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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ich zwei Männer mit kastanienbrauner Haut. Ravn erklärte mir später, dass sie aus Blaland stammten, doch wo dieses Land war, wusste auch er mir nicht zu sagen. Sie trugen schwere Umhänge mit Krummschwertern und sprachen mit einem Sklavenhändler, dessen Hof voll gefangener Engländer war, die in dieses geheimnisvolle Blaland verschifft werden sollten. Der Händler rief uns zu: «He, ihr drei, gehört ihr zu irgendwem?» Die Frage war nur halb scherzhaft gemeint.
    «Zu Graf Ragnar», antwortete Brida. «Er würde Euch gern einen Besuch abstatten.»
    «Übermittelt Seiner Hoheit meinen ergebenen Gruß», sagte der Händler, spuckte aus und folgte uns mit seinen Blicken.
    Die Häuser der Altstadt waren außergewöhnlich, von den Römern hoch und fest erbaut und immer noch bewundernswert, obwohl ihre Mauern und Dächer teilweise eingestürzt waren. Manche hatten drei oder sogar vier Stockwerke, und wir jagten einander in den verlassenen Treppenhäusern. Nur wenige Engländer lebten hier, doch während sich die Armee sammelte, bezogen viele Dänen in den leer stehenden Gebäuden Quartier. Brida meinte, dass kein vernünftiger Mensch in römischen Häusern wohnen wolle, da in den alten Gemäuern Geister umgingen. Vielleicht hatte sie Recht, obwohl ich in der Römerstadt Eoferwic nie einen Geist gesehen hatte. Trotzdem machten uns ihre Bemerkungen über Erscheinungen ängstlich, als wir eine Treppe hinunter ins Dunkel eines Gewölbekellers spähten.
    Statt weiter nach Westen vorzudringen, blieben wir, als Halfdans Armee zu uns gestoßen war, noch mehrere Wochen in Lundene. Zwar zogen berittene Verbände immer wieder plündernd über Land, doch die Große Armee blieb, wo sie war. Einige Männer, die nicht länger warten wollten, fingen an zu murren, dass wir den Westsachsen zu viel Zeit ließen, um sich auf den Kampf gegen uns vorzubereiten. Halfdan aber bestand darauf, abzuwarten. Manchmal näherten sich westsächsische Reiter der Stadt, und zweimal kam es zwischen ihnen und unseren Reitern zum Kampf. Doch als das Julfest bevorstand, zogen sich die feindlichen Späher zurück. Offenbar rechneten sie vor Ende des Winters nicht mehr mit einem Angriff.
    «Wir warten nicht auf den Frühling», erklärte mir Ragnar, «sondern auf den tiefsten Winter.»
    «Warum?»
    «Weil sich im Winter kein Heer in Marsch setzt», antwortete Ragnar mit wölfischem Grinsen. «Also werden die Westsachsen zu Hause am Feuer sitzen und zu ihrem schwachen Gott beten. Im Frühjahr, Uhtred, wird uns ganz England gehören.»
    Zu Winteranfang hatten wir alle viel zu tun. Ich schleppte Brennholz, und wenn ich einmal kein Holz aus den Wäldern im Norden der Stadt herbeischaffte, übte ich mich im Umgang mit dem Schwert. Ragnar hatte Toki, seinen neuen Schiffsmeister, beauftragt, mich zu unterrichten, und Toki war ein guter Lehrer. Ich führte ihm die Hiebe vor, die ich eingeübt hatte, worauf er mir sagte, dass ich sie getrost vergessen könne. «Im Schildwall siegt der Wildeste», erklärte er. «Geschicklichkeit hilft, List ist gut, aber was siegt, ist die Wildheit. Probier es damit.» Er reichte mir eine Saxe mit breiter Klinge. Sie gefiel mir nicht, weil sie viel kürzer war als mein Schlangenhauch und bei weitem nicht so prächtig . Toki aber, der stets neben seinem Schwert auch eine Saxe bei sich führte, überzeugte mich davon, dass die kurze, breite Klinge im Schildwall sehr viel nützlicher sei. «Du hast im Schildwall nicht genügend Platz, um mit einem Schwert auszuholen», sagte er. «Aber für eine kurze Waffe reicht es. Duck dich und stich zu, geradewegs in den Bauch des Gegners.» Auf sein Geheiß wappnete sich Brida mit einem Schild und übernahm die Rolle des Feindes. Dann stellte er sich neben mich und täuschte einen von oben geführten Hieb vor, worauf Brida instinktiv den Schild hob. «Halt!», sagte er, und Brida verharrte. «Siehst du?», bemerkte er und zeigte auf den erhobenen Schild. «Dein Mitstreiter sorgt dafür, dass der Feind den Schild hebt. Jetzt kannst du ihm den Bauch aufschlitzen.» Er lehrte mich noch ein Dutzend anderer Finten, und ich griff alles, was er mir riet, begeistert auf, und je mehr ich lernte, desto stärker und geschickter wurde ich.
    Gewöhnlich übten wir in der römischen Arena. So nannte Toki diesen Ort, obwohl er mir nicht erklären konnte, was dieser Name zu bedeuten hatte. Jedenfalls war es ein ganz und gar erstaunliches Bauwerk. Man muss sich ein freies rundes Feld vorstellen, umringt von

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