Das letzte Hemd
für die schließlich kaum mehr als ein Fall für
die Versicherung, und die zahlte, noch. Jedenfalls sah Larry darin durchaus
Potenzial für seine neue Tätigkeit als freier Versicherungsdetektiv.
Der Wagen, der da vorne vor einer der Villen stand, war ihm schon
beim letzten Mal aufgefallen. Ein Audi A6 mit Düsseldorfer Kennzeichen,
der zwar nicht im Parkverbot stand, aber so bescheuert geparkt war, dass er im
Grunde zwei reguläre Parkplätze blockierte. Hinter ihm konnte allenfalls noch
ein Smart stehen, quer, und auch dann würde er beinahe die danebenliegende
Einfahrt versperren. Larry musste an eine gute Freundin denken, die angesichts
solcher Parkkünste in Anspielung auf den Geschlechterkrieg-Bestseller »Warum
Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken« immer meinte: »Das muss ja
ein ganz toller Zuhörer sein.« Und tatsächlich waren es vor allem ignorante
Männer, die gleich an beiden Fronten versagten.
Larry stieg aus und schlenderte zu dem unbekannten Parkkünstler
rüber, natürlich ohne zu wissen, ob es sich um einen Er oder eine Sie handelte.
Von Weitem war zu erkennen, dass einige Zettel unter den Wischblättern an der
Windschutzscheibe klemmten, das hatte seine Neugier geweckt. Er trat auf den
Wagen zu und beugte sich vor. Die Zettel waren wohl zu unterschiedlichen Zeiten
angebracht worden und ganz offensichtlich auch in unterschiedlichen Stadien der
Wut. Zuunterst konnte Larry einen quadratischen Notizzettel ausmachen, in
steiler Schreibschrift stand da: »So parken nur Verkehrsrüpel und Studenten.«
Dann wurde der Ton schärfer. Auf einem aus einem karierten Notizblock
gerissenen DIN-A 5-Blatt war in großen
Druckbuchstaben »Lern parken, du Arschloch!« zu lesen. Und daneben konnte man
die als unmissverständliche Aufforderung formulierte Frage entziffern, ob man
denn nicht bitte als Nächstes diesen Wagen abfackeln könne?
Larry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, fand die
Aufforderung zur Gewalt aber wenig konstruktiv. Oder war das vielleicht das
Geheimnis hinter den mysteriösen Autobränden im Gladbacher Stadtgebiet? Hatten
vielleicht einige vermeintlich rechtschaffene Bürger ihrem zweifelhaften Recht
auf den eigenen Parkplatz nachgeholfen?
***
Ähnliche Überlegungen trieben gerade auch Hauptkommissar
Becker um. Er konnte die Brandanschläge auf Fahrzeuge inzwischen in mehrere
Gruppen einteilen: solche, die per herkömmlichem Grillanzünder ausgelöst worden
waren, andere, die mit flüssigem Brandbeschleuniger zum Brennen gebracht worden
waren – und solche, die man noch nicht zuordnen konnte. Es waren noch nicht
alle Autowracks untersucht, zumal ja auch immer wieder welche hinzukamen, und
manchmal fanden sich tatsächlich gar keine Spuren. Auffällig war aber, dass die
im Westen der Stadt ausgebrannten Fahrzeuge allesamt mit der gleichen Art
Grillanzünder in Brand gesteckt worden waren, weshalb Becker nun auch die sich
dadurch erhärtende Theorie vertrat, dass es sich um mehrere Täter oder
Tätergruppen handelte. Natürlich konnte man die Polizei aber auch genau das
glauben machen wollen. Becker erinnerte sich an eine Reihe von Betrügereien
durch Manipulationen an Geldautomaten vor ein paar Jahren, die zunächst den
Anschein erweckten, dass es sich um eine Bande osteuropäischer Trickbetrüger
handelte. In Wirklichkeit fand man den Schuldigen dann in der deutschen
Service-Firma, die einen Großteil der Geräte wartete – ein Einzeltäter, der
über das nötige Insiderwissen verfügte, um die unterschiedlichsten Arten von
Manipulationen vorzutäuschen.
Wovon Becker momentan gar nichts hielt, war die Idee, dass ein
militärischer Background hinter den Anschlägen steckte. Es stimmte, einige der
abgefackelten Autos konnten im weitesten Sinne militärischen Einrichtungen zugeordnet
werden beziehungsweise Haltern, die im britischen Hauptquartier der NATO am Niederrhein, den Joint Headquarters, kurz JHQ , beschäftigt waren. Trotzdem glaubte Becker da eher
an Zufälle. Genauso gut könnte man dann einen politischen Hintergrund vermuten,
denn es waren auch einige Fahrzeuge von Politikern unter den Opfern, sogar das
eines amtierenden Bürgermeisters.
Auch das nahende NATO -Musikfest wollte
Becker nicht wirklich in Zusammenhang mit den Anschlägen bringen, obwohl er
mittlerweile fast täglich irgendwelche »Security Alerts« und ähnliche
wichtigtuerische Depeschen gemailt, gefaxt oder sonst wie geschickt bekam.
Irgendwo hatte wohl irgendjemand ganz schön Bammel,
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