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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Schiffe über den weiten Saefern geführt und im äußersten Westen von Defnascir landen lassen. Das Unwetter war erst später ausgebrochen, was darauf schließen ließ, dass seine Armee keinen Schaden genommen hatte. Odda war in den Norden befohlen worden, um Ubba daran zu hindern, nach Wessex vorzustoßen. Wahrscheinlich hatte sich Odda der Jüngere auf den Weg gemacht, um seinen Vater zu unterstützen, und es war anzunehmen, dass er Mildrith bei sich hatte. Auf die Frage, ob ihm Odda der Jüngere begegnet sei, antwortete Withgil, dass er ihn seit Weihnachten weder gesehen noch von ihm gehört habe.
    «Wie viele Männer hat Ubba?», fragte ich.
    «Viele», sagte Withgil, was mir nicht weiterhalf. Doch mehr wusste er nicht.
    «Herr!» Cenwulf berührte meinen Arm und deutete Richtung Osten, wo ich auf den Feldern zwischen dem Fluss und der auf einem Hügel gelegenen Stadt eine große Reiterschar erblickte. Ihr folgte ein Bannerträger, dessen grüne und weiße Farben die Reiter als Westsachsen kennzeichneten, obwohl wir aus der Ferne das Zeichen in der Mitte des Banners nicht erkennen konnten. War Alfred gekommen? Das erschien mir wahrscheinlich, dennoch stand mir nicht der Sinn danach, den Fluss zu überqueren und mich davon zu überzeugen. Ich hatte nur einen Wunsch, nämlich Mildrith zu finden.
    Der Krieg ist ein mysteriöses Unterfangen. Es dauert oft Tage, bis die Wahrheit ans Licht kommt, ihr eilen Gerüchte voraus, und es ist kaum möglich zu erfahren, was wirklich geschieht. Die Kunst besteht darin, den Knochen der Tatsachen unter dem verrottenden Fleisch aus Furcht und Lügen freizulegen.
    Und was wusste ich? Dass Guthrum das Abkommen verletzt und Exanceaster eingenommen hatte und dass sich Ubba im nördlichen Defnascir aufhielt. Dies ließ vermuten, dass die Dänen erneut versuchten, was ihnen im vorausgegangenen Jahr missglückt war, nämlich die westsächsischen Streitkräfte zu spalten. Während Alfred der einen Armee entgegentrat, würde die andere das Land plündern oder vielleicht auch Alfred in den Rücken fallen. Und um dies zu verhindern, sollte der Fyrd von Defnascir Ubba den Weg abschneiden. War es schon zum Kampf gekommen? Lebte Odda noch? Lebte sein Sohn? Lebten Mildrith und mein Sohn? Einen Kampf zwischen Ubba und Odda würde, wie ich vermutete, Ubba für sich entscheiden. Er war der größere Krieger, und schon zu Lebzeiten sangen die Dänen ihm Heldenlieder. Odda dagegen war ein umständlicher, zaghafter alternder Mann.
    «Wir gehen nach Norden», sagte ich zu Leofric, als wir nach Oxton zurückkehrten. Ich wollte Alfred nicht sehen. Er würde die Stadt belagern, und wäre ich zu ihm ins Lager gegangen, hätte er mir befohlen, mich seinen Truppen anzuschließen. Ich hätte ausharren und mir Sorgen machen müssen. Lieber wollte ich losziehen und versuchen, Ubba zu stellen.
    Also brach die Mannschaft der Heahengel am nächsten Morgen bei strahlender Frühlingssonne nach Norden auf.
    Während sich Dänen und Westsachsen bekriegten, führte ich Krieg gegen Odda den Jüngeren, und mir war klar, dass mich mein Stolz dazu trieb. Die Priester predigen, dass der Stolz eine Sünde sei, aber darin irren sie. Stolz macht einen Mann zum Mann, er treibt ihn an, er ist der Schildwall seines guten Namens. Das wussten die Dänen, und darum sagten sie: Männer sterben, nicht aber ihr Ruf.
    Was zeichnet einen Herren aus? Stärke, Großzügigkeit, Härte und Erfolg. Und warum sollte ein Mann darauf nicht stolz sein? Man zeige mir einen demütigen Krieger, und ich habe einen Leichnam vor Augen. Alfred predigte Demut und gab vor, sich selbst in Demut zu üben. Er pflegte auf bloßen Füßen zur Kirche zu gehen und vor dem Altar auf die Knie zu fallen. Tatsächlich aber war er alles andere als demütig. Er war stolz, und darum wurde er gefürchtet, wie ein wahrer Herrscher gefürchtet werden sollte. Man sollte fürchten, dem Herren zu missfallen, und fürchten, dass seine Großzügigkeit schwindet. Das hohe Ansehen sorgt für Furcht, und der Stolz schützt dieses Ansehen. Ich ging nach Norden, weil mein Stolz in Gefahr war. Mir waren meine Frau und mein Kind genommen worden, und ich war entschlossen, sie zurückzuholen. Falls man ihnen Schaden zugefügt hätte, würde ich Rache nehmen, so grausam, dass mich andere umso mehr fürchteten. Wessex mochte fallen. Mein guter Name war mir wichtiger, und darum zog ich los, schlug einen Bogen um Exanceaster und folgte einem gewundenen Viehweg in die Hügel, bis ich mit

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