Das letzte Opfer (German Edition)
anzulegen.
«Wird sie es schaffen?», fragte er mit belegter Stimme.
«Bin ich Jesus?», antwortete der Arzt. «Röntgenaugen habe ich auch nicht. Wie es drinnen aussieht, kann ich nicht feststellen.»
«Kann ich noch mal mit ihr reden?», fragte Klinkhammer. «Sie wollte mir unbedingt etwas sagen.»
«Das haben Sie sicher nur geträumt», meinte der Arzt. «Die sagt so schnell keinem mehr was.»
Der Nachbar stand immer noch vor dem Fenster, Klinkhammer holte sich sein Handy zurück, bedankte sich für die Hilfe und empfahl ihm, nach Hause zu gehen und dafür zu sorgen, dass man seine Frau befragen konnte.
Als die ersten Kollegen aus Hürth eintrafen, ließ er sich ein paar Handschuhe geben. Die Kölner Kripo war im Anmarsch. Für die Erftkreispolizei sei die Sache eine Nummer zu groß, egal ob einer vom BKA mitmische oder nicht, meinte der Leiter des elften Kommissariats. Und wenn die Kölner das Kommando übernahmen, würden sie ihm ein paar Fragen stellen, seine Fingerabdrücke nehmen, um aussortieren zu können. Aber sie würden ihm niemals erlauben, einen Blick in die Handtasche zu werfen, die im Flur lag.
Es war nicht Karens Tasche. Sie gehörte Barbara Lohmann, enthielt ein Schlüsselmäppchen, Führerschein, den Kfz-Schein für den Peugeot, Personalausweis, Kamm und Lippenstift, einen Sprühflakon mit Eau de Parfum und eine Geldbörse mit zwei Hundertmarkscheinen, etwas Kleingeld und ein paar Kassenbons.
Karen wurde an ihm vorbeigetragen, in den RTW verladen und das kurze Stück zu der Wiese gefahren. Der Helikopter landete. Nachdem er wieder abgehoben hatte, fiel Klinkhammer ein, dass die Suche nach ihr abgebrochen werden konnte. Das veranlasste er auch noch, danach bemühte er die Telefonauskunft. Die Handynummer von Scheib kannte er immer noch nicht.
Angeschlagen
Über Klinkhammers Verbleib hatte Thomas Scheib sich noch gar keine Gedanken gemacht. Er ärgerte sich nicht einmal, dass Klinkhammer den Auftrag, mit Jasmin zu sprechen, ignoriert und sich verdrückt hatte, dafür war er zu beschäftigt mit seinem Hauptbelastungszeugen.
Sarah und Christa bestätigten einige von Norberts Angaben. Den Zettel mit der Adresse eines Cafés in Lübeck, den hatte Norbert vor zwei Jahren Christa gezeigt und gefragt, was sie sich dabei gedacht habe, sein Auto für eine so weite Tour zu verleihen. Den Platinschmuck und das hellgraue Kostüm ohne Gürtel hatten beide Frauen gesehen. Und Sarah meinte, Marko könne das Kostüm nicht aus der Agentur genommen haben, weil Margo gefragt hatte, wo er es gekauft habe.
Margo! Scheib registrierte endlich den abgekürzten Namen. In der Nacht war ihm das nicht aufgefallen, und in den amtlichen Unterlagen war er ausgeschrieben. Margot. Ohne das T am Ende klang es so ähnlich wie Marko. Sarah jedenfalls sprach es so aus. Er ahnte plötzlich, warum die unzähligen Hotelüberprüfungen ins Leere gelaufen waren. Welcher Hotelangestellte wurde misstrauisch, wenn statt der erwarteten Frau ein Mann an der Rezeption auftauchte und erklärte, es sei doch nur ein Schreibfehler, nicht der Rede wert. Welcher Hotelangestellte fühlte sich verpflichtet, den Schreibfehler zu korrigieren?
Als Klinkhammer sich meldete, saßen sie alle in Christas Wohnzimmer beim Mittagessen. Appetit hatte Scheib keinen, die Einladung jedoch nicht ausschlagen mögen, weil sie ihm Gelegenheit bot, Jasmin zu beobachten. Die Ähnlichkeit mit Norbert war verblüffend, aber für ihn stand etwas anderes im Vordergrund.
Das Kind machte einen sehr verstörten Eindruck, stocherte fahrig auf seinem Teller herum, hob kaum einmal den Kopf, schaute niemanden an – wie ein Mensch, der etwas zu verbergen hatte. Er wollte nach dem Essen allein mit ihr reden, doch dazu kam er nicht mehr.
Beim Klingeln des Telefons zuckte Jasmin heftig zusammen. Norbert ging an den Apparat und winkte ihn heran. Danach hatte niemand mehr Appetit, obwohl er längst nicht alles wiedergab, was Klinkhammer sagte, dazu war er gar nicht in der Lage.
Ihn traf es wie ein Schlag vor die Stirn, völlig unvorbereitet. Fehleinschätzungen und Irrtümer, wie sie größer nicht hätten sein können. «Sie wurde gefunden», sagte er nur, «und ist schon auf dem Weg in die Uni-Klinik.»
Die Reaktionen waren unterschiedlich. Niemand fragte nach Einzelheiten. Jasmin begann zu weinen. Sarah legte ihr Besteck nieder und hielt eine Hand vor den Mund. Christa schloss vor Erleichterung die Augen. Norbert stürzte nach draußen.
«Wo willst du hin?», rief
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