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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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meinen Männern Twyfyrde erreichte, einen kleinen Ort, in dem es vor Flüchtlingen aus Exanceaster nur so wimmelte. Auch von diesen konnte mir keiner etwas über Odda den Jüngeren sagen, sie wussten auch nichts von irgendeiner Schlacht im Norden. Ein Priester aber behauptete, in der vorausgegangenen Gewitternacht hätten drei Blitze eingeschlagen, was untrüglich darauf hindeute, dass Gott die Heiden gestraft habe.
    Von Twyfyrde aus folgten wir einem Pfad am Rand des großen Moores und wanderten durch ein hügeliges, liebliches Waldgebiet. Mit Pferden wären wir schneller vorangekommen, doch wir besaßen keine. Die wenigen, die wir unterwegs sahen, waren alt und krank, und es waren nie genug für uns alle. Also gingen wir zu Fuß, schliefen in dieser Nacht auf einer Hügelkuppe voller Blumen und ließen uns vom Gesang einer Nachtigall in den Schlaf wiegen. Im Morgengrauen weckten uns die Vögel, und wir wanderten weiter über Wiesen voller Maiglöckchen. Am Nachmittag hatten wir die Hügel über der Nordküste erreicht, wo uns einfache Leute begegneten, die mit Sack und Pack aus ihren Hütten am Meer geflohen waren. Wir würden also bald auf Dänen treffen.
    Ohne dass ich etwas davon ahnte, legten die drei Spinnerinnen mein Schicksal fest. Sie wirkten dickere, festere Fäden und machten mich zu dem, der ich bin. Als ich aber von dem hohen Hügel hinabschaute, empfand ich nur einen Anflug von Furcht, denn dort war Ubbas Flotte, die ostwärts ruderte, begleitet von Reitern und Fußtruppen, die am Ufer entlang gezogen.
    Die Flüchtlinge berichteten uns, dass die Dänen über die große Saefern- See aus Wales gekommen und bei Beardastopol, einem Ort im äußersten Westen von Defnascir, an Land gegangen seien. Dort hatten sie sich mit Pferden und Proviant versorgt, waren dann aber von dem schweren Unwetter, dem Guthrums Flotte zum Opfer gefallen war, bei ihrem Angriff auf Wessex aufgehalten worden. Auch als sich der Sturm gelegt hatte, blieben die Schiffe noch tagelang im Hafen von Beardastopol, was ich mir nur damit erklären konnte, dass Ubba, der nichts ohne Zustimmung der Götter tat, seine Runenstäbe befragt, eine ungünstige Antwort erhalten und auf bessere Zeichen gewartet hatte. Die Runen schienen jetzt Erfolg zu versprechen, denn Ubba hatte seine Männer in Bewegung gesetzt. Ich zählte sechsunddreißig Schiffe, was auf eine Streitmacht von zwölf- bis dreizehnhundert Mann schließen ließ.
    «Wohin wollen die?», fragte einer meiner Männer.
    «Nach Osten», knurrte ich. Was hätte ich sonst sagen sollen? Nach Osten gegen Wessex, ins fruchtbare Landesinnere des letzten englischen Königreiches. Nach Wintanceaster oder in irgendeine andere begüterte Stadt, wo Kirchen, Klöster und Stifte große Schätze angehäuft hatten. Nach Osten, wo es reiche Beute zu machen gab, wo es sich für die Dänen in Mercien, die noch keinen Besitz gefunden hatten, zu siedeln lohnte. Alfred wäre gezwungen, kehrtzumachen und ihnen entgegenzutreten, worauf Guthrum aus Exanceaster vorstoßen und dem westsächsischen Heer in den Rücken fallen würde. Jetzt blieb nur zu hoffen, dass es dem Fyrd aus Defnascir gelänge, Ubbas Vormarsch entlang der Küste abzuwehren.
    Wir gingen nach Osten, wechselten über die Grenze von Defnascir nach Sumorsaete und beschatteten die Dänen, indem wir ihnen auf höher gelegenen Pfaden folgten. In dieser Nacht sah ich Ubbas Schiffe am Strand und im Lager der Dänen Feuerschein aufflackern. Wir schliefen im Wald, setzten noch vor Morgengrauen unseren Marsch fort und waren so unseren Feinden ein Stück Wegs voraus. Gegen Mittag trafen wir auf die ersten westsächsischen Streitkräfte. Es waren Reiter auf Kundschaft, die sich vor der dänischen Gefahr zurückzogen. Wir stiegen von den Hügeln hinab und gelangten an einen Fluss, der in die Saefern- See mündete. Dort, in einer alten Festung über dem Fluss, fanden wir endlich Aldermann Odda, der sich entschlossen hatte, den Dänen die Stirn zu bieten.
    Der Fluss wurde Pedredan genannt. Nahe seiner Mündung lag ein kleiner Ort namens Cantucton, und unweit dieser Ortschaft befand sich jene Festung, die Cynuit hieß. Sie war alt. Pater Willibald sagte, sie sei schon alt gewesen, als die Welt noch jung war, und weit vor der Römerzeit errichtet worden. Die Zeit hatte die auf einen Hügel aufgeschütteten Wälle abgetragen und an einer Stelle völlig verschwinden lassen. Der Graben ringsum war kaum mehr zu erkennen und ebenso wie der Wall von Gras überwachsen.

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