Das letzte Opfer (German Edition)
angehäuft hatte, wieder auf den Rasen.
«Lassen Sie das», protestierte sie. «Ich muss heute Abend damit fertig sein, die Folie liegt schon seit Freitag in der Garage.»
Klinkhammer nickte, als hätte sie ihm das schon gesagt. Und dann fragte er, ob ihr Frau Lohmanns derzeitiger Aufenthaltsort bekannt sei. «Sie sind nicht verpflichtet zu einer Aussage», erklärte er. «Als Ehefrau haben Sie das Recht, zu schweigen. Aber davon müssen Sie keinen Gebrauch machen. In Ihrer Situation ist Offenheit wahrscheinlich besser. Für Ihren Mann sind Sie eine gefährliche Zeugin.»
Sie wusste nicht, wie er das meinte. Gefährliche Zeugin? Marko war doch der Zeuge gewesen.
«Wenn Sie gesehen haben, dass Ihr Mann Frau Lohmann umbrachte», sprach Klinkhammer langsam und eindringlich weiter.
Und endlich begriff sie, dass er wegen Barbara Lohmann gekommen war. Aber wie er in dem Zusammenhang auf Marko kam, blieb ihr ein Rätsel. «Entschuldigen Sie, ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor», sagte sie. «Mein Mann hat mit Barbara Lohmann nichts zu tun. Ich habe vor Jahren einen alten Mann umgebracht. Nicht mit Absicht, es war ein Unfall. Ich war auf dem Weg zu meiner Freundin und habe einen Radfahrer übersehen. Ich dachte, Sie kämen deswegen nochmal.»
«Und diese Freundin war nicht Frau Lohmann?», fragte er.
«Nein, bestimmt nicht», sagte sie.
«Aber Sie kannten Barbara Lohmann», stellte er fest.
«Nicht dass ich wüsste», log sie, nun auf Vorsicht bedacht, aber nicht vorsichtig genug, weil der Kopf noch nicht völlig klar war. «Ich kannte auch die Frau aus München nicht.»
«Welche?», fragte er.
«Die zum Film wollte, Julia Roberts», sagte sie. «Mag sein, dass sie sich bei uns beworben hat. Aber das haben viele getan. Ich erinnere mich nicht an einzelne Namen oder Gesichter.»
Klinkhammer nickte wieder, doch es sah nicht aus, als glaube er ihr. «Wo waren Sie denn am Ostersamstag?», wollte er wissen.
Sie hätte in dem Moment die Wahrheit sagen sollen, die Nachbarn als Zeugen anführen, aber sie wollte Marko doch eine Partnerin sein, auf die er sich verlassen konnte. Und sie dachte, wenn sie bei ihm gewesen wäre. «Im Bayrischen Wald», sagte sie. «Mein Mann ist Fotograf, er hat schöne Motive gesucht – für einen Bildband mit Naturaufnahmen. Davon träumt er seit Jahren.»
Dann fiel ihr noch etwas ein. «Aber wir hatten ein Problem mit dem Wagen, ein Reifen verlor ständig Luft. Um vier Uhr haben wir getankt, da musste mein Mann sehr viel nachpumpen. Beim nächsten Stopp um sieben Uhr hat er lieber den Ersatzreifen aufgezogen. Das war auf irgendeinem Waldweg. Und da hat mein Mann Streit bekommen mit einer alten Frau. Ich war nicht dabei. Unser Sohn musste mal. Ich bin mit ihm ins Gebüsch gegangen, um ihn abzuhalten. Als wir zurück zum Wagen kamen, war mein Mann sehr verärgert. Danach sind wir umgekehrt. Weil er dem Ersatzreifen nicht getraut hat. Es war auch eine ziemliche Strapaze, mit unserem Sohn von einem Hotelzimmer ins nächste.»
Danach wollte Klinkhammer nur noch wissen, wo er Marko jetzt erreichen könne. Und sie sagte: «Das wird schwierig, mein Mann ist unterwegs. Wenn er fährt, ist sein Handy ausgeschaltet.»
Da gingen sie endlich. Klinkhammer notierte ihr nur noch eine Telefonnummer und bat, ihr Mann möge sich bei ihm melden.
Ungläubigkeit
Während Karen ihrem Mann an diesem Mittwochnachmittag ein Alibi lieferte, das keiner Überprüfung standhalten würde, griff Frederik Fährlich in München endlich zum Telefonhörer, weil ihm die Sache nach Anni Weingräbers Behauptungen zu heiß geworden war. Er wollte Thomas Scheib informieren, doch der war gerade nicht im Büro. Lukas Wagenbach nahm den Anruf entgegen.
Fährlich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass bereits jemand zu Marko Stichlers Adresse unterwegs war. Zwar hatte er kurz Rücksprache mit dem Wachbeamten gehalten, aber noch nicht mit Weigler gesprochen. Er umriss den Sachverhalt, wie er sich in München darstellte, betonte auch, dass es sich bei Anni Weingräber um eine sehr unglaubwürdige Zeugin handle, die schon einmal aus Rachsucht eine Frau der Kindstötung bezichtigt hatte.
Doch was immer er vorbrachte, um den Verdacht gegen Stefan Leitner zu untermauern, wurde hinfällig, als er Barbara Lohmanns Foto nach Wiesbaden übermittelte. Diese auffällig langen gelockten Haare, dieselbe Frisur wie Julia Roberts sie vor sechs Jahren getragen hatte, dieselbe Haarfarbe, das gleiche, schmale Gesicht. Und ein
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