nach Berlin
fahren und hatte niemanden gefunden, »aber auch wirklich niemanden, ich sachet
Ihnen, Herrn Becker!« – sie siezte ihn immer noch,
obwohl man sich so lange kannte –, der auf den »ganz Lieben« aufpassen konnte.
Der so Bezeichnete, eine unter vielen Wuschelhaaren immer noch sehr freundlich
dreinblickende Promenadenmischung, sah treuherzig zu Becker auf. Er schien ihm
signalisieren zu wollen: Lass die Alte mal reden, wir Männer machen das schon
unter uns aus. Dann schickte er sich an, in Beckers Blumenbeet zu kacken.
    ***
    Wenn man ihn nur fragte, er wäre bereit. Philipp Lindner
sah sein Spiegelbild an und zog eine Grimasse. Wie kriegte man es hin,
gleichzeitig bestürzt, zuversichtlich und vertrauensvoll auszusehen? Er war Politiker, das gehörte eigentlich zum
Standard. Wieder überprüfte er seinen Blick. Ja, so konnte es gehen. Gleich
würden sie die Einzelheiten über den Gesundheitszustand seines Parteifreundes,
der als Fraktionsvorsitzender gewissermaßen sein Vorgesetzter war,
bekanntgeben. Bislang wusste er nur, dass Strüssendorf mit einer schweren
Kopfwunde in einem Düsseldorfer Hotelzimmer aufgefunden worden war und jetzt im
Krankenhaus auf der Intensivstation lag, mehr nicht. Zum Glück war es wohl
keine pikante Situation, in der er sich befunden hatte, was bei Politikern ja
nicht unbedingt selbstverständlich war.
    Lindner ließ Wasser über seine Hände laufen. Gestern war
Strüssendorf noch bei einer dieser

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