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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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Menschenwürde.
    Lindner erzählte noch ein bisschen weiter, und jetzt wurde es
richtig interessant. Anscheinend war es so etwas wie ein offenes Geheimnis,
dass die Firma E.A.V. bei der Explosion in der
Lagerhalle nachgeholfen hatte und Versicherungsbetrug im großen Stil beging.
Nur nachweisen konnte man natürlich nichts. Und die Schuld wurde auf die
Arbeiter abgewälzt. Wenn Rosenmair dazu noch mehr wissen wolle, so Lindner,
sollte er sich vielleicht mal mit dem alten Personalleiter von Vahrenhorsts
Vater unterhalten, den hatte der Junior nämlich ziemlich schnöde geschasst.
Adresse und vielleicht sogar Telefonnummer müsse er noch irgendwo im Büro
haben, da werde er gleich morgen mal nachschauen. »Die mail ich dir, ich han ja
deine Telefonnummer. Vielleicht sät he ja wat.« Rosenmair nickte dankbar,
obwohl er sich davon nicht allzu viel versprach.
    Er fand es jedoch beruhigend, dass auch Lindner zu einer SMS anscheinend gern Mail sagte, wie so viele ältere
Leute. Dass man auf heutige Smartphones längst Mails schicken konnte, war
Rosenmair bislang entgangen, wahrscheinlich sogar mit voller Absicht.
    Passenderweise meldete sich jetzt sein Mobiltelefon mit dröhnendem SMS -Signal. Rosenmair drehte sich entschuldigend zur
Seite und warf einen Blick auf die Nachricht. Marlene, war ja klar. Sie ließ
ihn wissen, dass sie in Berlin angekommen, todmüde wegen Jetlag und so weiter
war und sich morgen melden würde. Und ob er sich nicht schon mal überlegen
wollte, übers Wochenende nach Berlin zu kommen, sie sei in einem obszön hochpreisigen
Hotel direkt am Potsdamer Platz untergebracht und würde gern mit ihm ein paar
Museen besuchen. Er schüttelte den Kopf. Typisch Marlene, kann kaum klar denken
vor Müdigkeit und plant schon anstrengende Kulturtrips.
    Lindner grinste ihn an. »Die Frau, stimmt’s?«
    Rosenmair steckte das Telefon weg. »Exfrau. Ja, sie ist in Berlin
und fragt, ob ich nicht übers Wochenende vorbeikommen mag.«
    Lindner lehnte sich zurück. »Berlin? Da ist der Philipp auch.«
    »Aha. Was macht der da?«, fragte Rosenmair neugierig.
    »Dienstreise.« Lindner lachte. »Was Provinzpolitiker in der
Großstadt so machen, wahrscheinlich ordentlich Party … Ja nee, die haben auch
offizielles Programm, Vorträge und so. Muss man alles mitmachen als Politiker.«
    Rosenmair wusste, dass er nun nicht mehr viel erfahren würde,
jedenfalls nichts, was ihn weiterbringen würde. Er kramte nach seinem Geld,
doch Lindner kam ihm zuvor.
    »Willste jonn? Lass stecken, ich mach dat. Beim nächsten Mal bist du
dran oder beim übernächsten …«
    Das Prinzip Don Lindner. Wenn ich heute dein Bier bezahle, bist du
mir morgen einen Gefallen schuldig oder vielleicht übermorgen, aber irgendwann
ganz sicher.
    Lindner drückte Rosenmair zum Abschied noch einen Umschlag in die
Hand, »Unterlagen für die Kreuzfahrt«. Rosenmair, der sich nicht dagegen wehren
konnte, dankte knapp, erinnerte an die Adresse des Personalchefs und griff nach
der Leine des Hundes, der den ganzen Abend fast regungslos unter dem Tisch
gelegen hatte. Beim Aufstehen gähnte er kurz und machte Anstalten, sein Bein an
Karl-Heinz Lindners Hose zu heben. Rosenmair konnte ihn so gerade noch daran
hindern und zerrte ihn mit einem »Aus, Rüttgers, lass das!« aus dem Lokal.
    Lindner winkte ihm noch, ebenfalls ein bisschen müde und ziemlich
verwundert. Dass es für Landesvater Rüttgers aus war, stand zwar selbst für
einen CDU -Wähler wie Karl-Heinz Lindner ziemlich
fest. Aber warum sollte man das einem Hund erzählen? Komischer Kauz.
Kopfschüttelnd orderte er noch ein Bier von dem Tünnes an der Theke.
    ***
    Es war nicht die erste Nacht, die er sich nun um die Ohren
schlagen würde, aber er musste zugeben, dass es schon länger her war, dass er
das getan hatte. Eigentlich war Larry auch viel zu müde, aber die Neugier
siegte. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er aus dieser Blackbox weit mehr
herausholen würde als fahrzeugrelevante Daten wie Geschwindigkeit, Strecke oder
Verbrauch.
    Er hatte die Blackbox, die meist gar nicht schwarz, sondern oft in
einem knalligen Orange gehalten war, an seinen »Jungfrauencomputer«
angeschlossen. Das war ein völlig leerer PC , auf
dem keinerlei Daten waren, die verlorengehen konnten. Man wusste ja nie, was
man sich so herunterlud. Larry wusste von ganzen Firmennetzen, die mit Viren
und Trojanern verseucht worden waren, weil ein Angestellter einen zufällig
gefundenen USB -Stick aus Neugier in

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