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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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leicht. «Ich habe eine Frau», erwiderte ich, «und ein Kind.»
    Er schnitt eine Grimasse. «Alfred hat dich eingewickelt, Uhtred.»
    «Nein», widersprach ich, «es liegt an den Spinnerinnen.» Urör , Veröandi und Skuld , die drei Nornen, die am Fuß der Yggdrasil sitzen und unsere Schicksalsfäden spinnen. Dem Schicksal entrinnt nichts und niemand. «Ich muss zu meiner Frau zurück», erklärte ich.
    «Aber jetzt noch nicht», sagte Ragnar mit einem halben Lächeln und führte mich an den Fluss, wo wir uns von einem kleinen Boot zur Windviper übersetzen ließen, die in der Flussmitte vor Anker lag. Die Hälfte der Mannschaft war bereits an Bord, so auch Brida, die mir ein Frühstück aus Brot und Dünnbier reichte. Im ersten Morgenlicht, als das Himmelsgrau gerade ausreichte, um das verschlickte Ufer aufschimmern zu lassen, gab Ragnar den Befehl, den Anker zu lichten. Wir trieben mit der Strömung und der Flut flussabwärts, vorbei an den dunklen Umrissen anderer Dänenschiffe, bis wir einen Abschnitt erreicht hatten, an dem der Fluss breit genug für ein Wendemanöver war. Die Männer legten sich in die Riemen, und die Windviper glitt, von kräftigen Ruderschlägen angetrieben, in den Poole hinaus, wo ein Großteil der Dänenflotte ankerte. Weit fuhren wir nicht, nur bis an das kahle Ufer einer Insel, die in der Mitte des großen Binnensees liegt, einem Ort voller Eichhörnchen, Seevögel und Füchse. Ragnar lenkte das Schiff ans Ufer, und als der Kiel aufsetzte, umarmte er mich und sagte: «Du bist frei.»
    «Danke», erwiderte ich bewegt und dachte an die vor dem Kloster von Werham niedergemetzelten Geiseln.
    «Du und ich», sagte er, wobei er mich an den Schultern festhielt, «wir stehen wie Brüder zueinander. Vergiss das nicht. Geh jetzt.»
    Ich watete durchs seichte Wasser an Land, als die Windviper, ein grauer Geist in der Dämmerung, abdrehte. Brida rief mir ein Lebewohl zu, ich hörte die Ruder klatschen, und dann war das Schiff verschwunden.
    Auf der Insel hatten einst Fischer, Vogelfänger und ein Klausner gelebt - und ein einsiedlerischer Mönch, der in einem hohlen Baumstamm hauste. Sie alle waren von den Dänen vertrieben worden, und von den Fischerkaten standen nur noch ein paar verkohlte Holzbalken auf geschwärztem Grund. Ich hatte die ganze Insel für mich. Vom Ufer aus sah ich die riesige dänische Flotte auf den Ausgang des Sees zurudern, wo sie dann aber, anstatt aufs offene Meer zu fahren, Halt machen musste. Der Wind hatte sich nämlich zu einem Sturm erhoben, der aus südlicher Richtung hohe Wellen aufrührte, die sich schäumend auf der flachen Sandbank brachen, die den Schiffen nun Schutz bot. Die Flotte war, wie ich vermutete, dorthin verlegt worden, um nicht auf dem Fluss den westsächsischen Bogenschützen ausgeliefert zu sein, die mit den Fußtruppen zurückkehren würden, um Werham zu besetzen.
    Nach dem Abzug von Guthrums Reitern hatten alle übrigen Dänen die Schiffe bestiegen, und nun warteten sie auf das Ende des Sturmes, um weitersegeln zu können. Wohin? Ich hatte keine Ahnung.
    Den ganzen Tag lang nahm der Sturm aus Süden an Heftigkeit zu. Mit ihm kam starker Regen. Weil es mich bald langweilte, die dänische Flotte beim Ankern zu beobachten, erkundete ich das Inselufer. Halb versteckt im Schilf entdeckte ich ein kleines, altes Boot, das noch durchaus schwimmtauglich war, wie ich feststellte, als ich es ins Wasser zog. Der Wind stand günstig, und als noch die Flut einsetzte, stieg ich in das Boot und ließ mich treiben, weg von den Dänen. Als Ruder hatte ich nur ein Stück Holz. Der Wind heulte unablässig und schob mich, der ich nass und durchgefroren war, über den See, bis ich, als es Nacht wurde, an das Nordufer des Poole gelangte, wo ich mich wieder in einen Sceadugengan verwandelte und durch Schilf und Sümpfe schlich. Als ich schließlich höher gelegenes Gelände erreichte, das mit Büschen und Sträuchern bewachsen war und ein wenig Schutz bot, legte ich mich schlafen. Am Morgen, es regnete und stürmte noch immer, ging ich in östlicher Richtung weiter und traf gegen Abend in Hamtun ein.
    Dort erfuhr ich, dass Mildrith und mein Sohn verschwunden waren.
    Entfuhrt von Odda dem Jüngeren.
    Pater Willibald berichtete mir, was geschehen war. Als Leofric am frühen Morgen die Schiffe vertäut hatte, um sie vor dem wütenden Sturm zu schützen, war Odda mit der Nachricht gekommen, dass die Dänen aus Werham ausgebrochen seien, die Geiseln getötet hätten und

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