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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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uns, und nach allem, was wir gehört hatten, war Wessex das reichste Land der Welt, reicher noch als das Frankenland, bevölkert von Nonnen und Priestern, die in ihren Häusern Gold und Silber horteten und uns wehrlos ausgeliefert waren. Wir alle würden reich werden.
    Und so zogen wir in den Krieg.
    Unsere Schiffe glitten über die winterliche Temes, vorbei an sprödem Schilf, laublosen Weiden und kahlen Erlen. Feuchte Ruderblätter schimmerten im fahlen Sonnenlicht. Die Bestien über dem Bug unserer Schiffe vertrieben die Schutzgeister des Landes, in das wir einzogen. Es war gutes Land mit fruchtbaren Böden, doch die Bevölkerung war geflohen. An Bord herrschte eine geradezu feierliche Stimmung. Unsere kurze Fahrt glich einem Fest, dem selbst Guthrums dunkle Schiffe keinen Abbruch tun konnten. Männer tanzten über die Ruder wie Ragnar damals, als seine drei Schiffe auf die Bebbanburg zugesteuert waren. Ich versuchte es selbst und erntete viel Gelächter, als ich ins Wasser stürzte. Es sah so einfach aus, außen an der Bordwand entlangzulaufen und von Schaft zu Schaft zu springen, doch es musste nur ein Mann mit dem Ruder zucken, und man landete in dem eiskalten Wasser des Flusses. Ragnar hieß mich meine tropfnassen Sachen ausziehen und gab mir sein Bärenfell, bis mir wieder warm wurde. Männer sangen, die Schiffe durchpflügten die Strömung, die Hügel des Nord- und des Südufers näherten sich einander an, und als der Abend kam, waren am Südufer erste Reiter zu entdecken. Sie beobachteten uns.
    Wir erreichten Readingum in der Dämmerung. Ragnars Schiffe hatten Schaufeln an Bord, die fast alle von Ealdwulf geschmiedet worden waren, und unsere erste Aufgabe bestand darin, einen Wall zu errichten. Mit jedem weiteren Schiff, das anlegte, kamen mehr Männer zu Hilfe, und noch ehe die Nacht vorüber war, hatten wir unser Lager halbwegs befestigt. Dieser Wall war zwar nicht geeignet, einem Angriff standzuhalten, denn er ließ sich ohne weiteres überqueren, doch es griff uns niemand an, und auch am nächsten Morgen zeigte sich der Feind nicht, sodass uns genügend Zeit blieb, die Befestigung auszubauen.
    Readingum lag am Zusammenfluss von Kenet und Temes. Zwischen diesen beiden Flüssen bauten wir unseren Wall. Er umschloss die kleine Stadt, die von ihren Bewohnern verlassen worden war und in der sich ausreichende Lebensmittelvorräte für unsere Schiffsmannschaften finden ließen. Unser Landheer war noch nicht in Sicht. Es zog am nördlichen Temesufer entlang durch mercisches Gebiet und suchte eine Furt, die es weiter stromaufwärts fand. Wir hatten unseren Wall schon fast vollendet, als die Fußtruppen endlich zu uns stießen. Zuerst dachten wir, die Westsachsen rückten an, doch es waren Halfdans Männer, die uns aus dem verlassenen Feindesland entgegenkamen.
    Der Wall hatte inzwischen eine stattliche Höhe erreicht und war auf seiner gesamten Länge von rund achthundert Schritt mit Palisaden verstärkt worden, für die wir in den Wäldern, die sich im Süden erstreckten, Bäume gefällt hatten. Der Graben vor dem Wall wurde geflutet, indem wir einen Durchstich zu beiden Flüssen aushoben. Über den Wassergraben führten vier mit Wehrtürmen abgesicherte
    Brücken. Das war unser Stützpunkt. Von hier aus konnten wir bis tief ins Land der Westsachsen vordringen, was nun auch geboten war, denn um die vielen Männer und Pferde innerhalb des Walls ernähren zu können, mussten Getreide, Heu und Fleisch in großen Mengen herbeigeschafft werden. Wir hatten zwar viele Fässer Ale und Mehlvorräte, Pökelfleisch und getrockneten Fisch in den Schiffen mitgebracht, doch es war erstaunlich, wie schnell dieser Vorrat zur Neige ging.
    Wenn Barden einen Krieg besingen, ist meist von Schildwällen die Rede, von fliegenden Speeren und Pfeilen, von Schwertern, die auf Schilde schlagen, Helden, die fallen, und von der reichen Beute des Siegers. Ich aber machte die Erfahrung, dass es im Krieg vor allem um die Lebensmittel geht. Darum, Männer und Pferde zu ernähren. Darum, an Nahrungsmittel zu kommen. Das Heer, das besser versorgt ist, gewinnt. Außerdem gilt es, jede Menge Mist zu schaufeln, wenn in einer Festung Pferde gehalten werden. Als das Landheer Readingum erreicht hatte, waren schon nach zwei Tagen unsere Lebensmittelvorräte aufgebraucht, weshalb die beiden Sidrocs, Vater und Sohn, mit einer großen Truppe ins Feindesgebiet nach Westen zogen, um für Nachschub zu sorgen. Doch stattdessen stießen sie auf den Fyrd von

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