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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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dass jemand keine Sterne haben will,
irgendwie.« Oje. Irgendwie wurde ihm gerade klar, dass er hier nur Stuss
redete. Glücklicherweise ging J.P. aber gar nicht
weiter darauf ein, sondern versuchte sich selbst an einer Erklärung.
    »Ich kenn Leute, die sind ihres Lebens nicht mehr froh geworden,
nachdem sie den Stern hatten.«
    Rosenmair winkte ab. »Und ich kenn Leute, die eine Sterneküche nicht
erkennen, selbst wenn man sie mit der Nase reinstößt.«
    »Aber bei denen, die ich kenne, kamen die Gäste teilweise nicht
mehr, weil sie dachten, das wäre jetzt alles viel zu fein für sie.«
    »Du willst doch sowieso nicht, dass so viele Leute zu dir kommen.«
    J.P. seufzte. »Ja, das stimmt, aber
noch schlimmer ist ja auch, dass dann viel mehr Leute kommen, die man nun gar
nicht bei sich zu Gast haben möchte. Die kommen postwendend mit ihren protzigen
dicken Schlitten vorgefahren und wedeln mit Geldscheinen.«
    Rosenmair musste lachen. »Lass sie wedeln. Schmeiß sie raus. Oder
noch besser: Lass sie gar nicht erst rein. Mach’s wie dein Vorbild Flavio.«
    »Fulvio.«
    »Meinetwegen auch der. Fulvio. Der hatte doch ein Schild an der Tür,
dass Journalisten, Restauranttester und ähnliche Schmeißfliegen draußen zu
bleiben haben.«
    »Von Schmeißfliegen stand da nichts, glaub ich.«
    »Na, das ist dann eben deine dichterische Freiheit, die will man
schließlich auch nicht in der Küche haben. Egal, wenn du rauskriegen kannst,
wann der Tester kommt, kannst du doch einfach den letzten Dreck kochen und ihm
vorsetzen, dann hat sich das schnell erledigt.«
    »Und wie weiß ich, wann der kommt?«
    Rosenmair grinste. »Frag Larry, der spielt grad gern Detektiv.«
    ***
    Seit über einer Woche wühlte Becker sich nun schon durch die
vielen Unterlagen zu den Autobränden. Stöffel war immer noch mit dem
Explosionsfall in der Lagerhalle zugange, wenn er sich nicht gerade mit der
maximalen Brennbarkeit von Markenreifen beschäftigte oder nach dem
verschwundenen Pkw des immer noch im Koma liegenden Politikers suchte, dem Fall
der Düsseldorfer Kollegen.
    Aus der KTU kam ein nicht versiegender
Strom von Papier. Analysen von Brennmitteln, Reststoffen, echte Puzzlearbeit
eben. Und alles weiterhin mit Fragezeichen versehen und mit Vorsicht zu
genießen. Die Kollegen konnten auch nicht mehr tun als arbeiten und hatten natürlich
auch noch jede Menge anderer Fälle. Becker blätterte um und legte dann den Stoß
Papier auf den Tisch. Das ging alles nicht so schnell, wie’s im Fernsehen gern
gezeigt wurde – da rief der Kommissar bei der KTU an und verlangte die Untersuchungsergebnisse, und zwar »am besten gestern«! Im
echten Leben dauerte das. Da waren alle überlastet; auch er und seine
Mitarbeiter mussten immer wieder dieser oder jener Abteilung aushelfen, weil da
gerade Land unter oder Not am Mann war.
    Und jetzt war auch noch die inoffizielle Mitteilung reingekommen,
mehr ein Gerücht, dass zum traditionellen NATO -Musikfest
im Mönchengladbacher Borussia-Park im Juni mit hohem Besuch aus dem englischen
Königshaus zu rechnen war. Zum sechsundzwanzigsten Mal wurde dieses »Fest« nun
schon veranstaltet, ein großer, bunter militärischer Aufmarsch mit
Blaskapellen, Showdarbietungen und allem Tschingerassabumm. Eigentlich hätte
Becker es logischer gefunden, wenn die Queen & Co. zum fünfundzwanzigjährigen
Jubiläum aufgetaucht wären, aber anscheinend passte es jetzt besser. Unabhängig
davon hatte das LKA außerdem verlauten lassen,
dass man in einigen sozialen Netzwerken eine »erhöhte Protestbereitschaft«
gegen diese Veranstaltung beobachtet hatte. Becker war erstaunt – was die so
alles beobachteten.
    Er wandte sich wieder den Unterlagen auf seinem Schreibtisch zu. Was
man bei den brennenden Autos auf jeden Fall feststellen konnte, war, dass es
sich sehr wahrscheinlich um mehrere Täter, vielleicht sogar um verschiedene
Tätergruppen handelte. Laut Brennstoffanalyse gab es im Gegensatz zur ersten
Annahme durchaus unterschiedliche Sorten von Brandbeschleunigern,
Grillanzündern et cetera, mit denen die Autos in Brand gesteckt worden waren.
Offenbar musste man nur einen brennenden Grillanzünder auf einem der Reifen
platzieren und konnte sich dann verpieseln, den Rest erledigten Hitze und Zeit.
Das fiel zunächst nicht mal besonders auf. Und kaufen konnte man den Kram
natürlich in jedem Supermarkt, Gartencenter und an vielen Tankstellen. Die
Herkunft zu bestimmen, war fast unmöglich, es sei denn, es befanden sich

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