Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
abgeschabt, es gescheuert und geputzt.» Die Dänen nahmen ihre Schilde von der Bordwand, und das Sonnenlicht blitzte auf zahllosen Klingen. «Ich war damals zehn Jahre alt», sagte ich.
    «Ist es dasselbe Schiff?», fragte Willibald.
    «Vielleicht, vielleicht auch nicht.» Es konnte ein neues
    Schiff sein. Darauf kam es nicht an, was allein zählte, war, dass Ubba sein Schiff hierher gebracht hatte. Vor den Cynuit.
    Die Männer von Defnascir hatten vor dem zerfallenen Abschnitt des Festungswalls eine Reihe gebildet. Einige, allzu wenige, schaufelten Erde aus dem Graben. Ihnen würde jedoch nicht genügend Zeit bleiben, um die Lücke zu schließen, jedenfalls nicht, wenn Ubbas Angriff bald käme. Ich drängte mich zwischen den Männern durch, stieß diejenigen, die mir im Wege standen, mit meinem Schild beiseite und achtete nicht weiter auf jene, die fragten, wer wir seien. So gelangten wir auf die Kuppe des Hügels, über der Oddas Schwarzhirsch-Banner wehte.
    Ich trat auf Odda zu, ließ mir meinen Helm von Willibald abnehmen und zog das Schwert, denn neben Odda stand sein Sohn, der mich anstarrte, als sei ich ein Geist. «Wo ist sie?», schrie ich und zielte mit Schlangenhauchs Spitze auf seine Brust. «Wo ist sie?»
    Oddas Männer zogen ebenfalls ihre Schwerter oder richteten ihre Speere auf uns, und auch Leofric zog seine in vielen Kämpfen abgewetzte Klinge, den Dänentöter.
    «Nein!», rief Pater Willibald und rannte nach vorn, den Knüppel in der einen, meinen Helm in der anderen Hand. «Nein!» Er versuchte, mich aufzuhalten, doch ich schüttelte ihn ab, sah mich nun aber drei Priestern gegenüber, die sich schützend vor Odda gestellt hatten. In dieser Hinsicht war Wessex wirklich einzigartig: Man traf in diesem Land ständig auf Priester. Es wimmelte nur so von ihnen. Doch ich stieß die Priester zur Seite und rückte Odda dem Jüngeren ganz nahe. «Wo ist sie?», verlangte ich zu wissen.
    Odda der Jüngere trug ein Kettenhemd. Es war so blank poliert, dass mir der Widerschein in den Augen brannte. Er hatte einen mit Silberauflagen verzierten Helm und Stiefel, die mit Eisenplatten verstärkt waren. Den blauen Umhang, den er über die Schulter geworfen hatte, hielt eine große Schmucknadel aus Gold und Bernstein vor der Brust zusammen.
    «Wo ist sie?», fragte ich zum vierten Mal, und dieses Mal war Schlangenhauch nur noch eine Handbreit von seiner Kehle entfernt.
    «Euer Weib ist in Cridianton», antwortete Aldermann Odda. Sein Sohn konnte vor Angst nicht sprechen.
    Ich hatte keine Ahnung, wo dieses Cridianton lag. «Und mein Sohn?» Ich starrte dem jüngeren Odda in die schreckgeweiteten Augen. «Wo ist mein Sohn?»
    «Sie sind beide bei meiner Frau in Cridianton», antwortete Aldermann Odda. «Wohlauf und in Sicherheit.»
    «Schwört Ihr das?»
    «Schwören?» Der Aldermann wurde zornig, sein hässliches, feistes Gesicht wurde rot. «Ihr wagt es, an meinen Worten zu zweifeln?» Er zog sein Schwert. «Wir könnten Euch wie einen Hund erschlagen», sagte er, und die Klingen seiner Männer zuckten.
    Ich drehte mich um und deutete mit meiner Schwertspitze hinunter auf den Fluss. «Wisst Ihr, wessen Banner da unten weht?», fragte ich so laut, dass mich ein Großteil der Männer auf dem Hügel hören konnte. «Das ist das Rabenbanner von Ubba Lothbrokson. Ich kenne ihn und weiß, wie er kämpft. Ich habe gesehen, wie er Bäuche aufschlitzt, Köpfe abschlägt, durch das Blut seiner Gegner watet und sein Schwert schwingt, bis es so laut kreischt wie seine Opfer. Und mich, der ich bereit bin, an Eurer Seite gegen diesen Mann zu kämpfen, wollt Ihr töten? Dann tut es!» Ich breitete die Arme aus und bot ihm meine Brust. «Tut es», zischte ich ihn an, «aber vorher schwört Ihr, dass meine Frau und mein Sohn in Sicherheit sind.»
    Es blieb eine Weile still. Dann senkte er sein Schwert. «Sie sind in Sicherheit», sagte er, «ich schwöre es.»
    «Und der da», ich richtete das Schwert auf seinen Sohn, «hat er sie berührt?»
    Aldermann Odda sah seinen Sohn an, der den Kopf schüttelte. «Ich schwöre, ich habe sie nicht berührt», erklärte Odda der Jüngere, der endlich seine Sprache wieder gefunden hatte. «Ich wollte sie nur beschützen. Wir hielten Euch für tot, und ich wollte sie beschützen. Das ist alles, ich schwöre es.»
    Ich steckte Schlangenhauch in die Scheide. «Ihr schuldet meiner Frau achtzehn Schillinge», erinnerte ich Aldermann Odda, und dann kehrte ich ihm den Rücken.
    Ich war auf dem

Weitere Kostenlose Bücher