Das Letzte Plädoyer: Roman
seinem Stuhl auf. »Will Mr. Munro etwa andeuten, dass das Expertenwissen des Professors auf das erste Testament Anwendung finden kann, jedoch verworfen werden soll in Bezug auf das zweite?«
»Nein, Euer Lordschaft«, sagte Munro. »Hätte mein hochverehrter Herr Kollege etwas mehr Geduld, dann hätte er gemerkt, dass ich das keineswegs andeuten will. Der Professor erklärte gegenüber dem Gericht, dass er kein Experte auf dem Gebiet der Handschriften …«
Galbraith sprang erneut auf. »Er hat aber auch gesagt, dass die Tinte beider Unterschriften aus demselben Tintenfass stammt!«
»Aber nicht von derselben Hand«, behauptete Munro.
»Möchten Sie einen Graphologen hinzuziehen?«, wollte der Richter wissen.
»Nein, Euer Lordschaft.«
»Haben Sie irgendwelche Beweise, dass es sich bei der Unterschrift um eine Fälschung handelt?«
»Nein, Euer Lordschaft«, erwiderte Munro.
Dieses Mal hob der Richter eine Augenbraue. »Möchten Sie denn irgendwelche Zeugen aufrufen, Mr. Munro?«
»Ja, Euer Lordschaft. Wie mein geschätzter Herr Kollege rufe ich nur einen einzigen Zeugen.« Munro schwieg einen Moment. Er war sich bewusst, dass jeder im Raum – mit Ausnahme von Danny, der nicht einmal blinzelte – wissen wollte, um was für einen Zeugen es sich handeln mochte. »Ich rufe Gene Hunsacker.«
Die Tür öffnete sich, und die massive Gestalt des Texaners schob sich langsam in den Raum. Danny hatte das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Dann wurde ihm klar, dass er Hunsacker zum ersten Mal ohne eine Zigarre sah.
Hunsacker legte den Eid ab. Seine Stimme dröhnte durch den kleinen Raum.
»Bitte setzen Sie sich, Mr. Hunsacker«, forderte ihn der Richter auf. »Da wir eine so kleine Gruppe sind, könnten wir einander vielleicht mit etwas gesenkterer Stimme anreden.«
»Tut mir leid, Euer Ehren«, sagte Hunsacker.
»Kein Grund, sich zu entschuldigen«, erwiderte der Richter. »Bitte fahren Sie fort, Mr. Munro.«
Munro erhob sich und lächelte Hunsacker an. »Würden Sie bitte für das Protokoll Ihren Namen und Ihren Beruf nennen?«
»Ich heiße Gene Hunsacker der Dritte, und ich bin Privatier.«
»Was haben Sie bitte vor Ihrem Status als Privatier getan, Mr. Hunsacker?«, wollte der Richter wissen.
»Nicht viel, Sir. Mein Pa war, wie mein Opa vor ihm, Rinderzüchter, aber ich selbst konnte mich nie damit anfreunden, vor allem nicht, als Öl auf meinem Land entdeckt wurde.«
»Dann fördern Sie also Öl?«, fragte der Richter.
»Eigentlich nicht, Sir. Im Alter von 27 verkaufte ich alles an eine britische Firma, an BP . Seitdem widme ich mein Leben meinem Hobby.«
»Wie interessant. Darf ich fragen …«, fing der Richter an.
»Wir werden in Kürze auf Ihr Hobby zu sprechen kommen, Mr. Hunsacker«, unterbrach Munro entschlossen.
Der Richter lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
»Mr. Hunsacker, Sie haben ausgesagt, dass Sie ein beträchtliches Vermögen durch den Verkauf Ihres Landes an BP machen konnten und dass Sie nicht im Ölgeschäft tätig sind.«
»Das ist richtig, Sir.«
»Ich möchte das Gericht gern wissen lassen, auf welchen anderen Gebieten Sie ebenfalls
kein
Fachmann sind. Sind Sie beispielsweise ein Experte für Testamente?«
»Nein, Sir, bin ich nicht.«
»Sind Sie ein Experte für Papier und Tintentechnologie?«
»Nein, Sir.«
»Sind Sie ein Experte für Siegel?«
»Ich habe als junger Mann gelegentlich versucht, meine Zuneigung für ein Mädchen mit einem Kuss zu besiegeln, aber ich war nicht sehr gut darin.«
Munro wartete, bis das Gelächter verstummte, bevor er fortfuhr. »Dann sind Sie vielleicht Experte für Schreibmaschinen?«
»Nein, Sir.«
»Oder Handschriften?«
»Nein, Sir.«
»Habe ich jedoch recht, wenn ich vermute, dass Sie als der führende Briefmarkenexperte der Welt gelten?«
»Ich glaube, man kann mit Sicherheit sagen, dass entweder ich oder Tomoji Watanabe die Nummer eins sind«, erwiderte Hunsacker. »Je nachdem, mit wem man redet.«
Der Richter konnte nicht länger an sich halten. »Könnten Sie erklären, wie Sie das meinen, Mr. Hunsacker?«
»Wir sammeln beide seit über vierzig Jahren Briefmarken, Euer Ehren. Meine Sammlung ist größer, aber um fair gegenüber Tomoji zu sein, sollte ich anmerken, dass das womöglich nur daran liegt, weil ich ein gutes Stück reicher bin als er und den armen Scheißer dauernd überbiete.« Selbst Margaret Moncrieff konnte ein Lachen nicht unterdrücken. »Ich bin im Vorstand von Sotheby’s und Tomoji berät
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