Das letzte Hemd
sich dort schlicht bessere Chancen auf einen guten Posten ausgerechnet
und schnell und unbürokratisch die Partei gewechselt. Und er schien auf dem
richtigen Weg zu sein, momentan. Wahrscheinlich würde er auch zu den Grünen
wechseln, wenn es nötig wäre. Vorerst hielt er sich jedenfalls alle Optionen
offen und netzwerkte auch schon mal unauffällig in der Landtagskantine mit den
Kollegen und Kolleginnen von der Grünenfraktion, man wusste ja nie.
Rosenmair lag schon ganz richtig mit seiner Einschätzung. Sein
Schwiegersohn war ein aalglatter Karrierist, der sich ständig und überall nach
allen Seiten absicherte und auf Vitamin B setzte. So hatte es ihm sein
Vater schon früh beigebracht.
Karl-Heinz Lindner, bei Verwandten, Freunden, Angestellten und
Geschäftspartnern – und das waren nicht wenige – bekannt als »dä Kaleinz«, war
eine große lokale Nummer im Baugeschäft. Er hatte seine Finger überall drin,
weshalb der Übergang zwischen Verwandten, Freunden, Angestellten und
Geschäftspartnern bei ihm durchaus fließend war. Seine Freunde waren meist bei
ihm angestellt oder machten mit ihm Geschäfte – und umgekehrt. Freundschaften
wie Geschäftsbeziehungen musste man pflegen; das war wie mit den Motoren seiner
Baumaschinen, die liefen halt auch am besten, wenn man sie gut schmierte. Und
mit Schmieren kannte sich der alte Lindner bestens aus, da machte ihm keiner
was vor.
Dass Philipp, sein Ältester, dann doch nicht in die Firma
eingestiegen war, obwohl es so eigentlich immer vorgesehen gewesen war, hatte
ihn zunächst ziemlich gewurmt. Dann war ihm allerdings klar geworden, dass sein
Sohn ihm und seinen Geschäften als Politiker im Landtag ja noch viel nützlicher
wäre. Seitdem unterstützte er Philipp, wo er konnte, natürlich auch bei der
Ausrichtung seiner Hochzeitsfeier unter Beteiligung von Verwandten, Freunden,
Geschäftspartnern und mit allem Tüdelüt.
In die Firma war dann eben Philipps drei Jahre jüngerer Bruder
Florian geholt worden, der seine Wochenenden meist damit verbrachte, unter dem
wenig einfallsreichen Künstlernamen » DJ Baggerman«
auf Mega-Saufpartys im Mallorca- oder Après-Ski-Style Platten aufzulegen. Und
damit stand auch schon fest, wer für die musikalische Gestaltung der
Hochzeitsfeier zuständig sein würde.
Rosenmair ahnte von all dem nichts, zum Glück, als er Larry die Tür
öffnete und ihn sogleich in die Küche bugsierte.
Versonnen lächelnd sah Larry sich die Hochzeitseinladung an und
legte sie dann fast vorsichtig zurück auf den Küchentisch. »Also, da hab ich
schon Schlimmeres gesehen.«
»Das glaub ich sofort«, entgegnete Rosenmair verächtlich. »Aber
deswegen muss man ja nicht gleich hingehen.« Er deutete auf die Kaffeekanne.
»Kaffee?«
Larry schüttelte den Kopf. »Danke, ich hatte schon.« Er lächelte
wieder.
»Wie machst du das bloß, dass es bei dir sogar halbseiden aussieht,
wenn du ein Heißgetränk ablehnst?«, fragte Rosenmair irritiert.
Larry war die Unschuld selbst. »Wie meinst du das denn? Halbseiden,
pffft …« Er tippte auf die Einladung. »Haben die eigentlich schon eine Band?«
Rosenmair beschlich eine Ahnung. »Ach, du willst wohl wissen, ob du
den musikalischen Part vermitteln kannst?« Er schloss kurz die Augen, ihm kam
eine Idee. »Ich habe keine Ahnung, aber du kannst ja mal mit meiner Tochter
sprechen deswegen.«
Larry nickte, drehte die Karte um und speicherte die dort angegebene
Mobilnummer in sein Smartphone ein.
»Ist das schon wieder ein neues?«, wollte Rosenmair wissen.
Larry sah ihn beleidigt an. »Neu? Das ist bestimmt schon mehr als
zwölf Wochen alt!« Er steckte das Telefon weg und blickte Rosenmair
erwartungsvoll an. »Aber was machen wir jetzt eigentlich, du wolltest doch
irgendwas Bestimmtes von mir, oder?«
Rosenmair nickte. »Zum einen muss ich mit J.P. den Wein für die Hochzeit besprechen, wäre gut, wenn du mich kurz rumfahren
könntest. Zum anderen brauche ich unbedingt einen fahrbaren Untersatz, ein
Auto, das du ein paar Wochen entbehren kannst, bis ich wieder ein eigenes hab.«
Er dachte an seinen türkisfarbenen Golf Bon Jovi und daran, dass Larry sich
immer über die Farbe lustig gemacht hatte. »Türkis muss aber nicht sein.«
Larry lächelte wieder versonnen und vielleicht ein ganz klein wenig
hämisch. »Ich glaube, da hab ich was für dich. Das könnte sogar genau das
Richtige sein …«
***
Diese Ecke der Terrasse schien ihm zu gefallen. Becker hatte den
Hund, nachdem Frau Jansen
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