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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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abgestuften Steinwällen, aus deren Fugen jetzt Unkraut wucherte. Die Mercier hatten hier, wie ich später erfuhr, Volksversammlungen abgehalten, doch Toki behauptete, dass in diesem Rund zur Zeit der Römer blutige Schaukämpfe stattgefunden hätten. Vielleicht war das auch nur eine seiner phantastischen Geschichten, aber groß war die Arena, unvorstellbar groß, ein mysteriöser, von Riesen geschaffener Ort. In diesem Rund fühlten wir uns wie Zwerge, es hätte die gesamte Große Armee aufnehmen können, und auf den Steinstufen wäre noch genügend Platz für zwei weitere, ebenso große Heere geblieben.
    Das Julfest kam, und wir feierten ausgiebig, und die Männer übergaben sich in den Gassen, und wir zogen immer noch nicht los. Doch kurz nach dem Fest trafen sich die Anführer der Großen Armee in dem Palast gleich neben der Arena. Brida und ich hatten wie gewöhnlich die Aufgabe, für Ravn die Augen offen zu halten, und wie immer erklärte er uns, was wir ihm schilderten.
    Das Treffen fand in der Palastkirche statt, einem Römerbau, dessen Dach die Form eines der Länge nach halbierten Fasses hatte. Obwohl die blaue und goldene Farbe längst verblasst war und abblätterte, ließen sich noch Mond und Sterne auf einem Nachthimmel erkennen. Im Innern der Kirche war ein großes Feuer entfacht worden, von dem dichter Rauch bis unter das hohe Dach emporwirbelte . Halfdan stand vor dem Altar und leitete das Gespräch mit den wichtigsten Grafen. Einer von ihnen war hässlich, hatte ein grobes Gesicht und einen buschigen braunen Bart, an der linken Hand fehlte ihm ein Finger. «Das ist Bagseg», erklärte uns Ravn. «Er bezeichnet sich selbst als König, steht aber nicht höher als die anderen.» Bagseg war im Sommer aus Dänemark gekommen und hatte auf achtzehn Schiffen fast sechshundert Männer mitgebracht. Neben ihm stand ein großer, düsterer, weißhaariger Mann, der Zuckungen im Gesicht hatte. «Graf Sidroc», sagte Ravn. «Sein Sohn müsste auch da sein.»
    «Ein dünner Mann mit tropfender Nase?», fragte Brida.
    «Ja, das ist Graf Sidroc der Jüngere. Er schnieft ständig. Seht ihr auch meinen Sohn?»
    «Ja», antwortete ich. «Er steht neben einem sehr dicken Mann, der ihm ständig etwas zuflüstert und dabei grinst.»
    «Harald!», sagte Ravn. «Ich habe mich schon gefragt, ob er auch kommt. Noch ein König.» «Wirklich?», staunte Brida.
    «Nun, so nennt er sich, doch er herrscht nur über ein paar morastige Felder und eine stinkende Schweineherde.»
    All diese Männer und noch mehr waren aus Dänemark gekommen. Graf Fraena hatte Kämpfer aus Irland mitgebracht, und Graf Osbern stellte mit seinen Männern die Garnison von Lundene, während sich die Armee sammelte. Insgesamt hatten diese Könige und Grafen über zweitausend Männer zusammengetrommelt.
    Osbern und Sidroc schlugen vor, den Fluss zu überqueren und geradewegs nach Süden vorzudringen, um Wessex in zwei Teile zu spalten. So ließe sich, wie sie betonten, der Osten, das ehemalige Königreich Kent, mit Leichtigkeit einnehmen. «In Contwaraburg müssen reiche Schätze liegen», sagte Sidroc. «Es ist der heiligste Ort der Christen hier.»
    «Und während wir auf dieses Heiligtum zumarschieren, fällt uns der Feind in den Rücken», erwiderte Ragnar. «Nein, wir sollten ihn zuerst da bezwingen, wo er am stärksten ist, nämlich im Westen. Der Rest fällt dann von selbst, auch Contwaraburg.»
    Um diese Frage wurde nun gestritten. Sollte zunächst der leichter einzunehmende Teil von Wessex besetzt werden oder die wichtigsten Festungen im Osten? Zwei dänische Händler wurden befragt, die zwei Wochen zuvor in Readingum gewesen waren. Readingum lag eine Tagesreise stromaufwärts, an der Grenze zu Mercien, und die beiden Händler wussten zu berichten, dass König A Ethelred und sein Bruder Alfred aus den Grafschaften im Westen Truppen zusammengezogen hatten, und rechneten mit mindestens dreitausend Mann.
    «Von denen allenfalls dreihundert ernst zu nehmende Kämpfer sind», höhnte Halfdan, was die versammelten Männer mit lautstarkem Beifall beantworteten, indem sie mit ihren Waffen auf die Schilde schlugen. Noch während der Lärm durch den hohen Raum hallte, betrat eine weitere Gruppe von Kriegern die Kirche, angeführt von einem sehr großen, stämmigen Mann in einem schwarzen Gewand. Er wirkte großartig, war sauber rasiert, trug eine finstere Miene zur Schau und war außerdem sehr reich, denn an seinem schwarzen Umhang prangte ein großer, in Gold

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