Das letzte Hemd
den
Firmencomputer gesteckt hatte. Schon in diesem Moment könnte sich ein
Schadprogramm auf seinem Rechner installiert und über das Intranet verbreitet
haben. Angeblich war so etwas sogar schon im Pentagon passiert. Auf
Antivirensoftware spezialisierte Firmen hatten meist sogenannte
»Honeybee«-Rechner ans Internet angeschlossen, ohne jede Firewall oder sonstige
Sicherung, um untersuchen zu können, welche Virenprogramme im Umlauf waren.
Larry startete ein Trackingprogramm. Das Ergebnis kam erstaunlich
schnell. Offensichtlich war nur eine einzige Datei auf der Box zu finden, mit
einer Größe von wenigen Gigabyte. Das war ungewöhnlich. Larry startete den
Download, um sich die Datei genauer ansehen zu können.
***
Als Rosenmair mit Rüttgers zu Hause ankam, wartete Becker schon
vor seinem Grundstück und fuchtelte mit einem Zettel in der Luft herum. »Frau
Jansen!«, rief er. Rosenmair ließ Rüttgers in den Garten und durch die Büsche
flitzen.
Becker war ganz erfreut. »Sie ist in Berlin, im Krankenhaus.«
Ob das nun wirklich ein Grund war, sich so zu freuen, bezweifelte
Rosenmair, laut sagte er: »Komisch, da sind in letzter Zeit alle«, wobei er
offenließ, ob er damit den Berlin- oder den Krankenhausteil meinte. Dann ließ
er sich erzählen, dass Frau Jansen gleich zu Beginn des Besuchs bei ihrer
Tochter wegen eines Schlaganfalls ins Krankenhaus gebracht worden war, auf die
Intensivstation. Da war sie lange untersucht worden und im Grunde gerade erst
wieder zu sich gekommen. Und ihre Tochter wusste nichts von dem Hund. Jetzt
aber hoffte sie, in ein, zwei Wochen wieder auf dem Damm und zurück in Waldniel
zu sein. Ob Becker sich bitte, bitte noch so lange um den Hund kümmern könne?
Der Kommissar sah Rosenmair treuherzig und irgendwie fast kumpanenhaft an. »Na,
eine Woche schaffen wir beide doch auch noch, was?«
Der Richter wusste nicht so recht, was er davon halten sollte,
reagierte aber reflexhaft aggressiv. »Ach, wir beide schaffen eine Woche, ja? Da müssten ja auch wir beide uns mal um den Hund kümmern.«
Becker hob beschwichtigend die Hände. »Ich weiß, die letzte Zeit hab
ich Ihnen viel zugemutet. Jetzt am Wochenende kann ich aber wieder mehr ran,
versprochen.«
Rosenmair wollte sich nicht die Blöße geben, Becker gegenüber
einzugestehen, dass er sich inzwischen ziemlich gern um den Wuschelhund mit dem
konservativ-langweiligen Namen und dem seltsamen »Sprachfehler« beim Bellen
kümmerte. Dann hatte er eine Idee, die, wenn er ehrlich war, schon länger in
ihm gereift war, wie er sich elegant aus der Affäre ziehen konnte. Er fixierte
sein Gegenüber. »Hand drauf, mein lieber Becker, denn Sie können nicht nur, Sie
müssen sogar ran. Ich fahr nämlich übers Wochenende nach Berlin.«
***
Der Download hatte problemlos geklappt, jetzt musste Larry nur
noch die Datei mit dem entsprechenden Programm öffnen. Das erste, das er
ausprobierte, funktionierte schon mal nicht, also versuchte Larry einen anderen
Weg. Jetzt klappte es, und im selben Moment fiel Larry siedend heiß ein, dass
es vielleicht besser gewesen wäre, ein paralleles Aufzeichnungsprogramm zu
starten. Es gab Dateien, gerade Filme, die sich nur ein einziges Mal abspielen
ließen und danach nicht mehr. Jetzt war es zu spät. Geistesgegenwärtig griff
Larry zu seinem Handy und schaltete die Aufnahmefunktion der Videokamera ein.
Vor einem schwarzen Hintergrund sah man eine schwarz behandschuhte
Hand, die mit einem Schnipsen eine Reihe roter Dominosteine zum Umfallen
brachte. Larry wusste sofort, dass er die Szene kannte, nur noch nicht, woher.
Die Dominosteine fielen in einer immer breiteren Bahn, dann sah man
Demonstranten im Kampf mit der Polizei, die Knüppel und Tränengas zum Einsatz
brachte, man sah Wasserwerfer und brennende Autos. Dazwischen immer wieder die
umfallenden Dominosteine, die von oben betrachtet allmählich einen Buchstaben
in einem Kreis bildeten. Und jetzt wusste Larry auch, woher er die Sequenz
kannte. Der Clip war vielleicht dreißig Sekunden lang und endete mit einem
Standbild, einer Schrifttafel. Und Larry wurde mit einem Schlag klar, wer
dahinterstecken könnte. Nur absolut nicht, was er davon halten sollte.
Die Datei war tatsächlich kein zweites Mal abzuspielen. Larry
unternahm noch ein paar halbherzige Versuche, rechnete aber eigentlich nicht
mehr damit, dass das funktionierte. Wenigstens hatte er den Filmclip auf seinem
Handy, den musste er am besten gleich auf seinen anderen Rechner
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